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Betonbauweise für minimalistische Architektur

Neubau einer Weinhandlung in Stuttgart
Minimalismus reduziert Kosten

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Ein ungewöhnliches offline-Gebäude entwarfen die Stuttgarter Architekten um Marco Hippmann für die online-Weinhandlung „club traube“. In der gesichtslosen Peripherie des Stuttgarter Ostens entlang der B 14 gelang eine reduzierte und wirtschaftliche Lösung in Betonbauweise mit  Betonfertigteilen, die gerade deshalb eine akzentuierte Landmarke setzt.

Anforderung:

Für Online-Geschäfte einer Weinhandlung ein verkaufsförderndes Gebäude in typischer Industrieumgebung

Lösung:

Qualitativ hochwertige Architektur mit wirtschaftlichen Betonfertigteilen und in puristischem Betongrau


Holger Kotzan | be

„Wir haben den Bauherrn schon bei der Grundstückswahl unterstützt, um seine Anforderungen bei Zufahrt und Abmessungen zu erfüllen“, erklärt Architekt Marco Hippmann. Grund war die Zusammenführung dreier Standorte, auf die sich das Unternehmen, die viDeli GmbH, zuvor verteilte und deren Weiterführung wegen des hohen Wachstums nicht mehr sinnvoll war. „Es gab konkrete Anforderungen an die Büroarbeitsplätze, das Lager, die Logistik und die Verpackung. Daraus ergaben sich die Abmessungen, die das neue Gebäude haben muss.“

Das etwa 3 000 m² große Grundstück befindet sich an der Wangener Straße, einer großstadttypischen Einfallstraße im sogenannten Schlachthofareal am Gaskessel. Umgeben von Gewerbebauten, Autohäusern, Kraftwerken und Stadtbahntrassen ist der neue Firmensitz einer Online-Weinhandlung entstanden. „Die visuell sehr heterogene Umgebung, gepaart mit unendlich vielen Werbetafeln und Informationen entspricht der typischen Peripherie einer Großstadt“, betont der Architekt. „Ein Unort, wie man es von überall kennt: gesichtslos, gleichgültig, maßstabslos, nichtssagend. Die Urbanität war deshalb hier auch wichtig für uns. Die Herausforderung bestand darin, dem Ganzen etwas entgegenzusetzen ohne es zu ignorieren, also ein klares Bekenntnis zur vorhandenen Umgebung. Die Antwort darauf waren Ruhe und Klarheit und alles Überflüssige weglassen!“

Frühe Entscheidung für Betonbauweise

Bei der Entwurfsplanung untersuchten die Architekten zunächst drei verschiedene Bauweisen. Dies waren der klassische Industriebau in Metall, eine Ausführung in Holz und eine Variante in Beton. „Da bei dem Grundstückszuschnitt eine Grenzbebauung notwendig war, musste eine Brandwand zum benachbarten Grundstück errichtet werden. Aus diesem Grund mussten wir dann ziemlich schnell die Alternativen in Holz und auch in Stahl ausschließen“, resümiert Marco Hippmann. „Diese Entscheidung war uns zunächst gar nicht so recht, weil wir die Holz-Variante eigentlich bevorzugten. Aber da wir auch ein klar umrissenes Konzept bezüglich der Funktionen und der Kosten verfolgten, blieb schließlich die Lösung in Betonbauweise als auch die klügste Variante übrig.“ Die frühe Entscheidung für den gewählten Baustoff eröffnete den Architekten schließlich auch eine klare und eindeutige materialbezogene Vorgehensweise bei der weiteren Planung.

„Es ging bei dem Entwurf auch um die Interpretation des Themas online-Weinhandlung offline zu bauen“, so Hippmann. „Wir wollten die gesamte Produktpalette von derzeit 800 Weinen im Gebäude offline, also real abbilden. Diese Frage galt es baulich zu untersuchen, weil wir mit dem Bauherrn darüber diskutierten, ob für die Kunden persönliche Besuche mit Öffnungszeiten von 10:00 bis 18:00 Uhr ermöglicht werden sollten, damit sie die Weine auch vor Ort verkosten können.“ Um diese Aufgabe zu lösen, schaltete man frühzeitig das Team von Projekttriangle Design Studio aus Stuttgart ein, welches dann gemeinsam mit Hippmann Architekten das künftige Unternehmensbild der Firma ViDeli mit den Inhabern Sabine Harms und Oliver Schmid entwickelten. So gelang es im Team, Grundsätzliches sowie Gestaltungsfragen von den Außenanlagen bis hin zur Schrift zu klären.

Zur Ausführung in Betonbauweise sagt Hippmann: „Aus wirtschaftlichen Gründen entschieden wir uns schließlich für eine Lösung aus Beton-Fertigteilen und Ortbeton. Dazu gingen wir die Systeme durch und wählten die Bauteile in den Abmessungen, die wir benötigten und die am wirtschaftlichsten sind. Schließlich entschieden wir uns auch für quadratische Öffnungen, die hier die Maßstabslosigkeit und die Farblosigkeit der Umgebung berücksichtigen.“

Ihre Anordnung entwickelte sich von innen heraus. Die Fenster sind so platziert, dass immer wieder besondere Durchblicke und Sichtachsen entstehen, die dem Betrachter interessante Perspektiven und Ausblicke gewähren.

Konsequente Ästhetik der Betonbauweise auch in Betongrau

So fanden die Architekten denn auch die eher unauffällige Lösung, das Gebäude komplett und konsequent mit dem Grauton des Betons (RAL 7032) durchgängig zu gestalten. „Wir haben mit dieser Vorgehensweise eine bewusste Architektur für das Gebäude geschaffen und verzichten auch auf jegliche Art von Werbung“, erklärt Hippmann. Am Gebäude befindet sich deshalb auch nur der Schriftzug „club traube“ in Messing-Buchstaben.

Materialien, Farben, Öffnungen, Bauelemente wurden auf ein Minimum reduziert, um so den absoluten Fokus auf das Produkt Wein und das Unternehmen zu richten. Diese Haltung setzt sich außen wie innen konsequent fort. Herzstück ist der von Sichtbetonwänden umgebene „Wein-Raum“, in dem die Verkostungen an einem langen hölzernen Tisch stattfinden. Hier werden aber keine Weine ausgestellt, sondern es ist ein Raum zum Treffen, Reden und Feiern. Deshalb steht der etwa 7 m hohe Raum auch für externe Veranstaltungsbuchungen zur Verfügung. Vergleichbare Räume in dieser Größe (80 m2) für 30 bis 100 Personen stehen in Stuttgart nur wenige zur Verfügung.

Betonmassen für die Weintemperatur

„Beton, Estrich, Asphalt, Leitplanken und graue Farbe sind dominierend in der Peripherie. Das Objekt ästhetisiert sozusagen die Peripherie“, betont der Architekt. „Nur wenige Materialien und eben diese eine Farbe, um sich auf den Wein zu konzentrieren. Es ist ein klassisches Manufakturprojekt bei dem man alles bis auf das kleinste Detail genau geplant hat, um eine nachhaltige reduzierte Architektur zu erreichen. Das Besondere dabei war, dass wir bei allen Aufgaben sehr gute Partner hatten, mit denen wir sehr harmonisch zusammengearbeitet haben.“

„Wir haben keine technische Kühlung, das ist der Vorteil des Betons, dass er eine ideale Speichermasse darstellt“, erklärt Marco Hippmann. „Wir haben ganz viele Oberflächen aus Beton, und trotz des Metalldaches war im letzten heißen Sommer die Raumtemperatur deshalb sehr moderat, was natürlich für den Wein sehr wichtig ist. Lagerung von Wein erfordert ein gewisses Temperaturfenster, in dem Schwankungen nur langsam verlaufen dürfen um die Qualität des Produktes nicht zu gefährden. Die sehr großen Oberflächenanteile von Beton und die entsprechenden Materialstärken ermöglichen dies ohne Einsatz technischer Kühlung.“

Charme geschalter Betonoberflächen

Für die Betonbauweise wurden alle Betonteile vom Fertigteilhersteller, der Franz Traub GmbH & Co. KG, gefertigt, auch die Ortbetonausführungen. Der im Fertigteilwerk ausgewählte Beton war aus Kostengründen der typische Standardbeton des Herstellers. Auf der Längsseite sind fünf Achsen mit gleich großen Bauteilen, zwei Achsen weisen Teile mit Sondergrößen bzw. einem anderen Format auf. „Sehr charmant ist für uns die typische Betonoberfläche, wie sie aus der Schalung kommt. Gerade bei einer wirtschaftlichen Betonbauweise muss man auch akzeptieren, dass ein bauphysikalisch und technisch richtig ausgeführtes Bauteil aus einem Gemisch natürlicher Baustoffe eine sehr eigene Oberfläche entwickeln kann. Für den Bauherrn und uns ist gerade das die Qualität, die das gesamte Gebäude ausmacht. Wir haben bewusst mit diesem „Risiko“ gespielt und auf der gesamten Länge der Fassade ist ein gestalterisch sehr überzeugendes Ergebnis herausgekommen.“

Das Gebäude gliedert sich in Bürotrakt, Veranstaltungsraum und Bereich Lagerung/Logistik. Die gesamte Nutzfläche umfasst rund 1 200 m², zwei Drittel davon gehören zum Lager. Die Gesamthöhe beträgt 7,50 m. Alle Außenwände und tragenden Innenwände bestehen aus Ortbeton bzw. Fertigteilen. Nur einfache Trennwände wurden in Trockenbauweise ausgeführt und in Betongrau gestrichen. Die Bodenplatte aus etwa 35 cm starkem Ortbeton nimmt die Industrieheizung auf. Die Außenwände bestehen aus einer tragenden 20 cm Innenschale aus C 40, 12 cm Dämmung (Styrodur) und einer 8 cm starken Außenschale, was zusammen eine 40 cm starke Außenwandkonstruktion bildet.


Projekt: Neubau Weinhandel für Online-Geschäfte

Standort: Stuttgart-Schlachthofareal

Bauherr: viDeli GmbH

Architekten: Marco Hippmann, Hippmann Architekten BDA, Stuttgart
www.hippmann-architekten.de

Design: Projekttriangle Design Studio aus Stuttgart
www.projekttriangle.com

Betonlieferant: Franz Traub GmbH & Co. KG, Aalen-Ebnat


Architekt Marco Hippmann: „Sehr charmant ist für uns die typische Betonoberfläche, wie sie aus der Schalung kommt. Gerade bei einer wirtschaftlichen Bauweise muss man auch akzeptieren, dass ein bauphysikalisch und technisch richtig ausgeführtes Bauteil aus einem Gemisch natürlicher Baustoffe eine sehr eigene Oberfläche entwickeln kann.“

Architekt Marco Hippmann: „Die gute Zusammenarbeit mit dem Fertigteilwerk, deren Mitarbeiter uns wertvolle konstruktive und gestalterische Hinweise sowohl bei der Planung als auch bei der Ausführung gaben, führten schließlich zu einem für alle Beteiligten sehr gelungenen Bauwerk.“


Auszeichnungen „club traube“:


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