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Reet an der Fassade eines Infozentrums im Naturschutzgebiet

Neubau eines Informationszentrums in Grevelingen, Niederlande
Verkleidet mit Reet

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Das Informationszentrum am Staudamm Brouwers Dam, der die Nordsee und den See Grevelingen trennt, wurde von De Ruiters Architects entworfen und mit nachhaltigen Materialien gebaut. Reet an der Fassade sorgt zusammen mit Gründächern und deren regionalen Vegetation dafür, dass sich das Gebäude gut in das Naturschutzgebiet einfügt.

Der See Grevelingen ist derzeit der größte gezeitenlose Salzsee in Europa. Aus ökologischer Sicht ist es notwendig, dass kurzfristig ein Zulauf geschaffen wird, der das Wasser von der Nordsee zum See Grevelingen bringt. Niedrig- und Hochwasser sollen wieder (kontrolliertes) freies Spiel haben, um Flora und Fauna in der Region wiederzubeleben. Begleitend zum Entwicklungsprogramm „Zicht op Grevelingen“ (Blick auf Grevelingen) des Naturschutz- und Erholungsgebietes entstand das neue Informationszentrum im zentralen Teil des Staudamms Brouwers Dam, der die Nordsee und den See Grevelingen trennt.

Die Anlage besteht aus einem 26 m hohen Turm, der sich über zwei rechts und links von ihm waagerecht angeordneten, eingeschossigen Bauteilen erhebt. Der Turm öffnet mit Verglasungen das Gebäude in der Mitte und schafft Licht, Luft und Raum. Auf beiden Seiten des Gebäudes symbolisiert der Wasserfluss die Verbindung und Dynamik zwischen Nordsee und dem See Grevelingen. Das natürliche Spiel der Gezeiten ist auch im Gebäude durch Ausblicke, Einbauten und Simulationen nachvollziehbar; dem Besucher offenbaren sich durch den unterschiedlichen Wasserstand auf beiden Seiten des Gebäudes die Konsequenzen von Gezeitenveränderungen im kleinen Maßstab.

Reet als erneuerbares, langlebiges Material

Maßgeblich für die Gestaltung war außerdem die bewusste Entscheidung für nachhaltige und erneuerbare Materialien, mit denen sich das Gebäude in der Landschaft positioniert. Dementsprechend wurde der Neubau von De Ruiters Architects entworfen und realisiert; im Vordergrund standen Stabilität, Qualität und perfekte Ausstrahlung. Das Naturprodukt Reet war für die Architekten erste und beste Wahl. Nach Fertigstellung sorgt die markante Reetfassade in Verbindung mit Gründächern und ihrer lokalen Vegetation dafür, dass sich das Gebäude in seine natürliche Umgebung einbindet. In den Niederlanden ist Reet an der Fassade inzwischen allgemein üblich und akzeptiert. Auf dem deutschen Markt ist diese Fassadenlösung noch relativ neu.

„Wir haben zwölf Wochen für das Eindecken der Fassadenfläche von 1 600 m² bis kurz vor Abschluss der Bauarbeiten benötigt“ , erklärt Jan Voogt, Inhaber der ausführenden Reetdachdeckerei Voogt Rietdekkers in Delft. Dabei wurden insgesamt 16 000 Bunde Reet an der Fassade verarbeitet. Der Untergrund des Wandaufbaus besteht aus 19 mm Spanplatten. Das Reet wird daran mit RVS Spezialschrauben befestigt. Es wird in einer Dicke von 30 bis 32 cm angebracht.

„Beim Anbringen des Reets an der Fassade ist es wichtig, dass es fest, stabil und vor allem aber trocken gelegt und befestigt wird. Das Reet an der Fassade wird zudem fester und mit mehr Bindungen an der Unterkonstruktion fixiert als beim Dachaufbau. Das verlegte Reet ist an diesem Gebäude zwischen 150 und 200 cm lang und die Bindung des Reets verlief in 25 cm-Abständen. Ansonsten sind die Handgriffe und Abläufe für die Reetmontage an der Fassade vergleichbar mit den Arbeitsschritten bei Villen, Scheunen oder Gartenhäusern“ , so Voogt. Das Reet wird dabei Lage für Lage, Bund für Bund von unten nach oben aufgebracht und fixiert. Dafür wird ein dicker Eisendraht vertikal auf das Reet gelegt und dann mit Eisendrähten, die mit einer Schraube versehen sind, fest verzurrt.

Eine weitere Besonderheit an diesem Bauwerk ist das Dämmmaterial (19 mm Spano Holzplatte mit Glaswolle), das zwischen Holzplatten und Reet eingebracht wurde. In Deutschland wird das sogenannte „Schroefdak System“ (d.h. das Reet wird mit dem Dach verschraubt) selten verwendet. In den Niederlanden ist diese Art der Eindeckung mittlerweile Vorschrift und wichtiger Bestandteil für den optimalen Brandschutz, der zunächst durch die Spano Holzplatten gewährleistet ist. Dadurch kommt keine Luft zwischen Konstruktion und Reet. Darüber hinaus wurde die Fassade zusätzlich über eine Fläche der unteren 5 m mit Antibrandmittel (Nano coating) behandelt.

Silizium als natürlicher Schutzmantel: Reet enthält (im Gegensatz zum weniger dauerhaften Stroh) sehr viel Silizium. Bei wissenschaftlichen Untersuchungen wurden bis zu 21,7 mg/kg Trockenmasse in den oberirdischen Pflanzenteilen gefunden. Das ist die höchste Konzentration von Silizium in heimischen Gemüsepflanzen. Silizium macht das Rohr extrem wasserabweisend und schwer entflammbar. Schilfrohr zählt zur Brandklasse B 2 – normal entzündlich.

Die Reetdeckung an Fassade und auf dem Dach verläuft in den Niederlanden mit den gleichen traditionellen Handwerkzeugen wie in den meisten reetverarbeitenden Ländern. Lediglich der First wird international unterschiedlich gestaltet – in den Niederlanden meist mit Ton oder Kupfer. In den nördlichen Ländern variieren Reetdächer, Reetfirste, Heide- oder Grassodenfirste auf den Dächern.

Die Haltbarkeit von Reet auf dem Dach beträgt ca. 40 Jahre. An der Fassade ist durch die fast senkrechte Halmneigung die Haltbarkeit um ein Vielfaches länger.

„Wir arbeiten nach den Qualitätsvorschriften der ‚Vakfederatie Rietdekkers‘ , der wir mit unserem Betrieb angeschlossen sind. Wichtig ist auch die jahrelange Erfahrung des Reetdachdeckers […] Wir kaufen das Reet normalerweise beim Reethandel Prosman in Gouda, der die Qualität des Reets bereits beim Einkauf prüft. Das Reet für dieses Objekt stammt aus China, das wir […] im Interesse des Bauherrn noch einmal selbst auf der Baustelle prüfen“ , so Jan Voogt.

Projekt Architekt:

Paul de Ruiter, Amsterdam, NL

Projektteam: Chris Collaris, Marieke Sijm, Richard Buijs, Giorgio Carella, Noud

Paes, Christian Quesada van Berestey

www.paulderuiter.nl

 

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