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Durchlässig nachverdichtet: Dachaufstockung mit großen Fensterflächen

Dreigeschossige Aufstockung eines Gründerzeitgebäudes in Wien
Durchlässig nachverdichtet

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Die Wohnungsknappheit in Wien zwingt zur Nachverdichtung. Goos Architekten planten in der Nähe des Westbahnhofs eine dreigeschossige Aufstockung, die eine solide Detailarbeit verlangte und auf besondere Materialien setzt. Großflächige Fenster belichten nicht nur die Innenräume, sondern stellen auch eine Verbindung zur Stadt her.

Anforderung:

Dreigeschossige Dachaufstockung mit hellen Räumen

Lösung:

Französische Fenster mit im Glas integriertem Sonnenschutz und Schalldämmung


Jörg Pfäffinger | be

Das Gründerzeithaus wurde erweitert um zusätzliche drei Geschosse. Die Schaffung von modernen und hochwertigen Wohnungen sowie die Entwicklung von maximalen räumlichen Qualitäten stand trotz niedriger Raumhöhen und reduzierter Baukosten im Vordergrund: durchlässig nachverdichtet.

Der moderne Baukörper, der sich farblich kontrastierend auf dem Bestand aufrichtet, übernimmt dessen Fensterachsen und Proportionen, unterscheidet sich jedoch durch Material und Öffnungsgrößen. Homogen wird der neue Aufbau durch eine von der Fassade auf das Dach durchgehende Materialität sowie durch stark reduzierte Detailausbildungen. Die klassischen Fenster aus dem Bestand wurden im aufgestockten Fassadenbild durch französische Fensterformate ergänzt. So ermöglichen die bodentiefen Fenster nicht nur eine verbesserte Belichtung, sondern auch einen stärkeren Bezug zwischen Innen- und Stadtraum.

Ertüchtigung und Aufstockung

Das dreigeschossige Gründerzeithaus aus dem Jahr 1895 war bis 1905 zweigeschossig. Darin liegt auch eine Besonderheit des Objektes, denn die Decke zum (damaligen) Dachgeschoss, eine Dübelbalkendecke, lag jetzt eine Etage tiefer, über ihr eine Tramdecke. Diese Decken waren im Wiener-Standard-Bau als Geschossdecke üblich.

Auf diese Bausubstanz waren nun drei weitere Geschosse mit sechs Wohneinheiten aufzubringen. Dazu Architekt Goos: „Das Objekt ist in die OIB RL 2, Gebäudeklasse 5 eingestuft und damit waren alle entsprechenden Auflagen zu erfüllen: das erste Geschoss der Aufstockung, das 3. OG war in EI 90 und A2 herzustellen, es durften also keine brennbaren Materialien in den tragenden Wänden oder der Trenndecke zum nächsten darüberliegenden Geschoss verwendet werden. Nach diesen Vorgaben war in diesem Bereich daher eine übliche Holzausfachung der Hauptstahlkonstruktion nicht zulässig, darüber erst war Holz mit einer Verkleidung in EI 60 möglich. Wäre die bisherige Bausubstanz tragfähiger gewesen, hätten wir das erste neue Geschoss gemauert bzw. in Massivbauweise hergestellt. So aber blieb nur eine Stahlkonstruktion mit speziellen Ausfachungen, u.a. einem Leichtbau-Fassadenprofil-System für Wände und Decken.“ Dabei ist die Decke vom 3. OG ins 1. Dachgeschoss als Trapezblechdecke ausgeführt.

Anspruchsvoll waren die notwendigen Verstärkungen im Bestand. Dazu Goos: „Wir mussten fast jede Einheit des Bestandes ertüchtigen, dort haben wir mehr als 12 t Stahl verbaut. Auch mussten wir eine 40 cm starke Stahlbeton-Bodenplatte im Keller abschnittsweise einbringen, denn derartig alte Gebäude weisen nur geringe Fundamenttiefen auf, die bei Belastung seitlich wegbrechen. (…) In nur drei Wochen wurde der Bestand massiv verändert. Da sämtliche Objekte im Bestand vermietet waren, wurde ein Teil der Umbauten im laufenden Betrieb umgesetzt, für andere musste die Nutzungsunterbrechung auf ein Mindestmaß reduziert, die Arbeitsabläufe daher detailliert geplant und abgestimmt werden.“ Für die Baumaßnahmen wurde u. a. auch die Sommerpause des im Haus befindlichen Kindergartens genutzt.

Zur Architektur sagte Goos: „Das oberste Dachgeschoss weist durch seine Ausschnitte und Gaubenausbildungen eine eigene Formensprache auf, in den unteren zwei Geschossen haben wir die Fensterachsen des Bestandes übernommen. Die Struktur des Bestandes sollte sich auf den Neubau übertragen, sich jedoch durch ein neues Material und andere Farbigkeit differenzieren. Die gesamte Aufstockung präsentiert sich dennoch als eine Einheit mit einer durchgängigen Materialität. Die zwei Regelgeschosse (3. OG und 1. DG) sind zudem eine Weiterführung des Bestandes im Grundriss, wobei wir die zentrale Sanitäranordnung des Altbaus, die den Installationsführungen beim Treppenhaus geschuldet sind, für eine zeitgemäßere Grundrissgestaltung dezentralisiert haben.“

Für den geforderten Schallschutz seien die schweren EI90 und A2-Beplankungen mit ihren 2 x 1,5 cm Gipskartonfeuerschutzplatten und einer vorgesetzten Installationsebene sowie außenliegenden Knauf Aquapaneel-Platten vorteilhaft gewesen, so Goos.

Durchlässig: Wahl und Einbau der Fenster

Die Fenster wurden von Internorm geliefert und mit einem Montagekleb- und Dichtstoff von Sika verklebt. Der Fensterhersteller stellt Architekten bei Bedarf einen Berater zur Seite, der neutral informiert. Architektenberater Markus Riel ergänzt: „Auch für die Fenster haben hohe Schallschutzanforderungen gegolten, zusätzlich war ein Sonnenschutz obligatorisch. Der Einbau sowohl der bündigen Führungsschienen sowie des Einbauelements für die Außenjalousien stellte sich als sehr aufwändig heraus. Als Lösung bot sich eine Entwicklung von Internorm an, welche in einem Verbundfenster-System in Kunststoff-Aluminium den Sonnenschutz im Flügel integriert. Das System KV 440 besteht aus einem vollwertigen Isolierglasfenster, davor ein Luftraum mit dem Sonnenschutz und außen einer Prallscheibe. Das System kann zur Wartung geöffnet werden.“

Damit waren Fragen zu Führungsschienen und Kasten kein Thema mehr gewesen. Dank der Sika-Verklebetechnologie kann der Planer mit den Ansichten schmal bleiben. Nicht unwesentlich im städtischen Bereich ist die Windbelastung für den Sonnenschutz: In den hier verwendeten Fenstern ist der integrierte Sonnenschutz durch seine Position hinter Glas davon nicht betroffen. Darüber hinaus ergibt nach Herstellerangabe die zusätzliche Schicht für den Sonnenschutz einen verbesserten Schallschutz.

Zum Sonnenschutz führte Goos weitere Details aus: „Effizienter Sonnenschutz wird als Thema immer aktueller und eine sinnvolle Lösung war für dieses Projekt essentiell. Wien gilt als windstarke Region, welches sich vor allem bei Dachgeschossausbauten bemerkbar macht und dort seine wesentlichen Auswirkungen hat. Der Vorteil einer Jalousie gegenüber einem Rollo liegt im Hinblick auf die Architektur im Vorteil der möglichen Lichtsteuerung bzw. -lenkung.” Dazu Riel: „Bei Wind fährt der Windwächter außen geführte Jalousien wie auch Raffstores hoch, so dass dann kein Sonnenschutz mehr gegeben ist. Als Ergebnis werden windresistente oder windgeschützte Systeme immer notwendiger. Gegen außenliegende Jalousien spricht auch die innerstädtische Luftverschmutzung, die häufige Reinigungsarbeiten nach sich zieht sowie die Wartungsanfälligkeit durch Beschädigungen.“

Die Schallschutz-Anforderungen bei diesem Objekt bedingten ein hohes Flügelgewicht, daher liegen die Maße dieser im 3. OG sowie 1. DG eingesetzten Fenster bei 115 x 225 cm. Dabei war das maximale Fenstermaß durch das Flügelgewicht für den Dreh-Kipp-Beschlag vorgegeben gewesen, erklärte Riel. Er wies er darauf hin, dass der Wunsch nach großen Gläsern mit hohen Schallschutz-Anforderungen ein hohes Elementgewicht ergäbe das wiederum durch die Möglichkeiten der Beschlagsarten eingeschränkt wird. Nicht zuletzt kann das hohe Flügelgewicht auch die Alltagstauglichkeit beeinträchtigen. Sein Statement: „Nicht jeder Bewohner kann bei Wind einen 130 kg schweren Flügel handhaben.“

Die Fenster weisen einen U-Wert von 0,77 W/m2K auf und einen Schallschutzwert von max. 41 dB. Um hier überdurchschnittliche Werte zu erhalten, wurde die Einbaufuge innen mit Gipskarton verkleidet. Drei Jahre dauerte es von der ersten Planung bis zur Fertigstellung. Das DG wurde von einem anderen Hersteller mit Fenstern und Hebe-Schiebetüren ausgestattet.


Planung: Architekt Dipl.-Ing. Stephan Goos, GOOS Architekten, Wien
www.goos.at

 


Architekt Stephan Goos: „Bei vielen Aufstockungen und DG-Ausbauten wird die Fenstergröße auf ein für die notwendige Belichtung Mindestmaß reduziert. Unser Ziel war es, trotz der geringen Raumhöhen von 250 cm als gesetzlich vorgeschriebene Mindestraumhöhe (…) ein großzügiges Raumgefühl durch die Verwendung der französischen Fenster zu erzeugen. Dabei sollen die tiefen Laibungen zudem die Möglichkeit einer straßenseitigen Begrünung der Fassaden (Stellbereiche für Topfpflanzen) bieten.”


Mehr Licht trotz Sonnenschutz – kein Widerspruch beim Kunststoff/Aluminium-Verbundfenster KV 440: Sonnen- und Sichtschutz ist zwischen den Scheiben eingebaut und bietet mit besten Wärme- und Schalldämmwerten Vierfach-Schutz in einem Fensterelement. Wärmedämmung bis Uw = 0,64 W/(m2K), Schallschutz bis 45 dB.

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