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Unsichtbare Wärmeverteilung

Umbau und Erweiterung des Stadtmuseums Simeonstift in Trier
Unsichtbare Wärmeverteilung

Seit der Wiedereröffnung sind die klimatischen und konservatorischen Bedingungen im Stadtmuseum deutlich verbessert. Vorausschauend wurde auch in energetischer Hinsicht nach neuen Lösungen gesucht: Ein Wärmepumpen-System übernimmt das Heizen und Kühlen, abgestimmt auf das bestehende Heiz- und Kühlsystem des Altbaus.

Das Stadtmuseum Simeonstift in Trier hat eine fast 1 000 Jahre lange Geschichte. Es wurde zu Ehren des heiligen griechischen Mönches Simeon erbaut. Angeblich hatte sich der Mönch in die Porta Nigra, das ehemalige römische Stadttor, als Einsiedler einmauern lassen. Seit 1973 gehört dieses Wahrzeichen von Trier zum Weltkulturerbe der UNESCO und bildet den Auftakt in die reiche Stadtgeschichte, direkt an die Porta Nigra angegliedert. Dort sind seit vielen Jahren wichtige Kunstschätze der Stadtgeschichte ausgestellt. Doch bereits in den 90er Jahren war klar: Der Zahn der Zeit nagt erbarmungslos an dem historischen Gebäude mit seinem hohen denkmalpflegerischen Wert. Weil außerdem der Bestand der wertvollen Exponate immer größer wurde, war eine Sanierung und Erweiterung unumgänglich.

In einem europaweit ausgelobten Wettbewerb hatte die Stadt Trier 1994 dazu aufgerufen, Konzepte für die Erweiterung und den Umbau einzureichen. Aus 38 Arbeiten gingen als Sieger die Architekten Prof. Dieter G. Baumewerd, Münster, und Lukas Baumewerd, Köln, hervor. Ihr Entwurf zeigte eine einfühlsame Neugestaltung unter Bewahrung der historischen Bausubstanz und Atmosphäre.
Die Realisierung des Projektes erfolgte erst zehn Jahre später, konnte jedoch in nur zwei Jahren Bauzeit abgeschlossen werden. Im Mai 2007 wurde das Museum wiedereröffnet. Die klimatischen und konservatorischen Bedingungen sind deutlich verbessert und den Anforderungen an ein modernes Museum angepasst. Mit vorausschauendem Blick haben Architekten, Fachplaner und der Bauherr, die Stadt Trier, auch in energetischer Hinsicht nach innovativen Lösungen gesucht und fanden sie u.a. in einem Wärmepumpen-System, das die Aufgaben Heizen und Kühlen in den neuen Bereichen übernimmt und im Einklang mit dem bestehenden Heiz- und Kühlsystem des Altbaus funktioniert.
Bauaufgabe
Für die Architekten bestand die Herausforderung in der zurückhaltenden Sanierung des äußerst vielschichtigen Gebäudebestands und der vorsichtigen Ergänzung für neue Nutzungsmöglichkeiten. Helle, ansprechende Räume und ein neuer gemeinsamer Eingangsbereich für die Porta Nigra, die Touristik-Information und das Museum sollten verstärkt Interesse für das Museum wecken. Gleichzeitig lag ein Schwerpunkt der Aufgabe darin, eine übersichtliche Struktur innerhalb des gesamten Gebäudes zu schaffen. Besucher sollten sich klar im Museum orientieren können und sinnvoll hindurch geführt werden. Alle Ebenen und Räume sollten außerdem für bewegungseingeschränkte Menschen problemlos zugänglich werden. Dies ermöglicht heute ein Aufzugsschacht, der durch die seitliche Verglasung den Einblick in den jeweils nächsten Ausstellungsbereich freigibt.
Seit seiner Fertigstellung gliedert sich das restaurierte und erweiterte Bauwerk hervorragend in das städtebauliche Gesamtkonzept ein. Über das neue Foyer, welches in seiner Stahl-Glas-Konstruktion so transparent wie möglich gestaltet ist, um den Altbau in seiner ursprünglichen Erscheinung sichtbar zu belassen, gelangen die Besucher in das neue zentrale Treppenhaus. Von hier aus erschließen sich sternförmig alle vier Ausstellungsebenen; es lassen sich erste Blicke in die Ausstellungsräume erhaschen. Große Fundamente der Stadtmauer, die man erst bei den Grabungen für den Neubau entdeckt hatte, wurden in die Architektur des Untergeschosses einbezogen. So sind im Treppenhaus nun die unterschiedlichen Epochen der stadtgeschichtlichen Entwicklung ablesbar – von der Römerzeit, über das Mittelalter, bis hin zur Neuzeit.
Im zurückhaltend gestalteten Neubau sind im Keller moderne Sanitäranlagen sowie die Technik unterbracht. Im Erdgeschoss befinden sich Werkstätten, die Büroräume der Touristikinformation sowie von außen zugängliche öffentliche Toiletten. Darüber steht dem Museum auf zwei Ebenen rund 500 m² neue Ausstellungsfläche zur Verfügung. Die Räume wurden hier bewusst neutral gehaltenen, um den Anforderungen einer Wechselausstellung und ihres variablen Charakters gerecht zu werden. Gemäß den hohen Ansprüchen an eine zeitgemäße Architektur verfügt der Neubau über eine gute Wärmedämmung der Gebäudehülle. Erzielt wurde dies durch gut gedämmte Außenwände, durch Verwendung von Dreifach-Wärmeschutz-Verglasungen sowie eine sehr gute Isolierung von Dach und Kellerdecke. Auch die verglasten Bereiche im Foyer und im Ostflügel, wo im Obergeschoss der Rundgang als offener Kreuzgang wieder herstellt wurde, sind mit Dreifachverglasungen erfolgt. Somit war die Basis geschaffen für ein wirtschaftliches Heizsystem.
Energiekonzept
Die energetische Beratung und Planung der komplexen Haustechnik mit Heizung, Kühlung, Klima- und Lüftungstechnik übernahm das Ingenieurbüro Rittgen aus Trier. Zum Schutz der Kunstschätze dürfen die Raumtemperaturen nur geringfügig schwanken. Ganzjährig müssen im Museum Temperaturen von mindestens 20° C bis maximal 22 °C eingehalten werden. Dabei darf die Raumfeuchte von 50 bis 55 % nicht unter- bzw. überschritten werden. Berechnungen der Haustechnik-Spezialisten ergaben, dass der Einsatz von Wärmepumpen als Heiz- und Kühlsystem für den Neubau die effektivste Lösung ist: Sie schafft ein angenehmes Raumklima, steht unabhängig von den Witterungsbedingungen das ganze Jahr hindurch zur Verfügung und bringt vor allem wirtschaftliche Vorteile mit. Dieser Vorschlag vom Ingenieur-Büro kam beim Bauherrn sofort gut an. Denn neben den geringen Betriebskosten standen beim Amt für Gebäudewirtschaft der Stadt Trier auch die Nutzung von Umweltwärme und dadurch reduzierte Co2-Emissionen im Vordergrund.
Die Wärmeerzeugung im Altbau sowie die Brauchwasserbereitung für den Gastronomiebereich übernimmt eine erneuerte Heizanlage mit Gas-Brennwerttechnik. Die Abdeckung des Wärme- und Kältebedarfs für den kompletten Neubau und das neue Foyer erfolgt über ein energieeffizientes Erdwärme-Wärmepumpen-System vom schwedischen Hersteller Nibe. Installiert wurden von der Michael Sperber GmbH & Co. KG, Trier, zwei in Kaskade geschaltete Sole/Wasser-Wärmepumpen vom Typ Fighter 1330. Diese haben eine Heiz- und Kühlleistung von jeweils 40 kW, die bedarfsabhängig in insgesamt vier Leistungsstufen á 20 kW abgerufen werden kann. Zwei 1 000-Liter-Pufferspeicher bevorraten die Wärme, bis sie benötigt wird.
Es wurden 13 Erdsonden in je knapp 100 m Tiefe hergestellt, die mit dem Wärmepumpen-System verbunden sind. Sie liefern die Umweltwärme für die Wärmepumpe zum Heizen und leiten umgekehrt die beim Kühlbetrieb anfallende Wärme wieder ins Erdreich zurück, wo sie auf natürliche Weise bis zur nächsten Heizperiode gespeichert wird. So gleicht sich das Temperaturniveau im Erdreich automatisch wieder aus. Der radiale Abstand der Sonden-Bohrungen beträgt 6 m. Sie wurden nur im Bereich des Baugrubenaushubs für den Neubau genehmigt, da sich im Untergrund des Baumaßnahmenumfeldes mehrere Gräberfelder befinden. Da Erdsonden wartungsfrei sind, durften sie überbaut werden.
Kombinierte Technologien
Die Innovation der Wärmepumpe liegt vor allem in der Kombination von Technologien, mit denen der Hersteller seit mehr als drei Jahrzehnten Erfahrung hat. Unterschiedliche Heiz- und Kühlsysteme nehmen de Verteilung der Wärme und der Kühlung vor, um ein möglichst angenehmes Raumklima zu schaffen. In den Wechselausstellungsräumen im 1. und 2. OG, in den Werkstatt- und Büroräumen im EG, im neuen Haupttreppenhaus sowie im neuen Foyer ist eine Fußbodenheizung verlegt, die in den Sommermonaten auch als Kühlboden dient. Die Temperierung in den Büroräumen der Touristik-Information im EG wird über eine Decken-Heizung/-Kühlung geregelt.
Das gesamte UG, wo sich auch die sanitären Räume für die Museumsbesucher befinden, wird mittels Betonkernaktivierung in der Betondecke beheizt und im Sommer gekühlt. Die Betonkernaktivierung ist ebenfalls an das Wärmepumpen-System angeschlossen. All diese Elemente der „unsichtbaren“ Wärmeverteilung sind für eine Wärmepumpe ideal und kamen vor allem auch den gestalterisch-ästhetischen Ansprüchen der Architekten in höchstem Maße entgegen. Lediglich in den öffentlich zugänglichen Sanitäranlagen im Erdgeschoss sind herkömmliche Radiatoren-Heizkörper installiert, die ebenfalls die Energie der Wärmepumpe nutzen. Eine Regelanlage sorgt für die automatische Umschaltung der Wärmepumpen in den Sommer- oder Wintermodus und erfüllt die sicherheitstechnischen Anforderungen. Das Ingenieurbüro Rittgen hat die Wärmepumpen-Anlage so ausgelegt, dass möglichst wenig elektrische Zusatzenergie eingesetzt werden muss. Durch die errechnete Jahresarbeitszahl von 4,2 lässt sich eine Amortisationszeit der Anlagekosten von etwa sieben Jahren ermitteln. Die Stromkosten für den Betrieb des Wärmepumpen-Systems sind gegenüber der Gas-Heizanlage im Altbau deutlich niedriger, denn 75 % der benötigten Energie kommen kostenlos aus der Umwelt. „Dies ist die Voraussetzung für die Wirtschaftlichkeit, schließlich müssen die niedrigeren Betriebskosten die Mehrkosten bei der Investition amortisieren,“ plädiert Jürgen Eckstein, stellvertretender technischer Leiter des Amts für Gebäudewirtschaft der Stadt Trier. „Wir sind von der Wärmepumpen-Technologie begeistert. Die Anlage ist im Museum Simeonstift problemlos angelaufen und übernimmt ihre Aufgabe zuverlässig. Wenn es möglich gewesen wäre, eine höhere Zahl an Bohrungen auf dem begrenzten Baufeld zu realisieren, dann hätten wir die Erweiterung der Wärmepumpen-Anlage auch für den Altbau in Betracht gezogen“.
Kosten der Wärmepumpen-Anlage inklusive Pufferspeicher, Dämmung/Isolierung, Hydraulische Einbindung, Wärmetauscher, Pumpen und Regelung, Montage und Inbetriebnahme: ca. 55 000 Euro. Kosten für Bohrungen, Sonden, Leitungen, Soleverteiler/-sammler, Erdarbeiten/Grubenaushub: ca. 86 500 Euro. Gesamtkosten Wärmepumpen-System: ca. 141 500 Euro. Stromkosten für Wärmepumpen-Anlage pro Jahr: ca. 7 150 Euro . Berechne-te Amortisationszeit: ca. sieben Jahre .
bba-Infoservice Wärmepumpe 569 www.museum-trier.de
Architekturbüro: Arbeitsgemeinschaft der Architekten Lukas Baumewerd, Köln (Planung)und Weltzel & Hardt, Trier (Bauleitung)
Projektsteuerung: Amt für Gebäudewirtschaft, Stadt Trier Planung Haustechnik: Ingenieurbüro Rittgen, Trier
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