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Anforderung:
Behagliches Raumklima mit ausreichend hohem Frischluftanteil bei gleichzeitig niedrigem Energieverbrauch
Lösung:
BTA-Lüftungssystem, das die Eigenschaften einer Bauteiltemperierung und einer Lüftungsanlage in sich vereint
Bereits 2008 fand ein europaweiter Architektenwettbewerb für den Neubau der Städtischen Realschule Memmingen statt. Die Architekten Klemens Herrle und Christoph Mauz gewannen 2009 die Wettbewerbsausschreibung als Arbeitsgemeinschaft.
Entstanden ist aus der Zusammenarbeit ein kompakter, zweigeschossiger Baukörper, der mit dem zweiten Schulgebäude ein harmonisches Ensemble bildet und sich zugleich davon unterscheidet. Während die Fassade der staatlichen Realschule vertikal strukturiert und eher dunkel ist, verfügt der Neubau der städtischen Realschule über eine helle, horizontal gegliederte Fassade aus vorgehängten, gedämmten Glaspaneelen mit unregelmäßigen Fensterbändern. Im Inneren ist der Bau sehr übersichtlich geordnet. Die Erschließung erfolgt über eine zentrale, geräumige Aula. Vielfältige Blickbeziehungen von den Gängen aus sorgen für eine einfache Orientierung.
Hohe klimatechnische Anforderungen
Die Stadt Memmingen wollte den nach der EnEV zulässigen Heizwärmebedarf bei dem Schulneubau deutlich unterschreiten. Zusätzlich wünschte sich der Bauherr die Verwendung alternativer Energien. Das Ingenieurbüro Güttinger aus Kempten erarbeitete daraufhin ein ambitioniertes Energiekonzept, das den Neubau auf Basis eines KfW-55-Hauses vorsah. Hierfür lag das Anforderungsniveau 45 % über dem gesetzlich vorgeschriebenen Standard.
Umfangreiche Anlagentechnik sorgt nun dafür, dass die Umsetzung wunschgemäß erfolgen konnte. So befinden sich beispielsweise Photovoltaikmodule auf dem Gebäudedach. Die Wärmeversorgung erfolgt über einen Gasbrennwertkessel und zwei Gasabsorptions-Wärmepumpen, die das Grundwasser als Wärmequelle nutzen. Zudem wird die Beleuchtung in den Klassenzimmern tageslichtabhängig geregelt. Nach Fertigstellung des Gebäudes liegt der Gesamtprimärenergiebedarf bei 54 % des maximal zulässigen Wertes. Einen entscheidenden Anteil daran hat die Luft- und Klimatechnik.
Lüftungskonzept
In Schulen und Bildungsstätten haben viele Personen auf einer vergleichsweise geringen Fläche einen hohen Frischluftbedarf. Grundvoraussetzung für konzentriertes Arbeiten ist es, das Ansteigen des CO2-Gehalts in der Raumluft zu verhindern. Um die hohen Anforderungen an ein gutes Raumklima zu erfüllen, kam das BTA-Lüftungssystem „Concretcool“ von Kiefer Luft- und Klimatechnik zum Einsatz.
Die Bauteilaktivierung arbeitet wie eine Kühldecke, die zusätzlich über ein großes Energiespeichervolumen verfügt. Dadurch ist es möglich, Wärme in der Betondecke zu speichern und diese zu einem späteren, energetisch sinnvolleren Zeitpunkt – z.B. in der Nacht oder den frühen Morgenstunden – abzuführen. Tagsüber sorgt die Wärmespeicherkapazität der Decke dafür, dass die Raumtemperatur im Gebäude nur wenig ansteigt. Das System der Kiefer Luft- und Klimatechnik nutzt dabei effizient die freie Kühlung und vereint Bauteilaktivierung mit der Lüftungsfunktion.
Das System arbeitet mit reiner Außenluft, die an bis zu 6 000 Stunden pro Jahr bereits mit Temperaturen unter 12° C kühl und kostenlos zur Verfügung steht – ein klarer Vorteil gegenüber einer Bauteilaktivierung mit Wasser als Energieträger. Zusätzlich kann die Zuluft die Innenräume mit Frischluft versorgen und im Sommer die Raumluftfeuchte reduzieren.
In die Betondecke integriert
Bei der städtischen Realschule in Memmingen verlegte man vorkonfektionierte Kühlrohre mit einem Durchmesser von 80 mm aus wärmeleitendem Aluminium in der statisch neutralen Zone der Betondecke zwischen oberer und unterer Bewehrung. Durch das anschließende Vergießen der Decken wurden die Kühlrohre in den Beton eingebettet.
Die Innenseite der Rohre ist berippt, was den Wärmeübergang verbessert und für eine Wärmeübertragungsfläche von circa 1 m2/m sorgt. Bevor die Zuluft den Räumen zugeführt wird, durchströmt sie die Kühlrohre innerhalb der Betondecken. Dabei erwärmt sie sich auf annähernd Deckentemperatur. Die dafür notwendige Wärme wird der Decke entzogen und kühlt somit gleichzeitig das Bauteil. Im Anschluss wird die Zuluft über die Kiefer Deckendralldurchlässe „GLS 230“ den Räumen zugeführt und deckt den hygienischen Frischluftbedarf. Das System erreicht eine Austrittstemperatur von rund 21° C komplett ohne Nacherhitzer und ohne Primärenergie. Der Wärmerückgewinn der RLT-Anlage wird durch die Ergänzung mit dem System Concretcool auf über 95 % gesteigert. Damit werden alle Anforderungen nach dem EEWärmeG übertroffen. Zusammen mit dem Potenzial der freien Kühlung führt dies zu besonders günstigen Betriebskosten und hoher Energieeinsparung.
Insgesamt werden in der städtischen Realschule alle 16 Klassen- und drei Ausweichräume, die Fachlehrsäle Chemie, Biologie und Informatik, die Werk-, Textil- und Zeichenräume sowie die Lehrerzimmer, das Direktorium und das Sekretariat auf diese Weise kombiniert mit Frischluft versorgt und gekühlt. Die Luftaufbereitung erfolgt über vier Lüftungsanlagen, die eine hocheffiziente Wärme- und Feuchterückgewinnung besitzen. Über einen Wärmetauscher – vom Grundwasser versorgt – wird die Außenluft im Winter erhitzt und im Sommer passiv gekühlt. In den Übergangszeiten reicht die freie Kühlung, um die Zuluft – in Verbindung mit der Wärmerückgewinnung – auf die benötigte Temperatur aufzuheizen bzw. abzukühlen.
Ästhetik wird nicht beeinträchtigt
Auch optisch bietet das System einen Vorteil: Die Luftleitung ist im Raum unsichtbar, lediglich die Luftdurchlässe werden unauffällig in die Betondecke integriert. In Memmingen sahen die Architekten eine durchgehend glatte Betondecke vor. Dafür änderten die Experten von Kiefer ihre Ausblaselemente: Die Auslasskästen wurden mit Abstand zur Deckenunterkante in die Decke eingegossen, das Ausblaselement wurde rückversetzt und oberhalb der Deckenunterkante montiert. Zusätzlich verkleidete man es mit einem deckenbündig angebrachten Lochblech. Um weiterhin die strömungstechnischen Eigenschaften zu gewährleisten, wurde vorab im Kiefer-Entwicklungslabor ein 1:1-Versuchsaufbau durchgeführt. Dadurch konnten die Experten die Anordnung der einzelnen Elemente optimal anpassen und somit sicherstellen, dass das Lüftungssystem auch unter diesen Bedingungen einwandfrei funktioniert.
Bauherr: Stadt Memmingen
Architekten: hahne + mauz architektur, München
www.hahnemauz.de
Herle + Herrle Architekten, Neuburg a. D.
www.herle-herrle.de
HLS-Planung: Güttinger Ingenieure, Kempten
www.guettinger-ingenieure.de
Standort: Memmingen
Matthias Albrecht (M.Eng.), Projektleiter bei Güttinger Ingenieure: „Das BTA-Lüftungssystem Concretcool nutzt effizient die freie Kühlung und vereint die Bauteilaktivierung mit der Lüftungsfunktion. Damit ist sowohl ein behagliches Raumklima sichergestellt als auch der hygienische Frischluftbedarf. Die ideale Umgebung für Kinder zum Lernen.“
Matthias Albrecht (M.Eng.), Projektleiter bei Güttinger Ingenieure: „Um die von den Architekten gewünschten durchgehend glatten Betondecken zu erhalten, hatten die Experten der Kiefer Luft- und Klimatechnik ihre Ausblaselemente geändert und im hauseigenen Strömungslabor auf eine einwandfreie Funktion überprüft.“
Matthias Albrecht (M.Eng.), Projektleiter bei Güttinger Ingenieure: „Einen wichtigen Beitrag zum sehr guten Gesamtprimärenergiebedarf von 54 Prozent des maximal zulässigen Wertes leistete die Luft- und Klimatechnik.“