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Von fossilen Brennstoffen unabhängig

Neubau eines Generationenhauses in Bad Wurzach
Von fossilen Brennstoffen unabhängig

Die baulichen Voraussetzungen für das Wohnen mehrerer Generationen unter einem Dach erfüllt das unter der Regie des Architekturbüros Lohmann errichtete Generationenhaus in Bad Wurzach. Das architektonische Konzept wird ergänzt durch eine technische Gebäudeausrüstung, die das Projekt besonders Energie sparend macht: Ein mehrschichtiges Energiekonzept, das eine sehr gut gedämmte Gebäudehülle mit der Nutzung regenerativer Wärmequellen durch hoch effiziente Haustechnik kombiniert.

Martin Schellhorn/jo

Das Gebäude besteht aus zwei versetzt zueinander angeordneten Baukörpern als Haupt- und Nebenhaus, die über bodentiefe Glasfronten nach Süden und Südwesten verfügen, einen gemeinsamen Innenhof haben und über Rahmenkonstruktionen architektonisch miteinander verbunden sind. Darüber hinaus sind beide Gebäudeteile in allen Bereichen bis hin zum Zugang nach außen barrierefrei und damit absolut altersgerecht angelegt. Die Baukörper können sowohl als eigenständige Wohneinheiten als auch zusammenhängend genutzt werden.
Der Entwurf von Architekt Jürgen Lohmann sieht in Bad Wurzach beispielsweise die Nutzung des Nebenhauses als Atelier, Büro, Praxis oder Fitnessbereich vor. Alternativ kann dieser Trakt aber auch als Einliegerwohnung separat vermietet werden. Damit ist, ebenso wie durch die Möglichkeit der Grundstücksteilung und einen späteren Verkauf des Nebenhauses, für die Eigentümer eine zusätzliche finanzielle Absicherung im Alter gegeben.
„Das Generationenhaus bringt Eltern, Kinder und Enkel wieder zusammen unter ein Dach und schafft gleichzeitig individuelle Freiräume für seine Bewohner. Getrennt wohnen, gemeinsam leben! Diesem Leitgedanken folgt das architektonische Konzept“, erklärt Dipl.-Ing. Jürgen Lohmann.
Energetische Planung
Analog zur fortschrittlichen und zukunftsorientierten Architekturstrategie gestaltet sich das Energiekonzept rund um die Wärmeversorgung des Generationenhauses, denn das modulare Prinzip setzt sich auch bei der technischen Gebäudeausrüstung nahtlos fort. Ausgangsbasis war dafür eine energetische Grundplanung, vorgenommen durch Dr.-Ing. Kai Schild von der Ingenieurgesellschaft Willems und Schild GmbH. Dabei wird für das Haupthaus trotz der großzügigen, bodentiefen Fensterflächen ein Energiebedarf von lediglich 30 kW pro Quadratmeter und Jahr erreicht. Für das Nebengebäude fiel der Energiebedarf auf KfW 40-Niveau nur geringfügig höher aus.
Abgestimmte Anlagentechnik
Anlagentechnisch wird dieser beispielhaft niedrige Energiebedarf klimaschonend mit einer Grundwasser-Wärmepumpe sowie durch eine thermische Solaranlage abgedeckt. Das Funktionsprinzip der über eine witterungsgeführte Regelung miteinander verschalteten Anlagenkomponenten folgt dabei der Maxime der effizientesten Betriebsweise: Im Sommer übernehmen drei Solar-Flachkollektoren mit einer Gesamtbruttofläche von 7,53 m2 die Warmwasserbereitung und unterstützen nach Bedarf auch die Heizung. Voraussetzung dafür ist ein flexibler Multi-Warmwasserspeicher, der die zur Verfügung gestellte Wärmeenergie aus mehreren Quellen verwerten kann. In der Übergangszeit und in den Wintermonaten schaltet die Solarregelung automatisch die Vaillant Wärmepumpe geoTHERM hinzu. Die Wärmepumpe hat eine Heizleistung von bis zu 11,6 kW/h und generiert ihre Wärme aus dem Grundwasser. Hier waren während der Planungsphase vor allem die Grundwassermenge, die Tiefe der zu nutzenden Grundwasserader sowie die Grundwassergüte zu berücksichtigen.
Der Grundwasserbrunnen des Generationenhauses reicht in eine Tiefe von ca. 13 m und die Ader enthält genügend Wasser, um eine Wassermenge von 3 000 l pro Stunde umzuwälzen. Nach der fachgerechten Bestimmung der einzelnen Parameter stellt sich diese Form der Energiegewinnung als äußerst wirtschaftlich dar, weil die Wärmepumpe Vorlauftemperaturen von bis zu 62 ºC erreicht und so beispielsweise die Warmwasserbereitung unter trinkwasserhygienischen Gesichtspunkten in vollem Umfang gewährleistet. Das kam natürlich der Gesamtplanung entgegen, da somit auf eine Versorgung in Spitzenlastzeiten durch einen zusätzlichen Wärmeerzeuger auf Basis der konventionellen Energieträger Öl oder Gas komplett verzichtet werden konnte.
Für Situationen mit extremer Auslastung ist die Wärmepumpe stattdessen zur Sicherheit mit einer 6 kW-Elektrozusatzheizung ausgestattet. Doch die wird im Generationenhaus wohl nur äußerst selten zum Einsatz kommen. Denn zum einen benötigt die Fußbodenheizung, die im gesamten Gebäude die Wärmeverteilung übernimmt, eine Vorlauftemperatur von lediglich 35 ºC, und zum anderen ist bei Grundwasser-Wärmepumpen die Leistungszahl und damit die Jahresarbeitszahl im Vergleich zu anderen Wärmepumpenanlagen besonders hoch. Das liegt daran, dass mit der Wärmequelle Grundwasser die höchsten mittleren Temperaturen zur Verfügung stehen. Die im Generationenhaus installierte Wärmepumpe beispielsweise weist eine überdurchschnittlich hohe Leistungszahl von 5,5 auf.
Kalkulierbarkeit der Betriebskosten
Was bei der Konzeption eine wichtige Rolle spielte war die Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Zwar fällt die Investition in regenerative Energietechnik einmalig etwas höher aus, dafür sind aber in Zukunft keine negativen Überraschungen durch Preisexplosionen wie bei Öl oder Gas zu erwarten. Das ist dank der im Generationenhaus installierten Wärmeerzeuger weitestgehend ausgeschlossen, denn die thermischen Solarkollektoren benötigen für die Wärmeerzeugung außer der Sonneneinstrahlung lediglich eine Umwälzpumpe, und die Wärmepumpe kommt ebenfalls mit einem geringen zusätzlichen Stromanteil von durchschnittlich 20 % der Wärmeerzeugung aus.
Kontrollierte Wohnraumlüftung
Dass trotz der beispielhaft gedämmten Gebäudehülle mit U-Werten von 0,13 W/(m2K) bis 0,22 W/(m2K) im Generationenhaus dennoch immer ein behagliches Raumklima herrscht – dafür sorgt eine kontrollierte Wohnraumlüftung, die sowohl das Haupt- als auch das Nebenhaus mit sauberer Frischluft versorgt.
Doch auch dabei wird dem Anspruch an möglichst hohe Energieeffizienz Rechnung getragen: Die kontrollierte Wohnraumlüftung ist mit einer Wärmerückgewinnung ausgestattet, die bis zu 96 % der Wärme von der Fort- auf die Zuluft überträgt. Das führt zu einer Senkung des Gebäudewärmebedarfes um rund 20 %. Dabei überwacht das System zugleich die Luftqualität. Staub, Pollen und Luftverschmutzung kommen dank der feinporigen Filter nicht ins Haus. Gleichzeitig werden CO2 und Feuchtigkeit nach draußen geleitet. Von Luftbewegung ist im Raum aber dennoch nichts zu spüren: Die elektronisch arbeitende Wohnraumlüftung wird automatisch stufenlos gesteuert, so dass ein Luftwechsel mit einer Luftwechselzahl n < 0,5 erfolgt.
Zugluft-Erscheinungen können also nicht auftreten. Bei Bedarf lässt sich der Luftvolumenstrom darüber hinaus in den belüfteten Räumen (Wohn-, Schlaf-, Kinderzimmer und Büro) zudem individuell über kleine, in den Boden eingelassene Handräder regulieren.
Vorbildcharakter
Das Gebäudekonzept aus je nach Lebensabschnitt individuell nutzbarer Wohnfläche, behaglicher Wohnatmosphäre sowie der intelligenten und energieeffizienten Anlagenkonfiguration einer systemgebundenen Haustechnik verleihen dem Generationenhaus Vorbildcharakter für Eigenheimprojekte.
Das gilt selbst unter der Voraussetzung, dass nur einzelne Komponenten dieses Konzeptes – wie beispielsweise die Installation einer Wärmepumpe in Kombination mit einer thermischen Solaranlage – umgesetzt werden können.
Voraussetzungen zur Nutzung des Grundwassers als Wärmequelle: Über einen Saugbrunnen wird das Grundwasser mit Hilfe einer Tauchpumpe der Wärmepumpe zugeführt und über einen Schluckbrunnen wieder in den Boden eingebracht. Saug- und Schluckbrunnen werden in einem Abstand von mindestens 15 m installiert. Bei der Installation einer Grundwasser-Wärmepumpe ist folgendes zu berücksichtigen. Das Grundwasservorkommen sollte in einer Tiefe von maximal 15 m zur Verfügung stehen. Insbesondere für Ein- und Zweifamilienhäuser sollte das Grundwasser aufgrund der Anschlussleistung der Tauchpumpe nicht tiefer als 15 m liegen. Es muss eine ausreichende Grundwassermenge vorhanden sein. Dabei sind pro kW Heizleistung der Wärmepumpe 240 l Wasser über 24 h zu fördern. Entsprechend groß muss die maximal entnehmbare Wassermenge sein. Die Grundwassergüte ist ein entscheidender Punkt, da sie die Funktion der Anlage am stärksten beeinflusst. Eine erhöhte Konzentration von unlöslichen Eisen- und Manganverbindungen kann beispielsweise zu Ab- bzw. Anlagerung (Verockerung) im Brunnenschacht führen. Die Nutzung von Grundwasserwärme muss grundsätzlich durch die Untere Wasserbehörde genehmigt werden.
Architekt:
Dipl.-Ing. Jürgen Lohmann, Hamm
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