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Willkommens- und Rückzugsbereich
Dieser befindet sich im Erdgeschoss und geht nahtlos in den offenen Koch-Essbereich über. Lediglich die zum Obergeschoss führende Treppe trennt diese beiden Zonen voneinander. Die Ausrichtung der Räume, durch die Positionierung der Fenster klar vorgeben, macht deutlich, dass sich der Essplatz dem Besucher öffnet, denn die große Glasfront mit Hebe-Schiebetür stellt den unmittelbaren Kontakt zum ankommenden Besuch und zur Nachbarschaft her. Außerdem kann die Familie so vom Esstisch aus den Blick über die weite Landschaft genießen.
Das Wohnzimmer dagegen ist nach Süden orientiert und dient somit als geschützter Bereich der Familie als Rückzugsort. Die hölzerne Treppe führt in das Obergeschoss mit den drei Kinderzimmern, dem Schlafzimmer der Eltern und dem gemeinsamen Bad. Sie sind nach Osten ausgerichtet – die Kinderzimmer teilweise über Schiebetüren miteinander verbunden. Kommunikation und auch gegenseitige Rücksichtnahme wurden als wichtige Familienfaktoren in die Architektur umgesetzt. Nach Westen hin sind alle Räume durch einen breiten Flur verbunden, den auf der einen Seite die Kinder zum Spielen nutzen und auf der anderen Seite die Eltern zum Arbeiten.
Sichtbare und unsichtbare Reduktion
Die Architekten reduzierten neben dem Sichtbaren auch die meist unsichtbare Technik auf das absolut notwendige Minimum. Eine kontrollierte Be- und Entlüftung gibt es nicht, geheizt wird mit einem Grundofen, außerdem produziert eine Photovoltaikanlage auf dem Hausdach einen Teil des benötigten Stroms. So autark und wirtschaftlich sinnvoll wie möglich sollte es sein.
Damit man mit einem solchen System gut zurecht kommt, müssen sich die Nutzer zum einen auf seine Eigenarten einlassen. Es ist aufgrund enormer Speichermassen sehr träge, weshalb bei einem Wetterumschwung früh genug eingeheizt werden muss. Zum zweiten muss das Haus richtig geplant sein, um die Warmwasserleitungen möglichst kurz und damit die Energieverluste gering zu halten. Bei diesem Haus gesellt sich die Küche auf die eine Seite des Ofens, das Gäste-WC auf die andere und das Badezimmer liegt direkt darüber. So wird auch an dieser Stelle deutlich, dass Konzept und Grundrissdisposition ineinander greifen wie die Rädchen eines Getriebes.
Dämmbeton unterstützt Konzept
Aus so viel Minimalismus und Reduktion ergibt sich das Baumaterial eigentlich von selbst; Wärmedämmverbundsysteme kamen nicht in Frage. Monolithisch sollte gebaut werden, weshalb die Wahl ziemlich schnell auf den hierzulande immer noch fast neuen Dämmbeton fiel. Die Bauherren schauten sich im Schweizer Chur ein Wohnhaus an, das aus diesem Material gebaut wurde. Dämmbeton ist in der Schweiz schon wesentlich verbreiteter ist als in Deutschland. Hier fordert er Planer und Handwerker nach wie vor heraus – mit regelmäßig überzeugenden Ergebnissen. Dämmbeton enthält als Zuschlagsstoff Glasschaumschotter und wurde hier als Konstruktionsdämmstoff Technolith eingesetzt, hergestellt von Heidelberg Cement.
Der Vorteil bei diesem Projekt lag darin, dass die Architekten für sich selbst bauten und sich deshalb nicht sklavisch an alle Normen und Vorschriften halten mussten. So ist beispielsweise die Attika niedriger als die Vorschriften es verlangen, die Abdichtung wurde nur 10 statt der geforderten 15 cm hochgezogen, auf Abdeckbleche komplett verzichtet, stattdessen mit Flüssigfolie abgedichtet. Die Bewehrung wurde auf das Mindestmaß reduziert, weshalb auf den Betonoberflächen kleine Haarrisse entstanden sind. Diese wirken sich nur auf die Optik aus und stören keinesfalls.
Als Schalung wurde eine herkömmliche und keine Sichtbeton-Schalung verwendet, wodurch die Kosten gesenkt werden konnten und die Oberflächen der Wände lebendiger geworden sind.
Wichtig war den Architekten allerdings, dass die Wände ohne Unterbrechung bis zu den Brüstungen der Fenster im Obergeschoss durchlaufen und nicht auf Höhe der Decke eine Zäsur entsteht. Die Schalung war aus diesem Grund 4 m hoch. Außerdem haben sie damit vermieden, dass der Bereich unterhalb der Fenster über Rohre befüllt werden musste – ein Vorteil, um Fehlstellen aufgrund des zähflüssigen Dämmbetons zu vermeiden.
Die Deckenaussparung wurde durch eine Styrodureinlage hergestellt, welche nach dem Ausschalen entfernt wurde. Die Decke über dem Erdgeschoss, die im Nachgang in Ortbeton eingearbeitet wurde, liegt nur 5 cm auf und wird zusätzlich punktuell durch eingebohrte und verharzte Bewehrungseisen gehalten. Das Dach liegt auf der Wand dagegen 12 cm auf, die Attika verjüngt sich auf 33 cm. Betoniert wurde in vier Abschnitten: zwei L -förmige für die Erdgeschosswände und zwei darüber liegende für das Obergeschoss. Die Schalung für die Fenster hat der Bauherr als gelernter Schreiner selbst gemacht, sollte hier doch alles millimetergenau passen und nichts nachgearbeitet werden müssen. Auch die Behandlung der Außen- und Innenseite der Außenwände sind Handarbeit.
Für die Außenseiten entschied man sich für Handstocken und Hydrophobieren, um eine homogenere, tuffartige Oberfläche zu erhalten. Innen wurden die Wände mit einem Schwingschleifer geschliffen und zweimal gewaschen.
Genauso pragmatisch gehen die Eltern bis heute ans Werk, sollte an den Wänden mal ein störender Fleck entstehen, der entfernt werden muss.
Neben der äußeren Hülle besteht auch der innere Kern, der den Technikraum und die Bäder aufnimmt, aus Sichtbeton, alles andere aus Holz. Dies rührt vom Entwurfskonzept her, die Hülle aus Beton und das „Innenleben“ aus Holz bauen zu wollen. Deshalb wurde der Estrich im Erdgeschoss folgerichtig auch mineralisch beschichtet, damit er wie Beton aussieht. Zumindest optisch folgerichtig sind auch die Holzverkleidung der Decke im Erdgeschoss und der Holzfußboden im Obergeschoss, wenngleich sich darunter eine Betondecke verbirgt.