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Mit und ohne Abschottung

Durchdringungen
Mit und ohne Abschottung

„Leitungen dürfen durch raumabschließende Bauteile, für die eine Feuerwiderstandsfähigkeit vorgeschrieben ist, nur hindurchgeführt werden, wenn eine Brandausbreitung ausreichend lang nicht zu befürchten ist oder Vorkehrungen hiergegen getroffen sind …“

Der Gedanke aus § 40 Absatz 1 der Musterbauordnung (MBO) wird auch an verschiedenen anderen Stellen des Regelwerks aufgegriffen und dort teilweise erweitert. So verlangt § 30 Absatz 8 MBO für Brandwände:
„… Öffnungen müssen feuerbeständige, dicht- und selbstschließende Abschlüsse haben.“
Die spezielle Forderung für Brandwände, die es analog auch für Trennwände (§ 29) und für Decken (§ 31) gibt, deutet an, dass es beim Brandschutz nicht nur um das Verhindern der Feuerausbreitung geht, sondern auch um das Vermeiden der Rauchausbreitung. Außerdem verlangen neben den Leitungsdurchführungen auch alle anderen Öffnungen und/oder Durchdringungen besondere Aufmerksamkeit bei der Brandschutzplanung.
Die zitierten MBO-Forderungen gelten alle mit bestimmten Einschränkungen und Randbedingungen, die hier nicht vollständig wiedergegeben werden sollen. Auch können die entsprechenden Bestimmungen in den jeweiligen Landesbauordnungen leicht abweichend sein. Darauf kommt es an dieser Stelle aber weniger an.
Wichtig ist vielmehr der technisch logische und selbstverständliche Grundsatz, dass alle Öffnungen und Durchdringungen in Bauteilen dessen Feuerwiderstand potenziell schwächen können und deshalb ebenfalls mit der jeweils geforderten Qualität des Feuerwiderstands ausgeführt werden müssen.
Oder anders formuliert: Es macht keinen Sinn, erst aufwändig F 90-Wände zu planen, wenn man sie anschließend wieder durchlöchert und keine Schutzmaßnahmen für die „Löcher“ vorsieht.
Vernetzung führt zu mehr Durchdringungen
Relativ einfach lässt sich der Brandschutz bei Türen und Toren planen. Es stehen viele fertige und geprüfte Konstruktionen in feuerhemmender (T 30) oder feuerbeständiger (T 90) Ausführung zur Verfügung. Die Öffnungen sind groß genug, so dass sie kaum „vergessen“ werden können; und sie werden auch eher selten nachträglich eingefügt. Auf Türen und Tore als Durchdringungen soll in diesem Artikel deshalb nicht weiter eingegangen werden. Komplizierter kann die Situation jedoch bei kleineren, weniger auffälligen Durchdringungen von Bauteilen sein. Moderne Gebäude besitzen oft umfangreiche haustechnische Installationen, mit ebenso umfangreichen Kabel- und Rohrsystemen für die Steuerung und Versorgung in den einzelnen Räumen.
Dadurch kommt es zu vielen und teilweise kleinen Durchführungen durch Bauteile, die eventuell eine bestimmte Brandschutzqualität haben müssen. Es steigt die Gefahr, hier eine Einzelheit zu übersehen.
Öffnungen mit vielen Funktionen
Problematisch kann außerdem sein, dass derartige Öffnungen eventuell vom Handwerker nach eigenem Ermessen während der Bauausführung platziert werden, also in den Planungen gar nicht vorkamen. Nachträgliche Durchdringungen entstehen unter Umständen auch erst während der Nutzungsphase eines Gebäudes, was dem Planer eines Umbaus oder einer Sanierung besondere Sorgfaltspflichten auferlegt.
Und schließlich stellen die kleinen Öffnungen bzw. Durchdringungen wegen ihrer funktionalen Vielfalt eine Besonderheit dar. Der häufigste Fall dürften elektrische Leitungen, Rohre, Zu- und Abluftsysteme oder komplette Installationskanäle sein. Je nach baulicher Situation können aber auch Dehnfugen oder Revisionsöffnungen (z.B. in abgehängten Decken) eine Durchdringung im Sinne des Brandschutzes sein.
Eine dritte und sehr vielgestaltige Gruppe stellen Wandöffnungen dar, die sich aus der Gebäude-nutzung ergeben. In Produktionsgebäuden sind dies beispielsweise Fördersysteme von Raum zu Raum für die Produkte (Roll- und Förderbänder, Hängebahnen, Gebläse o.ä.). Aber auch ganz banale Öffnungen können – je nach baulicher Situation – die Schwächung des Feuerwiderstands einer Wand bewirken, etwa die Luke für das Durchreichen des Geschirrs in Küchen oder Kantinen.
Weitere Informationen
Brandschutzabschluss bei Förderanlagen in Produktions- und Dienstleistungsgebäuden (Stöbich Brandschutz GmbH & Co. KG) bba 542
Pyrodom-Brandschutzsystem für Bewegungsfugen an massiven Wänden und Decken (Felix Schuh+Co. GmbH) bba 543
Revisionsklappen mit Brandschutzanforderungen für Unterdecken, leichte Trennwände und Installationswände (Alutop, top System GmbH) bba 544
Richtlinie für Leitungsdurchführungen
Wie schon dargestellt, bilden Rohre und Kabel in der Regel die zahlenmäßig meisten Durchdringungen durch Bauteile mit einem bestimmten geforderten Feuerwiderstand. Für diesen Bereich gilt die Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie MLAR, derzeit aktuell in der Fassung vom März 2000. Nach Angaben in der Literatur sollen alle Bundesländer die Richtlinie in ihr Baurecht übernommen haben. Die MLAR versteht unter dem Begriff Leitungen sowohl elektrische Kabel als auch Rohre für die verschiedensten Medien. Der Abschnitt 4 beschäftigt sich mit der „Führung von Leitungen durch bestimmte Wände und Decken“, womit vor allem feuerbeständige Bauteile gemeint sind (F 90).
Zur Führung durch feuerhemmende Konstruktionen (F 30) trifft die Richtlinie keine Aussagen, jedoch lässt sich mancher Gedanke als Analogie übernehmen. Zusätzlich findet man bei vielen Herstellern von Abschottungen nach MLAR auch Planungshinweise und Lösungen für F 30-Bauteile.
„Nackt“ oder im Kanal
Die MLAR eröffnet dem Planer zwei grundsätzliche Möglichkeiten für die Leitungsführung durch feuerbeständige Bauteile: Entweder die Leitungen erhalten Abschottungen mit den Feuerwiderstandsklassen S 90 (für elektrische Leitungen) oder R 90 (für Rohre). Oder die Leitungen werden in Installationsschächten und -kanälen geführt, die den Qualitäten I 90 oder L 90 entsprechen und aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen.
Im ersten Fall liegt die Leitung also – im brandschutztechnischen Sinne – „nackt“ im Raum, dafür aber abgeschottet am Durchgang.
Im zweiten Fall ist die Leitung vom Raum durch einen Kanal abgekapselt und benötigt dann keine Abschottung am Wanddurchgang.
Der erste Fall dürfte bei relativ wenigen Leitungen oft der günstigere sein, weil innerhalb der Räume der Bau von feuerbeständigen Kanälen gespart wird. Dafür können allerdings Abschottungen an den Wand- oder Deckendurchgängen erforderlich sein. Viele Leitungen erfordern eventuell viele Abschottungen, wodurch eine Planung mit Abkapselung im Kanal dann besser sein kann. Es ist dies eine wirtschaftliche und ausführungstechnische Abwägungsfrage für den Planer.
Die aufwändigere Führung im Kanal bietet – ganz unabhängig von der Frage der Abschottung am Durchgang – den zusätzlichen Vorteil, dass bei einem Brand im Raum die Installationen besser geschützt sind und länger ihre Funktion erfüllen können.
Komplizierte Erleichterungen
Die beiden grundsätzlichen Möglichkeiten der Leitungsführung nach MLAR sind recht einfach nachzuvollziehen. Etwas kompliziert wird die Richtlinie leider im Abschnitt 4.2, der ironischerweise mit „Erleichterungen“ überschrieben ist.
Hier werden die Ausnahmen und Vereinfachungen dargestellt, die für einzelne Leitungen statthaft sind. Unter einer Reihe von bestimmten Bedingungen kann auf Abschottungen verzichtet werden. Es würde aber zu weit führen, diese Randbedingungen hier allgemein aufzuführen, die Richtlinie benötigt dafür fast anderthalb DIN A4 Seiten im besten Juristen-Deutsch.
Für ein konkretes Bauvorhaben kann es aber durchaus lohnen, den Abschnitt 4.2 bezogen auf den vorliegenden Einzelfall durchzusehen. Maßgeblich für die erlaubten Vereinfachungen sind u.a. der Abstand von Leitungen untereinander, der Durchmesser und der brennbare oder nichtbrennbare Charakter des Werkstoffs bei Rohren sowie die eventuelle Ummantelung der Leitungen mit nichtbrennbaren Dämmstoffen.
Treffen die jeweiligen Randbedingungen zu, dann reicht ggf. das einfache Verschließen des Durchbruchs mit Mörtel bzw. Beton.
Lösungen für Einzelleitungen
Da jetzt sehr viel von Ausnahmen die Rede war, ist vielleicht eine Zusammenfassung angebracht, wann Abschottungen bei Leitungsdurchführungen überhaupt geplant werden müssen:
wenn das Bauteil, durch das die Leitung führt, eine Anforderung an den Feuerwiderstand erfüllen muss,
wenn die Leitung nicht in einem Kanal mit entsprechender Brandschutzqualität geführt wird und
wenn keine der Erleichterungen für einzelne Leitungen nach Abschnitt 4.2 MLAR zutrifft.
Es benötigt also bei weitem nicht jedes Kabel oder Rohr eine Abschottung, aber in manchen Fällen wird der Planer diese Brandschutzelemente in Betracht ziehen müssen. Ihre Bauweisen können sehr verschieden sein. Beispielsweise werden Montageschäume, Spachtelmassen oder Spezialmörtel – teilweise in Kombination mit Mineralfaserdämmung – für den Verschluss des Freiraums zwischen Leitung und Wand eingesetzt.
Diese Lösungen sind vor allem für die Durchführung einzelner oder weniger Leitungen geeignet. Sowohl für Einzel- als auch für Vielfachdurchführungen lassen sich feste Rohrschalen, Dosen oder Hülsen verwenden, die im Ganzen in die Wand/Decke eingesetzt werden und innen mit einem weichen Material (Schaum, Mineralfasern) gefüllt sind.
Kombischotts
Außerdem gibt es Kissenschotts, Schaumblöcke oder Mineralfaserplatten, die eine größere Wand- oder Deckenöffnung verschließen.
Durch diese Elemente lassen sich mehrere Leitungen hindurchführen, auch ein nachträglicher Leitungseinbau ist meist problemlos möglich. Je nach den Aussagen im allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis können die plattenförmigen Abschottungen auch für die kombinierte Durchführung verschiedener Medien (Kabel, brennbare und nichtbrennbare Rohre) zulässig sein. Dies ist für die Planung ein Vorteil, weil sich eine Vielzahl von Leitungen durch eine gemeinsame Abschottung führen lassen.
In der Praxis tritt jedoch das Problem auf, dass verschiedene Gewerke (z.B. Sanitär und Elektro) am gleichen Schott arbeiten und dabei nicht immer für die erforderlichen Abstände der Leitungen sensibilisiert sind. Denn gemäß des jeweiligen Prüfzeugnisses müssen auch innerhalb eines Schotts meist bestimmte Mindest-Leitungsabstände untereinander eingehalten werden.
Wer also in der Planung ein Kombischott vorsieht, sollte in der Bauausführung unbedingt überprüfen, ob die Handwerker die notwendigen Abstände auch tatsächlich berücksichtigen.
Eventuell ist es sicherer, von vornherein jedem Gewerk sein eigenes Schott zuzuweisen.
Gerade brennbare Rohre oder Rohre, die bei Brandeinwirkung relativ schnell zerstört werden können (z.B. aus Glas oder Aluminium), erfordern eine besondere Aufmerksamkeit. Denn hier ist nicht nur der Spalt zwischen Leitung und Wand zu verschließen.
Im Falle eines Brandes muss sich auch im nach der Zerstörung offen liegenden Rohrquerschnitt selbst eine Barriere aufbauen. Dies wird mit so genannten intumeszierenden Materialien erreicht. Das sind Werkstoffe, die unter Hitzeeinwirkung bei einer definierten Temperatur ihr Volumen vergrößern und auf diese Weise den Rohrquerschnitt im Brandfall schließen. Die intumeszierenden Materialien stehen als Wickelband zur Verfügung, das der Verarbeiter in der erforderlichen Dicke um das Rohr wickelt. Außerdem gibt es fertige Rohrmanschetten, in die das Material eingelegt ist und die auf das Rohr aufgesetzt werden.
Produktauswahl
Neben den sehr variablen Bau-weisen der Abschottungen sind bei der Planung ebenso die jeweiligen Einsatzbedingungen gemäß Prüfzeugnis zu berücksichtigen.
Relevante Kriterien sind beispielsweise der Durchmesser der jeweiligen Leitung, bei Rohren zudem das Material und das durchgeleitete Medium sowie die Abstände der Leitungen untereinander.
Zusätzlich zum Feuerwiderstand können die Schotts je nach Bauart weitere Aufgaben übernehmen, etwa den luftdichten Abschluss der Durchdringung oder die Körperschallentkopplung zwischen Rohr und Wand/Decke.
Die Vielfalt in Funktion und Bauweise führt zu teilweise sehr umfangreichen Sortimenten bei den Anbietern, die in ihren Produktunterlagen jedoch meist Hilfestellungen bei der Produktauswahl geben.
Markus Hoeft
Weitere Informationen
Brandchemie GmbH bba 545
Doyma GmbH & Co. bba 546
G + H Isolierung bba 547
Minimax bba 548
E. Missel GmbH & Co. bba 549
OBO Bettermann bba 550
PYRO-FOX Brandschutzservice bba 551
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