Startseite » Brandschutz »

Kein Weg für Feuer und Flamme

Durchdringungen
Kein Weg für Feuer und Flamme

Markus Hoeft

Stadtbrände waren früher u.a. deshalb so verheerend, weil sich die Flammen leicht und schnell in ganzen Stadtvierteln ausbreiten konnten, zum Beispiel über die Dächer.
In den Landesbauordnungen findet sich deshalb heute stets die Bestimmung, dass Bedachungen ganz allgemein – also egal ob geneigtes Dach oder Flachdach – widerstandsfähig gegen Flugfeuer und strahlende Wärme sein müssen (harte Bedachung).
Die Forderung berücksichtigt vor allem die Brandbeanspruchung von außen: Ein Feuer in angrenzenden oder benachbarten Gebäuden soll möglichst nicht auf das Dach übergreifen können.
Brandbeanspruchung von innen
Mit dem heutigen Stand der Technik und bei Einhaltung der geltenden Brandschutzvorschriften lässt sich das Problem der äußeren Brandbeanspruchung in der Regel befriedigend lösen.
Gerade darum gewinnt aber eine neue Fragestellung an Bedeutung, nämlich die nach der Brandbeanspruchung von innen. Zum einen darf das Dachtragwerk in diesem Fall nicht schlagartig zusammenbrechen.
Zum anderen sollen sich die Flammen, aber auch die Brandhitze und die zumeist giftigen Brandgase nicht über das Dach im Gebäude ausbreiten können.
Das gilt speziell für ausgedehnte Gebäude, wie sie beispielsweise als Produktions- und Lagerhallen in Industrie- und Gewerbe, aber auch als Einkaufszentrum oder Parkhaus errichtet werden.
Im Innern wird die Ausbreitung eines Feuers bei diesen Bauwerken durch die Bildung von Brandabschnitten, die Errichtung von Brandwänden mit genau definierten Eigenschaften oder den Einbau von Rauchschürzen unter der Decke behindert. Diese Maßnahmen entfalten ihre Schutzwirkung aber nur dann, wenn die Flammen und Brandgase sie nicht über das Dach „umgehen“ können.
Große Hallenbauten werden typischerweise mit Flachdächern ausgeführt.
Als besonders brandgefährdet gelten dabei Leichtdachkonstruktionen mit Stahltrapezblechen. Die Hitze wird durch die dünnen Bleche sehr schnell in den Dachaufbau übertragen. Zudem bilden die Profilierungen der Trapezbleche einen Weg für die Brandausbreitung. Auch die Luftschicht in Kaltdächern kommt als potenzieller Übertragungsweg in Frage.
Ein besonders sensibler Punkt sind alle Durchdringungen des Flachdachs. Neben den großen und kaum zu übersehenden Öffnungen für Lichtkuppeln oder Lichtbänder müssen ebenso die kleinen Durchbrüche für die Be- und Entlüftung sowie die Dachentwässerung in das Brandschutzkonzept einbezogen werden.
Gerade die Kleinheit kann zu einem Problem für die Planung sowie die Bauausführung und -überwachung werden.
Der Brandschutz des Dachgullys oder der Lüfterrohre scheint auf den ersten Blick ein unwichtiges Randthema zu sein, über das in der Vergangenheit kaum jemand nachgedacht hat. Dementsprechend gering ist die Sensibilisierung für das Thema in der Praxis. Die Theorie ist hier weiter, denn es gibt inzwischen zwei Normenteile, die sich ausdrücklich und ausschließlich mit dem Brandschutz bei Durchdringungen am Flachdach befassen.
Eigene Norm für Brandschutz am Flachdach
Die grundlegenden Forderungen zum Brandschutz sind in den Landesbauordnungen (LBO) enthalten.
Für Sonderbauten kommen außerdem weitere Regelwerke in Betracht, in Bezug auf Flachdächer vor allem die Muster-Industriebaurichtlinie (M IndBauRL) oder auch die Garagenbauverordnung (GarVO).
Über die Details des Brandschutzes bei Durchdringungen ist darin eher wenig zu finden.
Doch formuliert beispielsweise die M IndBauRL: „Im Bereich von Durchdringungen ist durch konstruktive Maßnahmen eine Brandweiterleitung zu behindern“ (Punkt 5.11.3).
Wie das geschehen kann, beschreibt die schon erwähnte DIN 18234.
Sie besteht aus vier Teilen, die alle im September 2003 nach grundlegender Überarbeitung neu erschienen sind.
Dabei wurde aus dem Titel der Begriff „Industriebau“ entfernt, so dass die Norm universell anwendbar ist.
Die Teile 1 und 2 beschäftigen sich mit geschlossenen Dachflächen (und sollen hier nicht weiter besprochen werden).
Für Durchdringungen sind die Normenteile 3 und 4 relevant. Teil 3 beschreibt die grundsätzlichen Anforderungen und nennt zwei Wege, wie die Eignung bestimmter Lösungen nachgewiesen werden kann.
Entweder es wird eine Brandprüfung vorgenommen, wie sie im Abschnitt 7 desselben Normenteils 3 beschrieben ist.
Oder es wird ein Aufbau verwendet, der im Normenteil 4 aufgeführt ist.
Teil 4 hat für den Architekten und seine planerische Arbeit damit die vielleicht höhere Bedeutung, weil bei der Verwendung der dort gezeigten Lösungen auf die aufwändige Brandprüfung verzichtet werden kann.
Wärmedämmung und Abschottung
DIN 18234 unterscheidet kleine, mittlere und große Durchdringungen des Flachdachs. Kleine Durchdringungen sind Rohre, Dachabläufe, Kabeldurchführungen oder ein Stützenfuß bis 30 x 30 cm bzw. bis 30 cm Durchmesser.
Zur mittleren Kategorie gehören z.B. Lichtkuppeln, RWA-Geräte oder Rohrdurchführungen bis 3 x 3 m (bzw. 3 m Durchmesser).
Alles darüber wird als große Durchdringung angesehen, die in der Praxis hauptsächlich in Form von Lichtbändern auftreten dürfte.
Um den Eintritt der Flammen in das Flachdach zu verhindern, werden an allen Durchdringungen sowie An- oder Abschlüssen bestimmte Qualitäten der Wärmedämmstoffe gefordert:
  • nicht brennbare Baustoffe nach DIN 4102–1 mit einem Schmelzpunkt von mindestens 1 000 °C,
  • Phenolharz-Hartschaum nach DIN 18 164–1,
  • expandierte mineralische Baustoffe mit allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung des DIBt.
Unter den gängigen Dämmstoffen kommen also vor allem Mineralwolle, Schaumglas, das eigens erwähnte Phenolharz, Perlite oder andere mineralische Blähstoffe in Frage, sofern Randbedingungen wie Schmelzpunkt bzw. Zulassung jeweils erfüllt sind.
Um kleine Durchdringungen herum ist die Wärmedämmung in einer Größe von 1 x 1 m mit den genannten Stoffen auszuführen. Bei mittleren und großen Durchdringungen ist ein umlaufender Streifen von 50 cm Breite so auszuführen.
Zusätzlich und unabhängig von der Größe sind bei profilierten Baustoffen (also beispielsweise Trapezblechen) und bei zweischaligen Dächern die Hohlräume abzuschotten. Die Abschottung, z.B. mit Sickenfüllern, muss aus mindestens 12 cm langen Formstücken sowie aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen. Die Abschottungen sind in einer Linie anzuordnen und müssen alle von der Durchdringung angeschnittenen Hohlräume abdecken.
Für Lichtkuppeln oder Lichtbänder sind zusätzliche Maßnahmen erforderlich, wenn die Aufsetzkränze aus Holz, Brettschichtholz oder schmelzbaren Materialien bestehen oder die Dachbahn am Aufsetzkranz hochgeführt wird oder die transparenten Lichtflächen seitlich auskragen.
Die Lichtfläche selbst darf normalentflammbar (B2) sein, jedoch nicht brennend abtropfen.
Brandschutz am Gully oder Entlüfter
Bestehen bei den kleinen Durchdringungen die Gullys, Lüfterrohre oder Abwasserleitungen aus thermoplastischen Stoffen, ist im Brandfall damit zu rechnen, dass das Material schmilzt.
Die freiwerdende Öffnung stellt einen möglichen Ausbreitungsweg für die Flammen dar und muss sich deshalb selbständig verschließen.
Es gibt zwei Möglichkeiten des Öffnungsverschlusses, die sich auch miteinander kombinieren lassen. Zum einen können Gullys oder Lüfter mit mechanischem Feuerschutz verwendet werden. Eine Klappe oder eine kleine Platte verschließt hier die im Brandfall freigeschmolzene Öffnung.
Als andere Möglichkeit nennt DIN 18234–4 Rohrabschottungen R 30 nach DIN 4102–11.
Sie werden aus so genannten intumeszierenden Materialien hergestellt. Das sind Werkstoffe, die unter Hitzeeinwirkung bei einer definierten Temperatur ihr Volumen vergrößern und auf diese Weise den freien Querschnitt im Brandfall schließen.
Die intumeszierenden Materialien stehen als Wickelband zur Verfügung, das der Verarbeiter in der erforderlichen Dicke um das Rohr wickelt. Außerdem gibt es fertige Rohrmanschetten, in die das Material eingelegt ist und die auf das Rohr aufgesetzt werden.
Dachgullys mit Brandschutzausrüstung werden auch als komplette Fertigteile angeboten. Sie bieten eine hohe Sicherheit gegen Montagefehler und kombinieren teilweise die mechanische Wirkung einer Platte mit der abschottenden Wirkung der intumeszierenden Materialien.
Neben den Anwendungen nach DIN 18234 können Dachentwässerungen oder Lüfterrohre mit selbstschließender Funktion im Brandfall außerdem ein zweites Detail des Brandschutzes am Flachdach lösen. Denn nach den LBO sind für Durchdringungen bestimmte Abstände von Brandwänden oder aufgehenden Wänden mit Fenstern zu beachten. Wenn sich diese Mindestabstände im Einzelfall nicht einhalten lassen, kann die Ertüchtigung der Durchdringung auf R 30 Abhilfe schaffen.
Produkte
Rohrabschottungen werden nicht nur für Flachdächer benötigt, sondern beispielsweise auch bei Durchführungen durch Decken oder Wände mit Brandschutzanforderungen.
Es gibt deshalb Hersteller mit universellen und oft sehr umfassenden Sortimenten zum Brandschutz bei (Rohr-)Durchdringungen.
Bei der Produktauswahl ist zu beachten, ob eine bestimmte Lösung für den Einsatz am Flachdach mit seiner konkreten Bauweise geeignet ist. Hilfestellung bei der Auswahl geben in der Regel die Produktunterlagen oder auch der technische Außendienst des Anbieters.
Weitere Informationen
Brandchemie GmbH bba 540
Doyma bba 541
G + H Isolierung bba 542
Minimax bba 543
E. Missel GmbH bba 544
Pyro-Fox- Brandschutzservice bba 545
Daneben gibt es Anbieter, die sich hauptsächlich auf Angebote für das Flachdach bzw. die Gebäudeentwässerung konzentrieren.
Ihre Sortimente sind in der Regel kleiner, dafür aber spezieller.
Weitere Informationen
ACO Passavant bba 546
alwitra Flachdach-Systeme bba 547
Dallmer bba 548
FDT FlachdachTechnologie bba 549
Geberit bba 550
Sita Bauelemente bba 551

DIN 18234 Baulicher Brandschutz großflächiger Dächer –
Brandbeanspruchung von unten
( Alle Normenteile Ausgabe 2003 )
Teil 1: Begriffe, Anforderungen und Prüfungen; Geschlossene Dachflächen
Teil 2: Verzeichnis von Dächern, welche die Anforderungen nach DIN 18234-1 erfüllen; Geschlossene Dachflächen
Teil 3: Begriffe, Anforderungen und Prüfungen; Durchdringungen, Anschlüsse und Abschlüsse von Dachflächen
Teil 4: Verzeichnis von Durchdringungen, Anschlüssen und Abschlüssen von Dachflächen, welche die Anforderungen nach DIN 18234 erfüllen
Unsere Top-3-Projekte des Monats
MeistgelesenNeueste Artikel

Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der bba-Infoservice? Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Medien GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum bba-Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des bba-Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de