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Wirksam und wartungsfrei

Schallschutz: Neue Erkenntnisse über die DIN 4109 hinaus
Wirksam und wartungsfrei

Dipl.-Ing. (FH) Frank Neumann, KG Kalksandsteinwerk Wiesbaden GmbH & Co. und Dipl.-Ing. (FH) Olaf Schröder, Rodgauer Baustoffwerke GmbH & Co. KG / red.

Da Schallschutz einen erheblichen Einfluss auf die Komfortbewertung von Gebäuden hat, werden 20 % aller Baustreitigkeiten wegen mangelhaftem Schallschutz geführt.
Diese Schäden zu sanieren, ist extrem teuer. Die aktuelle Rechtsprechung besagt zudem, dass mangelnder Schallschutz zu Verkehrswertminderungen von 5 bis 20% führen kann.
DIN 4109 und EN 12354
Der bauliche Schallschutz wird nach der Schallschutznorm DIN 4109 geregelt. Sie besteht aus:
  • DIN 4109 Schallschutz im Hochbau, Anforderungen und Nachweise.
  • Beiblatt 1 zu DIN 4109 Schallschutz im Hochbau, Ausführungsbeispiele und Rechenverfahren
  • Beiblatt 2 Schallschutz im Hochbau, Hinweise für Planung und Ausführung, Vorschläge für den erhöhten Schallschutz, Empfehlungen für den Schallschutz im eigenen Wohn- und Arbeitsbereich.
Ziel der DIN 4109 ist der Schutz von Menschen vor „unzumutbaren Belästigungen“. Wie man unschwer am Ziel der Norm erkennen kann, handelt es sich bei DIN 4109 lediglich um Mindestanforderungen.
Eine Einhaltung dieser Mindestanforderungen gewährleistet nicht, dass die allgemein anerkannten Regeln der Technik eingehalten sind. Daher sollte mindestens nach DIN 4109 Beiblatt 2 geplant und gebaut werden.
Weitere Sicherheit gibt die Berechnung des Schallschutzes nach dem Berechnungsverfahren DIN EN 12354. Dieses Berechnungsverfahren ist bereits seit längeren im Weißdruck erschienen. Baurechtlich wird der Nachweis nach DIN 4109 geschuldet, jedoch empfiehlt es sich bereits jetzt, Schwachpunkte dieser Berechnung mit dem Nachweisverfahren der EN 12354 zu erkennen und zu verhindern.
Zu den Schwachstellen zählen hauptsächlich die Stoßstellendämmung sowie der Einfluss der Flankenübertragung der Außenwand besonders mit schalltechnisch ungünstiger Lochung.
Was wird geschuldet
Aus baurechtlicher Sicht werden lediglich die Mindestanforderungen der DIN 4109 geschuldet (Schutz vor unzumutbarer Belästigung). Privatrechtlich wird hingegen eine ordnungsgemäße Leistung geschuldet.
Hierzu wird auf die VOB / B verwiesen:
  • § 4 Nr. 2 (1): „Der Auftragnehmer hat die Leistung unter eigener Verantwortung nach dem Vertrag auszuführen. Dabei hat er die anerkannten Regeln der Technik und die gesetzlichen und behördlichen Bestimmungen zu beachten.“
  • § 13 Nr. 1: „ Der Auftragnehmer übernimmt die Gewähr, dass seine Leistung zur Zeit der Abnahme die vertraglich zugesicherten Eigenschaften hat, den anerkannten Regeln der Technik entspricht und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern.“
Aus diesen Paragrafen geht eindeutig hervor, dass die Mindestanforderungen in der Regel nicht ausreichend sind. Sollten sie nicht eindeutig vereinbart sein, gelten nach den anerkannten Regeln der Technik die Werte der DIN 4109 Beiblatt 2.
Hierbei bleibt noch zu erwähnen, dass die Hinweispflicht, dass es sich bei der DIN 4109 lediglich um Mindestanforderungen handelt, beim Entwurfsverfasser liegt.
Ein Auszug aus der DIN 4109 soll den Stellenwert aufzeigen:
„In dieser Norm sind Anforderungen an den Schallschutz mit dem Ziel festgelegt, Menschen in Aufenthaltsräumen vor unzumutbaren Belästigungen durch Schallübertragungen zu schützen. (…) Aufgrund der festgelegten Anforderungen kann nicht erwartet werden, dass Geräusche von außen oder aus benachbarten Räumen nicht mehr wahrgenommen werden. (…) Die Anforderungen setzten voraus, dass in benachbarten Räumen keine ungewöhnlich starken Geräusche verursacht werden.“
Daraus ergibt sich insbesondere die Notwendigkeit gegenseitiger Rücksichtnahme. Ungestörtes Wohnen in den eigenen vier Wänden ist hierbei nicht sichergestellt.
Gewährleistungsansprüche können gegenüber dem Bauausführenden auch geltend gemacht werden, wenn zwar der Mindestschallschutz der Norm eingehalten wurde, jedoch mit mängelfreier Ausführung ein höherer Schallschutz zu erwarten gewesen wäre.
Der Stumpfstoß bauphysikalisch
Bekannt ist, dass das Schalldämmmaß durch das Direktschalldämmmaß des trennenden Bauteils sowie über je 3 Flankendämmmaße je Flanke beeinflusst wird. Somit ergeben sich je trennendes Bauteil 13 Schallübertragungswege.
Eine entscheidende Rolle für das Gesamtschalldämmmaß der Konstruktion spielt hierbei die Ausbildung des Stumpfstoßes. Denn bei dem biegesteifen Anschluss wird die durchlaufende flankierende Wand von der Trennwand gehalten. Durch diese Halterung kann die Außenwand nicht ungehindert schwingen.
Ausführung des Stumpfstoßes
Bei dem klassischen Stumpfstoß stößt die Innenwand stumpf an die Außenwand. Die Stumpfstoßfuge ist vollflächig zu vermörteln. Hierbei ist bei Plansteinmauerwerk vor dem Versetzen Dünnbettmörtel vollflächig und in der richtigen Konsistenz auf der Stoßstelle aufzuziehen.
Bei Mauerwerk in Normalmörtel ist dieser vollflächig vor dem Vermauern an die Außenwand anzuwerfen. Der erste Stein wird so eng an die Außenwand gemauert, dass der Mörtel aus der Fuge herausquillt und bündig abgezogen werden kann.
Häufige Ausführungsfehler:
  • Stoßfuge ist nicht vollflächig vermörtelt
  • Stoßfuge ist zu dick ausgeführt, was zum nachträglichen Schwinden des Mörtels und somit zum Abriss des Stumpfstoßes führt
  • Stoßfuge ist unvermörtelt
  • Stoßfuge ist nachträglich vermörtelt. Die Vollflächigkeit kann nicht mehr gewährleistet werden.
Die Auswirkung ist, dass die biegesteife Anbindung nicht mehr gegeben ist. Die Außenwand ist im Knotenpunkt im schalltechnischen Sinne nicht gehalten und kann ungehindert schwingen. Die Schallübertragung über das flankierende Bauteil nimmt dramatisch zu, es liegt ein schalltechnischer Schadensfall vor.
Auch wenn der Stumpfstoß nach den anerkannten Regeln der Technik ausgeführt wurde, sollte bei Nachfolgegewerken auf die Beibehaltung der biegesteifen Anbindung geachtet werden.
Beispiel:
  • Wohnungstrennwand aus Unika Kalksandstein, d = 24 cm; Rohdichte 2,0 kg/dm³; beidseitig 10 mm Dünnputz
  • Außenwand aus Unika Kalksandstein, d = 17,5 cm; Rohdichte 2,0 kg/dm³; einseitig 10 mm Dünnputz
  • Bauschalldämmmaß R’w bei intakten Stumpfstoß unter Berücksichtigung des Vorhaltemaßes: R’w = 55,5 dB
  • Bauschalldämmmaß R’w bei „abgerissenem“ Stumpfstoß unter Berücksichtigung des Vorhaltemaßes: R’w = 53,1 dB
Obwohl in diesem Beispiel die Mindestanforderung einer Wohnungstrennwand nach Norm eingehalten ist (53 dB), ließe sich bei intaktem Stumpfstoß ein erhöhter Schallschutz nach Beiblatt 2 erreichen (55 dB).
Dieses Beispiel gilt nur unter den oben genannten Voraussetzungen. Andere Baustoffkombinationen, vor allem bei Außenwandmauerwerk aus wärmedämmtechnisch optimierten Steinen mit schalltechnisch ungünstiger Lochung, können bei einem Stumpfstoßabriss bedeutendere Einbußen des Schalldämmmaßes nach sich ziehen, so dass häufig nicht einmal der Mindestschallschutz nach DIN 4109 erreicht wird.
Schalltechnisch optimierter Stumpfstoß
Bei dem schalltechnisch optimierten Stoß durchstößt die Innenwand die Außenwand, so dass das Außenmauerwerk stumpf an das Trennbauteil gestoßen wird. Da die Unika-Außenwand mit einem Wärmedämmverbundsystem versehen wird, entstehen hierbei keine wärmedämmtechnischen Nachteile.
Diese Konstruktion bietet schalltechnische Sicherheit und ist unanfällig gegen Ausführungsfehler. Im biegesteifen Anschluss ist dieser Stoß schalltechnisch mit einem intakten herkömmlichen Stumpfstoß oder einem im Verband gemauerten Stoß gleichzusetzen.
Sollte der Stumpfstoß bei dieser Konstruktion durch Mörtelschwinden abreißen, wird die Schallübertragung über das flankierende Bauteil behindert bzw. verhindert.
Zweischalige Haustrennwände
Bei zweischaligen Haustrennwänden aus zwei schweren, biegesteifen Schalen mit durchgehender Trennfuge, z. B. bei Reihenhäusern, wird die Schallübertragung zwischen benachbarten Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen erheblich verringert:
Die Fuge ist von Fundament Oberkante lückenlos bis zur Dachhaut durchzuführen.
Die flächenbezogene Masse der Einzelschale mit einem etwaigen Putz muss mindestens 150 kg/m² betragen.
Die Trennfuge muss mindestens 3 cm dick sein.
Falls die Trennfuge dicker als 5 cm ausgeführt wird, darf die flächenbezogene Masse der Einzelschale bis auf 100 kg/m² reduziert werden.
Der Fugenraum ist mit dicht gestoßenen und vollflächig verlegten mineralischen Dämmplatten auszuführen.
Bei einer flächenbezogenen Masse der Einzelschale von mind. 200 kg/m² und einer Trennfugendicke von mind. 3 cm darf auf das Einlegen von Dämmschichten verzichtet werden. Der Fugenhohlraum ist dann mit Lehren herzustellen, die nachträglich entfernt werden müssen.
Auf das Einlegen einer Dämmschicht sollte dennoch nicht verzichtet werden, um das Risiko von Körperschallbrücken zu minimieren.
Erhöhung des Schallschutzes von Haustrennwänden
Um den Schallschutz der Reihenhaustrennwand zu optimieren, stehen dem Planer folgende Möglichkeiten zur Verfügung, damit das Schwingungsverhalten der Schalen verändert werden kann:
  • Symmetrien in den Grundrissen benachbarter Reihenhäuser vermeiden
  • Versetzte Grundrisse
  • Unterschiedliche Wandstärken, z.B. 1 x 15 cm und 1 x 20 cm mit mindestens 3 cm Fuge anstatt 2 x 17,5 cm.
Sollten sich in der Planungsphase die oben genannten Punkte nicht realisieren lassen, kann der Bauausführende durch Variation der Stoßstellen ein unterschiedliches Schwingungsverhalten der Einzelschalen erzielen.
Fazit
Guter Schallschutz ist baubar. Allerdings erfordert dies die planerische und konstruktive Umsetzung des Schallschutzes. Erhöhter Schallschutz bedeutet zwangsläufig verstärkte Kontrolle der Stoßstellendämmung und Flankenübertragung.
Ist Schallschutz bereits in der Planung und Ausführung optimal konzipiert, ist er unbegrenzt wirksam und wartungsfrei und das über die gesamte Lebensdauer des Bauwerks. Eine Nachrüstung ist dagegen fast unmöglich oder mit sehr hohen Kosten verbunden.
Weitere Informationen
Schallschutz bba 543
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