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Chiffonkleid mit Durchsicht

Neubau eines Verwaltungsgebäudes in Lenting
Chiffonkleid mit Durchsicht

Jörg Pfäffinger

Für den Sportbekleidungshersteller Milestone plante Architekt Christian Weigl (M+W Architekten, Ingolstadt) in Lenting einen Verwaltungsneubau. Eine kurze Bauzeit, wirtschaftliche Bauausführung sowie branchenbezogene Anmutung der Fassade waren die Forderungen der Bauherrenschaft.
Auf 50 x 25 m weist das Gebäude in der Nähe von Ingolstadt drei Ebenen auf: Das Erdgeschoss dient als Lager für die angelieferten Waren, für Versand und Verpackung und erstreckt sich mit seinem Luftraum bis in das 1. Obergeschoss. In dessen Seitenbereichen befinden sich Kleinteilelager, die damit auch für die Entwicklungs- und Koordinationsabteilung sowie für den 400 m2 großen Showroom und die Produktentwicklung im 2. Obergeschoss gut erreichbar sind.
Dort sind auch Verwaltung und Sozialräume für die etwa 40 Mitarbeiter untergebracht; hier kragt das Chefbüro auf 5 m aus, was nach Auskunft des Architekten die Statik des 2. Obergeschosses entlastet.
Konstruktiv
Der Rohbau besteht überwiegend aus Beton-Fertigteilen, auf der Baustelle wurde nur sehr wenig Ortbeton verarbeitet. Dies vor allem, um die Bauzeit trotz der notwendigen Bodenverbesserungsmaßnahmen, z. B. Rüttelstopfsäulen, auf nur sechs Monate zu begrenzen. Bei einer derart kurzen Bauzeit lagen die Knackpunkte bei der Verzahnung von Rohbau, Haustechnik und Trockenbau. Im Innenbereich wurden die Bodenbeläge direkt auf den flügelgeglätteten Deckenbeton verlegt.
Es musste kein Schallschutz berücksichtigt werden, da sich unter dem 2. OG lediglich Gewerberäume befinden. Ursprünglich sollte im Gebäude vor allem im Bereich der Bodenbeläge noch mehr roher Beton gezeigt werden, als letztendlich ausgeführt wurde. Auch sämtliche Betonflächen im Eingangsbereich sind so, wie sie aus der Schalung kamen, lediglich die Stöße wurden gespachtelt. Die Notizen, die die Handwerker beim Bau an die Wand geschrieben haben, wurden sichtbar gelassen.
Die Speichermasse des Betons klinkt sich in das Haustechnikkonzept, das auf eine konventionelle Heizung und Kühlung verzichtet, ein. Statt dessen setzte der Haustechnikplaner IB DomusTec, München, auf Betonkerntemperierung. Zwei Grundwasserwärmepumpen mit je 70 kW werden durch zwei 70 m tiefe Bohrungen versorgt. Sie liefern Wärme, bzw. leiten im Sommer das kalte Grundwasser in den gleichen Leitungen durch alle Böden wie auch in die Decke über dem 2. OG.
Diese Kühlfunktion ist besonders gefragt, weil sehr große Fensterflächen im 2. OG das für die Arbeit mit Mode notwendige Tageslicht verteilen und damit Beleuchtungsenergie sparen helfen, aber auch eine erhebliche solaren Erwärmung hervorrufen.
Hoher Tageslichtanteil
Die Fensterfassade steht auf der Fassadenunterkonstruktion aus Stahl und ist mit Basisprofilen abgetragen. Es handelt sich um das Fensterfassaden-System Royal S 75 FF. HI von Schüco, ausgestattet mit 1,1er Glas und Scheibenabmessungen von 2,50 x 2,50 m. Diese Fensterfassade mit thermischer Trennung und absturzsicherer Verglasung ist für erhöhte Traglasten ausgelegt. Die Fenster sind aufgrund der bodentiefen Bauhöhe mit speziellen verstärkten Profilen ausgeführt, teilweise aus dem Schüco-Standardprogramm. Sie weisen eine schmale Bauart auf, die optisch der Außenansicht einer Pfosten-Riegel-Konstruktion gleicht.
Transluzente Fassade
„Die Fassade zeigt einerseits die Schichtung der einzelnen Gebäudeebenen und mutet wie eine Illustration eines umlaufenden Bandes an: Wenn man die einzelnen Fassaden betrachtet, beginnt die Fassade ihren „Rundgang“ unten am Eingang und zieht sich über die Ebenen hoch bis zum 2. OG. Die leichte und transluzente Fassade wird unterstützt durch schmale Einschnitte, die die Tiefe der Fassade zeigen und die Masse, die dahintersteckt“, erläutert Architekt Weigl die besondere Anmutung der Wellplatten.
Er setzte dabei nicht nur eine vordergründige Transparenz, sondern zeigt die darunter liegende Dämmung, die in vom Fassadenbauer erstellten „C-Kassetten“ mit 145 mm plus 40 mm Mineralwolledämmung (Rockwool) besteht. Dieses Material zeigt seine steinartige Schichtung durch die goldgelben Wellplatten aus glasfaserverstärkten Polyesterharzen hindurch.
„Das Gelb wirkt bei jedem Lichteinfall anders, bei bestimmen Sonnenständen erscheint es golden. Die Platten haben aufgrund der Wellung eine sehr schöne Struktur, die meiner Meinung nach besonders bei der vertikalen Welle sehr gut zur Geltung kommt. Ich schätze das Material aufgrund seiner natürlichen Farbigkeit, die nicht aufgesetzt wirkt“, führt Weigl aus. Seine Entscheidung, die Fassade in dieser Art zu verkleiden, sei unter anderem durch die Tatsache entstanden, dass der Bauherr Anbieter für Bekleidung sei.
“Ich fand es passend, dem Gebäude eine Art Chiffon über zu ziehen, ähnlich einer Bekleidung, die manchmal auch etwas darunter Liegendes zeigt. Ich fand es sehr spannend, das Thema Bekleidung strukturell zu präsentieren: Eine Schicht Dämmung, eine Schicht Unterkonstruktion, eine Schicht Fassadenoberfläche. Gerade diese Oberfläche in Szene zu setzen, war ein Anreiz, der sich vor allem mit sehr einfachen Mitteln umsetzen ließ. Es ist eine einfache Konstruktion, die aus simplen Neonröhren, transluzenten und hochwertigen Wellplatten in Kombination mit einer vernünftigen Unterkonstruktion besteht. Kein aufwändiges High-tech war nötig. Die bewusst eingesetzten Unterbrechungen der Ausleuchtung findet man auch in Lederbekleidung in Form von Absätzen und Abnähern“, erklärt Weigl seine Idee.
Lichtplatten
Scobalight ILP Wellplatten wurden vor 50 Jahren von Scobalit entwickelt. Die Lichtplatten bestehen aus glasfaserverstärkten Polyesterharzen und werden in flüssiger Form nach dem Original-Verfahren im kontinuierlichen Herstellungsprozess polymerisiert und gleichzeitig profiliert. Alle Scobalight ILP sind zusätzlich in diversen Ausführungen erhältlich, z. B. schwerentflammbar, oberflächenvergütet, vandalensicher, mit Graffitischutz und in RAL-ähnlichen Farben.
Ein besonderer Effekt der GFK-Platten in Zusammenhang mit der Unterkonstruktion und dem Farbton der Dämmung zeigt sich am Gebäude in Lenting nachts, wenn Neonröhren, die am Fuß der jeweiligen Platten angebracht sind, diese hinterleuchten. Durch eine schräg angebrachte Unterkonstruktion aus Aluminiumhutprofilen kann das Licht hinter den Wellplatten an der Fassade aufzusteigen.
Die Unterkonstruktion selbst wird von den Ausführenden als „problemlos“ beschrieben. Letztendlich habe sich auch das geringe Gewicht der GFK-Elemente auf die Arbeit an der Fassade positiv ausgewirkt.
Weitere Informationen
Fensterfassade bba 511 GFK-Fassadenplatten bba 512
Architekturbüro: M+W Architekten, Ingolstadt
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