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Energetische Planungskriterien für den Wintergarten

Der Raum dazwischen
Energetische Planungskriterien für den Wintergarten

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Natur und Umwelt erleben, dabei aber vor Wind, Wetter und vor allem Kälte geschützt sein – dieses etwas zwiespältige Bedürfnis wird architektonisch mit Veranden und Erkern oder – etwas moderner – mit Wintergärten und verschiedenen Glasvor- und Anbauten befriedigt. Neben der Gestaltung sind vor allem energetische Planungskriterien maßgeblich.

Nachträglich an bestehende Wohnhäuser angefügte Wintergärten sind nicht unbedingt eine Domäne des Architekten. Ihre Gestaltung geht häufig auf Ideen des Bauherrn und/oder Vorschläge des ausführenden Handwerkers zurück. Dabei können durchaus überzeugende Projekte entstehen, aber teilweise herrscht auch eine konventionelle, wenig von moderner Architektur inspirierte Formensprache vor.

Man kann diesen Umstand als Bauplaner nun passiv beklagen und sich vom Wintergarten sowie den daran hängenden Wohnvorstellungen komplett abwenden. Deutlich aktiver und spannender ist es aber, den Raum mit unmittelbarem Kontakt zur Umgebung als architektonische Herausforderung zu empfinden und ihn zumindest bei Neu- oder Generalumbauten von vornherein als integralen Bestandteil der Architektur zu planen. Was nicht zwangsläufig zu den traditionellen Konstruktionsformen des Wintergartens führen muss.
Es geht bei Wohngebäuden mit dem entsprechenden Umland vielmehr darum, einen Sitz- und Aufenthaltsraum zu schaffen, der überdacht und wettergeschützt ist, aber gleichzeitig über seine großzügige Verglasung einen direkten Kontakt nach außen vermittelt. Denn wir leben nun einmal nicht in mediterranen Klima und können deshalb nur zu wenigen Zeiten im Jahr tatsächlich völlig ungeschützt im Freien sitzen. Trotzdem besteht auch in klimatisch schlechten Sommern und in den Übergangsjahreszeiten das Bedürfnis, der natürlichen Umgebung nahe zu sein, sich nicht komplett in die Wohnung zurückzuziehen. Es handelt sich also um einen sowohl architektonischen als auch klimatischen Zwischenzustand, der erreicht werden muss: nicht mehr ganz draußen und damit der Witterung ausgesetzt, aber auch noch nicht ganz drinnen und damit von der Natur abgeschlossen.
Bauweisen zwischen innen und außen
In der historischen Architektur haben vor allem Erker und Veranden dieses Bedürfnis befriedigt. Die Fortschreibung der Idee stellen heute hochtransparente Gebäudeerweiterungen mit verglastem oder geschlossenem Dach dar. Wenn die Erweiterung nicht wie ein offenkundiger Annex des Gebäudes erscheint, sondern sich organisch aus der Projektidee heraus entwickelt, können diese modernen halbinneren und halbäußeren Zwischen-Räume würdige „Erben“ der früheren Erker und Veranden sein. Ob man sie dann Wintergarten, Glasanbau oder großzügig verglastes Gartenzimmer nennt, hängt neben der konstruktiven Gestaltung ganz wesentlich von der energetischen Situation ab: Ist der transparente und dem Garten zugewandte Raum beheizbar oder nicht, ist er energetisch gesehen Teil der Wohnräume oder nicht? Die Beantwortung dieser Fragen bestimmt die Nutzungsmöglichkeiten für den Bauherrn und die haustechnische Gebäudeplanung maßgeblich mit.
Im engeren Sinne des Wintergartenbaus werden energetisch allein die (voll) beheizte und die unbeheizte Ausführung unterschieden.
Unter dem Aspekt der Nutzung und Gestaltung sollen hier jedoch drei weitere Varianten diskutiert werden, so dass sich insgesamt fünf denkbare Konzeptionen für den transparenten Raum zum Garten ergeben:
    • Unbeheizter Wintergarten, auch als Kalt-Wintergarten oder Glasanbau bezeichnet
    • Teilbeheizter Wintergarten
    • Voll beheizter Wohn-Wintergarten
    • Vorspringende Grundrisserweiterung aus dem Wohnraum heraus
    • Flachdach-Wintergarten.
Komfort auch ohne Heizung
  • Der unbeheizte Glasanbau ist die einfachste Bauweise für einen Wintergarten. Da der Raum nicht zum beheizten Gebäudevolumen gehört, gibt es keine Anforderungen an den winterlichen Wärmeschutz. Es können preiswerte, thermisch nicht getrennte Profile und sogar Einfachverglasungen verwendet werden. Trotzdem verlängert der gewonnene Raum im Vergleich zu einem Freisitz oder zu einem nur überdachten Freiraum die Nutzungszeiten erheblich, speziell in kühlen Sommern, aber auch in den Übergangsjahreszeiten. Allerdings kann der Wintergarten in diesem Falle nicht als frostfrei angesehen werden und ist deshalb nicht für die Überwinterung empfindlicher Pflanzen nach Art einer Orangerie geeignet. Dieses Problem lässt sich auch nicht mit einer „sekundären“ Beheizung über die geöffnete Tür des Wohnraums beheben, weil damit in der kühlen Jahreszeit die Gefahr starker Tauwasserbildung einhergeht.
Ein energetischer Vorteil des unbeheizten Glasanbaus ist seine Funktion als Wärmepuffer für den dahinterliegenden Wohnraum. Dessen Außenwände grenzen nicht mehr an die kalte Außenluft, stattdessen schafft das verglaste Volumen sogar passive Solargewinne – die allerdings nur in der kühlen Jahreszeit erwünscht sind, im Sommer muss auch bei einem unbeheizten Glasanbau Vorsorge gegen Überhitzung getroffen werden. Neben klassischen Raffstoren, Markisen oder anderen Verschattungsanlagen können hier vollständig zur Seite verfahrbare Schiebe- oder Faltanlagen eine elegante Lösung sein.
Verführerische Idee der Teilbeheizung
Der unbeheizte Glasanbau schafft also trotz seiner einfachen Bauweise bereits eine Menge Komfort. Eigentlich fehlt ihm nur die Nutzungsmöglichkeit im Winter sowie die Funktion als Orangerie. Das legt den Gedanken nahe, ob nicht eine Teilbeheizung mit dem Charakter eines „Frostwächters“ das Absinken der Temperatur unter einen bestimmten Mindestwert verhindern kann. Geeignet wären zum Beispiel elektrische Zusatz- oder Strahlungsheizungen, die unabhängig von der Heizungsanlage des Gebäudes betrieben werden und den Wintergarten frostfrei halten.
Energetisch ist eine solche Lösung allerdings unbefriedigend, weil dann ein Raum beheizt wird, der keinen angemessenen Wärmeschutz aufweist, wodurch ein erheblicher Energieverbrauch entsteht.
Auch die formale Einordnung eines teilbeheizten Wintergartens in die Energieeinsparverordnung stellt ein Problem dar. Denn die EnEV kennt zwar ganze Gebäude mit niedrigen Innentemperaturen, aber keine solchen Einzelräume. Mit dem Einbau einer zusätzlichen Heizung entsteht deshalb ein normaler beheizter Raum, dessen Hüllbauteile den thermischen Anforderungen nach EnEV entsprechen müssen. Der Vorteil der einfachen Bauweise des unbeheizten Glasanbaus ist dann dahin, rein rechtlich muss stattdessen eine energetisch vollwertige Gebäudehülle wie beim beheizten Wohn-Wintergarten ausgeführt werden.
Voll beheizte Wohn-Wintergärten
Die Einhaltung aller EnEV-Vorgaben für den beheizten Wohn-Wintergarten erhöht den Aufwand für diese Ausführungsart. Es werden energetisch hochwertige Profile für die Verglasung benötigt, bei einer Ausführung aus Metall zum Beispiel in jedem Fall thermisch getrennte Profile. Für den Wärmeschutz der transparenten Flächen sind Wärmeschutzverglasungen mit zwei oder gegebenenfalls sogar drei Scheiben erforderlich. Auch der Fußbodenaufbau und die Anschlussfuge zum Hauptgebäude müssen energetisch optimiert werden.
Dafür erhält man jedoch einen das ganze Jahr über vollwertig nutzbaren zusätzlichen Wohnraum, dessen Fläche aber die Energiebilanz des Gesamtgebäudes nicht unbedingt nachhaltig verschlechtern muss. Denn dem zusätzlichen Heizenergiebedarf in den kühlen Wintermonaten stehen zum Teil erhebliche solare Wärmegewinne gegenüber, die speziell in den Übergangsjahreszeiten wiederum reduzierend auf den Energiebedarf wirken. Die exakte theoretische Bilanzierung dieser Gewinne und Verluste erfordert einigen Rechenaufwand und kann nur für den konkreten Einzelfall geleistet werden. Das tatsächliche Resultat hängt zudem vom Nutzungsverhalten der Bewohner ab, weshalb der Planer kaum bestimmte Resultate garantieren kann.
Auch beim beheizten Wohn-Wintergarten ist der schon beschriebene sommerliche Wärmeschutz gegen Überhitzung zu berücksichtigen. Ebenso eine auch im Winter funktionierende Belüftung und schließlich natürlich die Heizung selbst. Eine sehr einfache Lösung hierfür wären konventionelle Radiatoren, die mit kurzen Rohrverbindungen an der Massivwand des Hauptgebäudes befestigt werden. Die Luftumwälzung findet dann allerdings von der warmen inneren Wand des Wintergartens zur kühlen Außenwand statt, was in vielen Fällen zum Ausfall von Kondenswasser an der Verglasung führen wird.
Wenn also Radiotoren verwendet werden sollen, müssen sie entlang der transparenten Außenwände platziert werden.
Damit sie dort nicht den Ausblick einschränken, sind Radiatoren in besonders niedriger Bauart oder Unterflur-Radiatoren im Fußboden prüfenswerte Alternativen.
Gestalterisch deutlich eleganter als jeder Radiator löst eine Fußbodenheizung das Problem der Wintergartenbeheizung. Zu beachten ist jedoch, dass der verglaste Raum an kalten Wintertagen ohne Sonneneinstrahlung wesentlich höhere Heizleistungen erfordert als die Räume im massiven Wohngebäude dahinter. Denn auch sehr gute Isoliergläser mit U-Werten um 1,0 W/m²K verursachen nun einmal mehr Transmissionswärmeverluste als massive Wände mit U-Werten von beispielsweise 0,3 W/m²K. Der Spitzenbedarf der Heizleistung tritt zwar nur an vergleichsweise wenigen Tagen im Jahr auf. Wenn er jedoch allein mit einer Fußbodenheizung gedeckt werden soll, muss die Heizungsanlage relativ hohe Vorlauftemperaturen zur Verfügung stellen können. Gleichzeitig darf aber die Oberflächentemperatur des Fußbodens nicht über komfortable Werte ansteigen. Dieser Widerspruch lässt sich unter Umständen nicht auflösen, so dass der Nutzer entweder Abstriche bei der Behaglichkeit im Winter hinnehmen oder gegebenenfalls eine Zusatzheizung für die Abdeckung der Spitzenlast installiert werden muss.
Flachdach statt Glasdach
Während der moderne Wintergarten vor allem die Traditionslinie der früheren Veranda aufnimmt, die üblicherweise mit Tür und Wand von den angrenzenden Wohnräumen getrennt war, kann der Sitzplatz mit besonderer Sichtbeziehung nach außen auch als Fortführung der Idee des Erkers interpretiert werden. Der Vorbau bildet dann eine Grundrisserweiterung des normalen Wohnraums, in den er bruchlos ohne Wand und Tür übergeht.
Eine solche Lösung ist mit Glasdach und damit in der Formensprache eines Wintergartens denkbar, bietet jedoch vor allem in der Ausführung mit geschlossenem Dach eine Reihe von technischen und gestalterischen Vorteilen. Denn das geschlossene Dach erreicht bei entsprechender Ausführung den guten Wärmeschutz von Massivbauteilen, gleichzeitig müssen nur noch die senkrechten Flächen gegen Sonneneinstrahlung geschützt werden. Architektonisch lässt sich das geschlossene Dach oft sehr elegant aus der Geschossdecke bzw. dem Flachdach fort entwickeln, wodurch der Vorbau den Charakter eines Annexes verliert und sowohl technisch als auch optisch Teil des Gebäudes wird.
Den Charme des geschlossenen Daches bieten auch so genannte Flachdach-Wintergärten, die gewissermaßen eine Zwitterstellung zwischen dem erkerartigen Vorbau und dem verandaartigen Anbau einnehmen. Die Konstruktion steht wie bei einem Wintergarten separat vor dem Gebäude und kann wie bei diesem beheizt oder unbeheizt ausgeführt werden. Statt des wintergartentypischen Glasdachs wird jedoch ein geschlossenes Flachdach verwendet, das viele Probleme der Wasserführung der Verschmutzung sowie des Hitzeschutzes bei horizontalen Verglasungen vermeidet und den Anbau architektonisch elegant an das Hauptgebäude anschließen kann.
Man kann gegen alle Bauformen mit geschlossenem Dach eventuell einwenden, dass sie den Ausblick nach oben einschränken und nicht mehr das Gefühl vermitteln, tatsächlich unter dem Himmel – wenn auch nicht unter dem freien – zu sitzen.
Hier, wie auch bei allen anderen energetischen Aspekten der Wintergartenplanung kommt es darauf an, welche Vorstellungen der Auftraggeber von der Aufenthaltsqualität im Zwischen-Raum zwischen seinem Haus und der Umwelt hat. Erst wenn sehr detailliert geklärt ist wie, wofür und zu welchen Zeiten der Bauherr den Raum überhaupt nutzen möchte, lassen sich Entscheidungen zum Ob und Wie der Beheizung und ggf. des Flachdachs überhaupt fällen.
Markus Hoeft
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