Startseite » Flachdach » Flachdachabdichtung | Flachdachentwässerung »

Flachdachentwässerung - Abfluss ohne Gefälle

Flachdachentwässerung
Abfluss ohne Gefälle

Markus Hoeft

Mit Bitumen- und Kunststoffbahnen sowie Flüssigkunststoffen für das Flachdach verfügen wir – im Vergleich zu den schuppenförmigen Deckwerkstoffen des Steildachs – über absolut dichte Materialien für die Flachdachentwässerung. Trotzdem ist es auch bei diesen Dächern eine der wichtigsten Aufgaben des Planers, das Wasser so schnell abzuleiten, dass es auf dem Dach keine Schäden anrichten kann, also vor allem nicht in das Gebäude eindringt.

Eventuell ist diese Planungsaufgabe beim Flachdach sogar komplizierter als beim Steildach – eben wegen des fehlenden Gefälles. Genauer gesagt: Wegen des sehr schwachen Gefälles.

Denn Flachdächer sollen nach den Flachdachrichtlinien ein Mindestgefälle von 2 % haben, darunter gelten sie als Sonderkonstruktionen. Doch selbst bei 2 % muss wegen der Ebenheitstoleranzen in der Unterkonstruktion oder deren Durchbiegung mit Behinderungen im Wasserabfluss und mit Pfützenbildung gerechnet werden. Sicherer ist deshalb eine Planung mit 5 % Dachneigung.

Diese kann bei Massivdächern mit einem Gefällebeton erreicht werden. Einfacher im Sinne der Ausführung und leichter im Sinne des Gewichts ist, speziell bei Sanierungen von zu schwach geneigten Flachdächern, das Verlegen einer Gefälledämmung, für die viele Dämmstoffanbieter objektbezogen gefertigte keilförmige Platten anbieten.

Bei Neubauten wird das Gefälle meist schon mit der Konstruktion ausgebildet, indem bereits die massiven Dachplatten oder die Trapezbleche mit Gefälle verlegt werden.

Flachdachentwässerung

Wege des Wassers bei der Flachdachentwässerung

Das Gefälle für die Flachdachentwässerung kann nach außen oder nach innen gerichtet sein. Die Entwässerung über die Außenkante hat jedoch eine Reihe von Nachteilen.

Ebenso wie beim Steildach verbietet sich, wegen der Durchfeuchtung der Fassade und wegen der Fließspuren des Niederschlagswassers ein freies Abfließen über die Fassade. Es wäre also ein markanter Dachüberstand erforderlich, der die Architektur des Gebäudes jedoch stark beeinflussen würde. Außerdem verschenkt diese Lösung Grundstücksfläche, die nicht als Nutzfläche zur Verfügung steht, weil über öffentliche Verkehrsflächen kein Niederschlagswasser abgeleitet werden darf.

Das freie Abtropfen an der Traufseite kann mit einer vorgehängten Regenrinne vermieden werden, die meist jedoch ebenfalls die klare architektonische Form beeinträchtigt. Zudem ist die erforderliche Neigung der Rinne konstruktiv zu berücksichtigen, was bei langen Traufkanten zu Problemen führen kann.

Die Außenentwässerung mit Rinne ist also, wenn überhaupt, eher eine Lösung für kleine Flachdachflächen. Bei mit ungeschütztem Bitumen abgedichteten Dächern ist dabei zusätzlich die Korrosionsgefahr von Zink zu beachten.

Ist das Gefälle des Flachdachs nach innen orientiert, können an den Tiefpunkten entweder punktweise Einläufe (Dachgullys) vorgesehen werden oder eine linienförmige Entwässerung.

Derartige Innenrinnen bergen jedoch eine erhöhte Verschmutzungs- und damit Verstopfungsgefahr; außerdem verursachen ihre Einbindung in die Tragkonstruktion sowie ihre sichere Abdichtung meist einigen Aufwand.

Auf modernen Flachdächern hat sich deshalb vor allem die punktweise Flachdachentwässerung nach innen durchgesetzt, bei der vor allem die Anzahl und die Dimensionierung der Gullys zu planen sind.

Barrierefrei entwässert

Freispiegel- und Druckentwässerungen

Das theoretische Minimum liegt bei einem Gully pro Flachdach, was aber praktisch kaum vorkommen dürfte. So sind in vielen Fällen zusätzliche Notüberläufe erforderlich, worauf weiter unten noch genauer eingegangen werden soll. Außerdem ergeben sich aus der Geometrie des Daches und der Gefälleausbildung meist mehrere Dachabschnitte, die an ihrem Tiefpunkt jeweils einen separaten Einlauf benötigen. Und schließlich muss die Anzahl der Gullys nach ihrem Abflussvermögen bemessen werden.

Bei dieser Bemessung sind die Abflusswerte für einen bestimmten Dacheinlauf eines konkreten Herstellers zu verwenden.

Die Produktwahl findet also relativ früh statt, ebenso die Entscheidung zwischen einer Freispiegel- und einer Druckentwässerung.

Der Unterschied zwischen beiden Systemen drückt sich schon im Namen aus: Entweder wird mit frei fließendem Wasser in den Rohren entwässert (Leitungen nicht planmäßig komplett gefüllt) oder eben unter Druck (Leitungen planmäßig im ganzen Querschnitt gefüllt).

Entwässerungen mit freiem Wasserspiegel sind für Dächer die klassische und damit auch bewährte Lösung.

Druckentwässerungen sind jünger und in der Planung aufwändiger, bieten dafür aber einige Vorteile. So ist die Abflussleistung der Systeme höher, was weniger Gullys und kleinere Nennweiten zur Folge hat. Typische Nennweiten für Freispiegelentwässerungen sind beispielsweise DN 70 bis DN 150, während Druckentwässerungen vor allem im Bereich DN 50 und DN 80 arbeiten.

Durch die hohe Fließgeschwindigkeit ergibt sich bei den Drucksystemen ein guter Selbstreinigungseffekt in den Rohren. Außerdem können die Sammelleitungen, in die die einzelnen Gullys ableiten, in relativ kleinen Nennweiten unmittelbar unter dem Dach geführt werden. Dadurch lässt sich die Zahl der Fallleitungen reduzieren, was bei geschickter Planung einfachere und kürzere Führungen für die Grundleitungen im Boden ermöglicht.

Druckströmungssysteme für Dachentwässerungen benötigen einen objektbezogenen hydraulischen Nachweis nach VDI 3806, den die Hersteller teilweise als Planungsunterstützung mit anbieten.

Staufrei planen

Gullybauweisen

Dachgullys werden aus Kunststoff, Gusseisen oder Stahl sowie aus Kombinationen dieser Materialien angeboten. Die einfachste einteilige Ausführung besteht aus dem Ablaufkörper mit senkrecht oder waagerecht anschließendem Abflussrohr sowie dem Anschlussflansch.

Für Flachdächer mit Wärmedämmung werden aber meist zweiteilige Gullys eingesetzt. Der Ablaufkörper besitzt hier eine Auflagerplatte, die auf der tragenden Dachebene befestigt ist und an die die Dampfsperre angearbeitet wird. Mit dem Verlegen der Wärmedämmung steckt man in diesen Ablaufkörper das Aufstockelement mit dem Anschlussflansch.

Das Aufstockelement ist mit einer Dichtung versehen, die die Dichtheit bei eventuellem Rückstau sichert.

Für Flachdacherneuerungen gibt es spezielle Sanierungsgullys, bei denen das Aufstockelement in die alten Ablaufkörper gesteckt wird. Die neue Abdichtung und ggf. die neue Wärmedämmung lassen sich dann ohne Eingriffe in die vorhandene Substanz einfach über dem Altdach aufbauen.

Der Anschlussflansch kann bei Dachabdichtungen mit Kunststoffbahnen als Klemm- oder Schraubflansch ausgebildet sein. Vor allem für Bitumendachbahnen werden auch Flansche mit werkseitig angearbeitetem Anschlusskragen verwendet. Hier ist ggf. auf die Materialverträglichkeit zwischen Anschlusskragen und Dichtungsbahn zu achten. Eine weitere Möglichkeit für die Flanschausbildung sind Klebeflansche.

Zu diesem Grundgerüst aus Ablaufkörper, Aufstockelement und Anschlussflansch kommen je nach Modell und Einsatzzweck optional weitere Teile. Etwa ein Kies- bzw. Laubfang, der bei ungenutzten Flachdächern meist kuppelförmig ausgebildet ist.

Für genutzte Flächen bietet sich ein zusätzlicher flacher Gitterrost darüber an, wie er für Terrassen stets zu verwenden ist. Für begrünte Dachflächen gibt es ebenfalls als zusätzliche Bauteile Drain- und Aufstockelemente.

Dachgullys für Druckentwässerungen unterscheiden sich äußerlich kaum von den Modellen für Freispiegelentwässerungen. Jedoch enthalten sie ein schon werkseitig eingebautes Verschlusselement, das den Lufteintritt in das Abflusssystem verhindert und somit dafür sorgt, dass sich der planmäßige Druck auch tatsächlich aufbaut.

Dachgullys stellen im gedämmten Dach eine Wärmebrücke dar, weshalb der Ablaufkörper stets eine Wärmedämmung haben sollte.

Außerdem kann sich Kondenswasser bilden, wenn die kalten Regenwasserrohre in beheizte Räume geführt werden. In diesem Fall sollten auch die Rohre gedämmt werden. In schneereichen Gebieten ist außerdem eine eventuelle Beheizung der Abläufe zu prüfen, entsprechende Sets aus elektrischer Heizung, Kabelanschluss und Transformator sind in den meisten Sortimenten enthalten.

Notausgang für Starkregen

Notüberläufe für Jahrhundertregen

Angesichts sich häufender Wetterkapriolen und Extremniederschlägen muss sich der Planer bei der Dachentwässerung auch mit dem Fall auseinander setzen, dass die Bemessungsregenspende deutlich überschritten wird. Die normale Entwässerung wird nur nach dem statistisch alle zwei Jahre auftretenden Fünf-Minuten-Regen bemessen. Bei einer projektierten Standzeit des Gebäudes von 100 Jahren wird das Flachdach jedoch auch einen echten Jahrhundertregen erleben und aushalten müssen.

Überschusswasser, das dabei nicht ausreichend schnell über die regulären Dachabläufe entwässert werden kann, stellt nicht nur wegen seiner unter Umständen in die Konstruktion gelangenden Feuchtigkeit ein Problem dar, sondern auch wegen seiner die Dachstatik eventuell überfordernden Last.

Eine theoretische Lösung wäre, das reguläre Entwässerungssystem für größere Regenmengen auszulegen, womit es aber bei normalen Niederschlägen reichlich überdimensioniert und damit unwirtschaftlich würde.

Die Forderungen der DIN 1986 Teil 100 vom März 2002, die die nationalen Ergänzungen zur europäischen Entwässerungsnorm DIN EN 12056 enthält, gehen deshalb einen anderen Weg und verlangen im Abschnitt 9.3.8.1 Notüberläufe:

„Bei Dachkonstruktionen mit innen liegenden Rinnenentwässerungen und Flachdächern in Leichtbauweise (z.B. Trapezblechdächer) sind Notüberläufe immer vorzusehen. Bei allen anderen Dachkonstruktionen ist unter Berücksichtigung der zu erwartenden Regenereignisse am Gebäudestandort, des Dachaufbaus, der Dachgeometrie, der Dachabdichtung, der Statik des Daches und der Ablaufcharakteristik des Entwässerungssystems im Einzelfall zu überprüfen, ob Notüberläufe erforderlich sind.“

Drei mögliche Ausführungen für die Notentwässerung bieten sich an: Der freie Abfluss über den Dachrand und die Fassade, Wasserspeier an der Attika oder eine komplette und separate zweite Innenentwässerung.

Der freie Abfluss über den Dachrand ist die einfachste Lösung, hat aber die oben schon erwähnten Nachteile (Verschmutzung der Fassade, unkontrollierte Wasserführung über den sensiblen Schnittpunkt Dach/Fassade). Wasserspeier lösen das Problem wesentlich eleganter. Die Hersteller bieten hierfür aus Gully und Ablaufrohr bestehende einbaufertige Bauelemente an, die am Dachrand eingebaut und mit einer Kernbohrung durch die eventuell vorhandene Attika geführt werden. Jeder Gully muss nach den Flachdachrichtlinien einen Abstand von 30 cm zur Attika haben.

Aus 14 mach 2

Dachstatik und Anschlusshöhen anpassen

Bei Flachdächern mit nach innen orientiertem Gefälle können Notentwässerungen am Dachrand – als freier Abfluss oder Wasserspeier – Probleme bereiten, weil der Notablauf dann am Hochpunkt der Dachfläche liegt.

Der Notablauf muss jedoch sofort nach Erreichen der Überstauhöhe der regulären Entwässerung in Funktion treten; er darf also keinesfalls höher als diese meist nur wenige Zentimeter betragende (Regel-)Überstauhöhe liegen.

Wenn der Dachrandbereich unter diesen Voraussetzungen zu hoch liegt, ist als Notentwässerung eine zweite, unabhängige Innenentwässerung zu planen.

Solche Notentwässerungen gleichen im Aufbau weitgehend den regulären Systemen, jedoch werden die Gullys mit einem Anstauring aus der Abdichtungsebene herausgehoben, so dass erst ab der Überstauhöhe des Primärsystems Wasser in das Notsystem fließt. Von dort muss es in einem separaten Leitungssystem zu einem freien Ausfluss auf dem Gelände geführt werden. Die Lösung verursacht also einigen Aufwand, ist aber bei großen Dachflächen unter Umständen nicht zu vermeiden.

Egal, wie der Notüberlauf ausgebildet ist, zusammen mit der Regelentwässerung muss er den Abfluss der Fünf-Minuten-Regenspende, wie sie statistisch einmal in 100 Jahren auftritt, gewährleisten. Die bei diesem Ereignis auftretende Überstauhöhe ist zu errechnen und bei der Dachstatik als Last zu berücksichtigen.

Außerdem müssen alle Anschlüsse an Einbauten und aufgehende Bauteile auf dem Flachdach bis zu dieser Höhe abgedichtet sein, was allerdings in der Praxis eher selten Probleme bereitet, weil diese Details bei Dachneigungen bis 5° ohnehin mit mindestens 15 cm Anschlusshöhe ausgeführt werden sollten. Maßgeblich ist bei bekiesten, oder begrünten Dächern das Höhenniveau der Nutzschicht, nicht der Abdichtung.

Gründächer können im Hinblick auf die Notentwässerung einen Sonderfall darstellen, wenn sie mit planmäßiger Regenrückhaltung und Anstaubewässerung ausgeführt werden. Auf Notabläufe darf dann verzichtet werden, der Anstau ist jedoch bei der Dachstatik und bei den Anschlusshöhen zu berücksichtigen.

Weitere Informationen
ACO Passavant bba 517
alwitra bba 518
b/s/t bba 519
Dallmer bba 520
Eternit Flachdach bba 521
FDT bba 522
Geberit bba 523
Karl Grumbach bba 524
Klöber bba 525
Lorowerk bba 526
Christian Pohl bba 527
Sita Bauelemente bba 528

Bemessung der Dachabläufe
Das Abflussvermögen der Dachentwässerung wird nach DIN 1986–100 bemessen.
Maßgeblich für die normalen Abläufe (ohne Notüberläufe) ist ein mittlerer Regen, wie er statistisch am jeweiligen Standort einmal in 2 Jahren für 5 Minuten fällt (Regenspende r(5,2)).
Q = r(5,2) x C x A / 10 000
mit
Q : Regenwasserabfluss in Liter pro Sekunde
r(5,2): Berechnungsregenspende in Liter pro Sekunde und Hektar, kann für 83 Städte in
Deutschland DIN 1986–100 Anhang A entnommen und ansonsten beim Deutschen Wetterdienst erfragt werden.
C: Abflussbeiwert (ohne Einheit)
  • für Dachflächen ohne Auflast und Begrünung C = 1,0
  • für Kiesdächer und extensive Dachbegrünungen unter 10 cm Aufbaudicke C = 0,5
  • für extensive Dachbegrünungen ab 10 cm sowie intensiven Dachbegrünungen C = 0,3
  •  
A: Wirksame Niederschlagsfläche in Quadratmeter (senkrechte Projektion der zu entwässernden Dachteilfläche)
Aus dem zu erwartenden Regenwasserabfluss wird die notwendige Anzahl der Gullys ermittelt.
nDA = Q / QDA
mit
QDA : Abflussvermögen des gewählten Dachablaufs in Liter pro Sekunde, ist den Unterlagen des Herstellers zu entnehmen und hängt neben der Bauweise des Gullys auch von der Nennweite ab
nDA : Anzahl der erforderlichen Dachabläufe, auf ganze Stückzahl aufgerundet
Nach der oberen Formel wird mit der Regenspende r(5,100) (= Fünf-Minuten-Regen statistisch einmal in 100 Jahren) auch der Regenwasserabfluss für den Jahrhundertregen ermittelt, den Regel- und Notentwässerung gemeinsam bewältigen müssen. Die addierten Überstauhöhen beider Systeme sind bei der Dachstatik und bei den Anschlusshöhen zu berücksichtigen.

Mehr zum Thema

Tags
Unsere Top-3-Projekte des Monats
MeistgelesenNeueste Artikel

Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der bba-Infoservice? Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Medien GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum bba-Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des bba-Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de