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Organische Skulptur

Neubau eines Wohnhauses in Wageningen
Organische Skulptur

In der niederländischen Kleinstadt Wageningen bei Arnheim haben die Delfter Mecanoo Architekten eine klassisch-moderne Villa mit organisch fließenden Rundungen realisiert. Eine der Besonderheiten im Entwurf ist die hochwertig detaillierte Fassade aus Fichtenstämmen und Afzelia-Holz. Passgenau eingefügte Fenster mit Holzrahmen aus Meranti bieten eine weite Aussicht bis auf den nahe gelegenen Rhein.

Robert Uhde

Mecanoo aus Delft, eines der bedeutendsten Architekturbüros in den Niederlanden, zählt zu seinen jüngsten Projekten der Neubau eines außergewöhnlichen Wohnhauses in Wageningen – einer rund 40 000 Einwohner zählenden Kleinstadt unweit der deutsch-niederländischen Grenze bei Emmerich und Arnheim. Schon der „wenig niederländische“ Standort des Neubaus fällt dabei deutlich aus der Reihe: Statt einer flachen Parzelle in einer Polderlandschaft stand der vierköpfigen Bauherrenfamilie ein rund vier Hektar großes Grundstück auf einem Hügel am äußersten südöstlichen Rand des waldreichen Naturparks „De Hoge Veluwe“ zur Verfügung. Die freie Aussicht auf das nur wenige 100 m weiter südlich verlaufende Rheinufer gab’s dabei inklusive.
Um den attraktiven Standort optimal zu nutzen, entwickelte Projektarchitektin Ellen van der Wal einen großzügig geöffneten, wechselweise ein- bis zweigeschossigen Bau mit amöbenhaftem Grundriss. Die organischen Rundungen lassen sich dabei als direkter Reflex auf die hügelige Landschaft lesen – „sie verraten aber auch die Vorliebe der Bauherren für den spanischen Architekten Antoni Gaudí“, wie Ellen van der Wal erklärt. Betont wird die geschwungene Linienführung durch die entsprechend geschwungene Holzfassade aus dunkelbraunem Afzelia-Holz. Große Fensterflächen ermöglichen in weiten Teilen einen fließenden Übergang zwischen innen und außen. Beinahe geschlossen präsentiert sich dagegen die mit vertikal eingesetzten Fichtenholzstämmen gestaltete Fassade in Richtung Südosten, hinter der sich die Bibliothek des Hauses verbirgt (Holzfassade aus thermisch veredelten Fichtenholzstämmen der Sorte PlatoWood).
Ausladende Geschossdecken
Zusätzlichen Reiz erhält der Entwurf durch die beiden weit ausladenden, im Außenbereich teilweise moosbewachsenen Geschossdecken aus Stahlbeton, die im Erdgeschoss eine umlaufende Terrasse und ein Vordach als Schutz gegen Regen und Sonne und im Obergeschoss einen Balkon bieten. Auffällig ist dabei, dass die beiden Geschossdecken sowie die Grundrisse der beiden Ebenen bewusst unterschiedliche Rundungen zeigen:
„Insgesamt finden sich also vier verschiedene, sich überschneidende Formen, so dass das Haus ständig in Fluss ist und von keinem Standort aus endgültig erfasst werden kann“, so Ellen van der Wal. „Zudem ist die umlaufende Terrasse im Erdgeschoss leicht von der hügeligen Geländekante abgesetzt. Das Gebäude hat so einen beinahe schwebenden Charakter erhalten.“
An einigen Stellen ragt das Obergeschoss gleichzeitig deutlich über das Vordach hinaus und betont so den skulpturalen Charakter des Neubaus. Ein weiteres Detail sind die beiden großen, kreisförmigen Deckenausschnitte des Vordaches, die für ein abwechslungsreiches Licht- und Schattenspiel vor dem nach Süden hin orientierten Wohnzimmer sorgen.
Hochwertige Holzfassade
Zur Verkleidung der als Holzskelett-Konstruktion errichteten Außenfassade wurden vertikal aneinander genietete Bretter aus rund profiliertem Afzelia-Holz (Holzbretter von Exel Lemele Bouwgroep) im Format von 2 780 x 46 mm und mit einer Dicke von 28 mm verwendet. Die rotbraune Farbigkeit des mit Pigmentfarbe behandelten, FSC-zertifizierten Holzes schafft einen schönen Kontrast zu den großen Glasflächen und den strahlend weißen Geschossdecken. Horizontale Zierleisten im Brüstungs- und Attikabereich ermöglichen gleichzeitig eine saubere Abschlusskante. Für eine optimierte Wärmedämmung des Gebäudes sorgt eine 140 mm dicke, in die Holzskelett-Konstruktion integrierte Dämmung aus Steinwolle. Unter den einzelnen Brettern wurde zum Schutz gegen Feuchtigkeitsschäden eine wasserdichte Folie verlegt.
Für die passgenau eingefügten Fenster und Terrassentüren kam alternativ Meranti-Holz zum Einsatz. Die einzelnen Rahmen wurden dabei entsprechend der Planungen individuell angefertigt (Komo-zertifiziertes Merantiholz dark red, Exel Lemele). Zur Verkleidung der lediglich durch einige kleine quadratische Fenster geöffneten Bibliothek wurden thermisch veredelte Fichtenholzstämme mit einem Durchmesser von 80 mm verwendet.
Offener Innenraum
Im Inneren des Neubaus steht der Bauherrenfamilie auf beiden Ebenen eine Bruttogeschossfläche von 724 m² zur Verfügung. Die Konstruktion des Gebäudes in Stahlbetonbauweise ermöglichte dabei eine fließende, in unterschiedliche Zonen untergliederte Grundrissaufteilung mit großen, weitgehend stützenfreien Räumen, teilweise geschwungenen Innenwänden und ohne tragende Außenwände. Ein markanter Blickfang sind die geschosshoch, ohne störende Anschlüsse zur Decke ausgebildeten Fensterflächen. Das nach Südwesten orientierte Wohnzimmer und die nordwestlich angrenzende Wohnküche im Erdgeschoss sowie das Elternschlafzimmer und die beiden Kinderzimmer im Obergeschoss öffnen sich so fließend zum Garten und zur Umgebung. In Richtung Osten wurde der Neubau lediglich eingeschossig ausgebildet. „Neben dem Eingangs- und Erschließungsbereich, einem Gästezimmer und einem Gartenschlafzimmer haben wir hier auch die weitgehend geschlossene Bibliothek integriert“, so Ellen van der Wal. Zusätzlich stehen den Bewohnern ein Kellergeschoss mit eigenem Heimkino sowie eine große Garage mit einem Atelierraum zur Verfügung.
Bis auf die Badezimmer wurden sämtliche Räume mit hochwertigem Afzeliaholz-Parkett ausgelegt. Ebenfalls mit Afzeliaholz gestaltet wurden außerdem die Außenterrassenböden, sämtliche Innenraumtüren sowie die Wandverkleidungen im Elternschlafzimmer und im Bereich zwischen Eingangsflur und Küche. Ein weiteres gelungenes Detail im Innenraum sind die an mehreren Stellen eingefügten ovalförmigen Deckenausschnitte. Die überraschenden Öffnungen ermöglichen nicht nur zusätzliches Tageslicht in den tiefen Geschossen sowie in der ansonsten weitgehend geschlossenen Bibliothek, sondern sie sorgen auch dafür, innen und außen noch stärker ineinander fließen zu lassen. Alles ergänzt sich so scheinbar selbstverständlich zu einem harmonischen Ganzen, das innen wie außen gleichermaßen überzeugt. Als wunderbares Stück Architektur in großartiger Landschaft!
Planung: Mecanoo, Delft Projektarchitektin: Ellen van der Wal Planungsteam: Huib de Jong, Koen Heslenfeld, Rodrigo Louro Flor Statik: ABT, Delft
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