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Blendschutz folgt freier Form

Neubau eines Bürogebäudes in Basel
Blendschutz folgt freier Form

Minimalismus, Strukturalismus, Dekonstruktivismus: Die verschiedenen Architekturstile stellen höchst unterschiedliche Anforderungen an die Fassadengestaltung, insbesondere an den Sonnenschutz. Während es bei einfachen Gebäudeformen vor allem um Material und Flächenwirkung geht, ist beim Dekonstruktivismus die Technik entscheidend – wie das Gebäude Novartis in der Fabrikstraße 15 zeigt.

Das vom Architekturbüro Gehry Partners, Los Angeles, entworfene Gebäude auf dem Basler Novartis-Campus ist ein Paradebeispiel für den dekonstruktivistischen Stil: Bei der exzentrischen Freiform-Fassade scheinen sich die Bauelemente ineinander zu falten und gegenseitig zu überlagern. Symmetrie, gerade Linien und rechte Winkel sucht der Betrachter vergeblich. Im Gegenteil ist die Architektur- skulptur äußerst dynamisch und unkonventionell – was zur Intention des Bauherren passen dürfte: Bis zum Jahr 2030 will die Novartis Pharma AG das Werksareal St. Johann in einen Campus des Wissens, der Innovation und der Begegnung umgestalten und hier ein „Konzept des freien Denkens“ realisieren.

Vor der Fertigstellung des 30 m hohen Gebäudes stellte die eindrucksvolle Fassade, die aus einer Stahl-Pfosten-Riegel- sowie Aluminium-Elementkonstruktion von Gartner besteht, jedoch alle Projektpartner vor große Herausforderungen. Beispiel Sonnenschutz: Da sich im Inneren Büroarbeitsplätze, eine Bibliothek, ein Computerzentrum sowie ein Auditorium befinden, musste die Außenhülle aus ca. 8 000 m² dreifacher Isolierverglasung im ganzen Gebäude mit einem innenliegenden Blendschutz versehen werden.
Angesichts dieser Aufgabe ließ das Planungsteam Testanlagen verschiedener Hersteller installieren. Diese wurden während der Testphase mehrfach begutachtet, bewertet und modifiziert. Letztendlich konnte sich ein süddeutsches Unternehmen für das Projekt qualifizieren, dessen Blendschutz in Optik und technischer Ausführung weltweit einzigartig sein dürfte: die Clauss Markisen Projekt GmbH – CM. Neben den guten Testergebnissen konnten die Spezialisten für innen- und außenliegenden Sonnenschutz entsprechende Referenzen vorweisen, wie beispielsweise die textile Gebäudeinnenhülle für die Philologische Bibliothek der Freien Universität Berlin, die für Sir Norman Foster and Partners realisiert wurde.
Blendschutz und Luftlenkung
Um ein angenehmes Gebäudeklima zu schaffen, konzipierte CM 417 Gegenzuganlagen, die mit nahezu 5 000 m² beschichtetem Polyestergewebe bespannt sind. Diese laufen teilweise von oben nach unten, teilweise umgekehrt mit untenliegender Wickelwelle oder sogar in schräger Richtung. Die größten Anlagen messen dabei bis zu 6 m in der Breite und weisen eine Auszugslänge von 12 m auf.
Damit der Blendschutz dem polygonalen Verlauf der Fassade folgen kann, wurden die Behänge in drei Grundgeometrien konzipiert: als Rechtecke, Trapeze und Dreiecke. Bei den Dreiecksanlagen führen zudem mehrere Umlenkrohre den Blendschutz eng an der Innenseite der Gebäudehülle entlang. Diese Nähe zur Fassade, die Überlappung der Behänge sowie die Low-e-Beschichtung mit geringem Wärme-Emissionsgrad sind im Hinblick auf die Entlüftung von großer Bedeutung: Damit die warme Luft im oberen Bereich des Gebäudes abgesaugt werden kann, muss sie zwischen Blendschutz und Fassade aufsteigen – mit möglichst geringem Luftstromverlust in Richtung Innenraum.
Keine Anlage von der Stange
Aufgrund der unterschiedlichen Winkel und Flächengeometrien im Inneren mussten für jede der 417 Anlagen individuelle Bewegungskonsolen und Behänge geplant werden. Hierzu war eine enge Abstimmung mit Architekten, Fassadenplanern und weiteren Beteiligten unabdingbar. Ausgangspunkt war das CATIA-3D-Modell von Gehry Partners, in das der Blendschutz mit Hilfe des Programms „Inventor“ komplett als Volumenmodell eingepasst wurde. So konnten die Anbindungen des Sonnenschutzes an das Gebäude, die genaue Geometrie der Tücher sowie mögliche Kollisionspunkte mit anderen Gewerken ermittelt werden. Die planungstechnische Abstimmung zwischen Süddeutschland, Basel und Los Angeles erfolgte über wöchentliche Online-Meetings. Ein Aufwand, der sich gelohnt hat: So konnte eine völlige Übereinstimmung der Sonnenschutzplanung mit den örtlichen Gegebenheiten sowie eine hohe Planungssicherheit für die Gewerke erreicht werden.
Neben der planerischen Leistung war auch das handwerkliche Können der CM-Produktion gefragt – beispielsweise bei den Dreieckstüchern. Um eine perfekte Optik und ein einwandfreies Wickelverhalten zu erreichen, muss der Fadenlauf des Gewebes parallel zum Kraftverlauf liegen. Hierzu wurden die Tücher in der CAD-Planung in Segmente aufgeteilt und computergesteuert zugeschnitten. Anschließend wurden die Segmente zu Dreiecken verschweißt, was viel Sorgfalt und Know-how erforderte. Diese handwerklich hochwertige Verarbeitung ist seit der Fertigstellung 2009 im ganzen Gebäude erlebbar.
Konzept des freien Denkens
Heute, gut ein Jahr nach der Übergabe, blickt CM-Projektleiter Klaus Westenberger zufrieden auf das entstandene Blendschutzsystem: „Für uns war es das erste dekonstruktivistische Gebäude und es stellte uns vor riesige Herausforderungen: Stürzende Linien, teilweise sogar Bögen, die schwierige Überlappung der Behänge, ein hoher Anspruch an die Optik.“ Mit moderner IT und technischer Erfahrung konnte CM hier die passenden Lösungen entwickeln. Den wichtigsten Erfolgsfaktor sieht Westenberger aber in der Einstellung des Projektteams: „Wir als Ingenieure mussten uns auf den dekonstruktivistischen Stil einlassen, sozusagen das ‚Konzept des freien Denkens‘ mittragen. Nur mit dieser inneren Bereitschaft und einer Begeisterung für den Entwurf konnten wir das Projekt umsetzen und zu einem Erfolg machen.“ Damit bringt er die wichtigste Voraussetzung für die Entstehung dekonstruktivistischer Meisterwerke auf den Punkt: eine offene, unvoreingenommene Geisteshaltung aller Beteiligten.
Architekten: Gehry Partners, Los Angeles
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