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Inspiriert von der Orchidee

Neubau eines Besucherzentrums im Botanischen Garten in Vancouver
Inspiriert von der Orchidee

Das begrünte Dach des neuen Besucherzentrums im Botanischen Garten VanDusen ist den Blütenblättern einer Orchidee nachempfunden, das zentral gelegene Atrium des Gebäudes bildet den Blütenstempel. Die unterschiedlich geneigten Gründachflächen erhoben ganz besondere Ansprüche z.B. hinsichtlich Dränage, Bewässerung und Schubkräften.

Heidrun Eckert, ZinCo GmbH und Jelle Vonk, ZinCo Canada Inc. | jo

Vancouver ist die größte und wirtschaftsstärkste Stadt der kanadischen Provinz Britisch Kolumbien. Der dortige etwa 22 Hektar große VanDusen Botanische Garten besteht bereits seit den 1970er-Jahren. 2011 erhielt dieser ein neues repräsentatives Besucherzentrum mit rund 1 800 m² Fläche und dem herausragenden Gründach in Orchideen-Form. Die variierenden Dachneigungen von 2 bis 55° erforderten auch unterschiedliche Begrünungslösungen, die dank ausgereifter Technik objektgerecht und funktionssicher umgesetzt werden konnten.
Wegbereiterin der Dachbegrünung
Der kanadische Architekt Peter Busby und die kanadische Landschaftsarchitektin Cornelia Hahn Oberlander haben mit ihren Teams diese außergewöhnliche (Orch)Idee entwickelt. Beide stehen aus innerster Überzeugung für „Grünes Bauen“ und beweisen dies fortlaufend. Bereits in den 1970er Jahren galt die 1921 in Mülheim an der Ruhr geborene Cornelia Hahn Oberlander als eine entscheidende Wegbereiterin der Dachbegrünung.
Sie ist bekannt dafür, dass sich ihre Landschaftsgestaltungen in das architektonische Gesamtkonzept und die
natürliche Umgebung einfügen. Ihre technische Expertise geht Hand in Hand mit ihrem Anliegen, in ihren Arbeiten kulturelle, soziale und ökologische Bezüge herzustellen. Dies ist mit dem VanDusen Besucherzentrum einmal mehr gelungen. Zusammen haben hier Architekten und Landschaftsarchitekten ein Sinnbild geschaffen, welches die Natur in der Stadt geradezu zelebriert.
Biologische Vielfalt erhalten
Der VanDusen Botanische Garten möchte den Menschen die Bedeutung der biologischen Vielfalt nahe bringen und den Wert ihrer Erhaltung. Rund um das neu geschaffene Besucherzentrum zeigt ein kaskadenartiger Garten eine Reihe unterschiedlicher ökologischer Zonen auf, wie sie in dieser Region am Pazifik vorkommen: Feuchtgebiete, Wälder und Wiesenlandschaften.
Jede Bank, jeder Stein und jede Pflanze ist lokaler Herkunft. Plätze und Wege lassen die Menschen diese Natur genießen und leiten sanft zum Besucherzentrum. Dieses erlaubt dank seiner Glaswände sofortigen Einblick und wächst durch seine besondere Dachgestaltung gleichsam aus der Umgebung heraus. Das Besucherzentrum ist Vorbild für Nachhaltigkeit und Umweltschutz in unserem 21. Jahrhundert und bietet einen lebendigen Treffpunkt, der zur Inspiration, Information und Begeisterung für die Pflanzenwelt einlädt.
Hauptrolle fürs Dach
Inspiriert von der organischen Form einer Orchidee ist das gesamte Dach strukturiert in mehrere weit geschwungene Flächen, welche die Blätter darstellen. Diese laufen teilweise nahtlos in die ebenerdige Umgebung aus. Die Neigungen und Wölbungen der Dachflächen bewegen sich im Bereich von 2 bis 55° und stellten für die eigentliche Holzdachkonstruktion eine große, aber lösbare Herausforderung dar.
Auf dem Holzdach wurde ein Leck-Erkennungssystems installiert, danach folgte eine zweilagige, wurzelfeste Bitumenabdichtung. Hinsichtlich der Dachbegrünung waren die Spezialisten gefragt, denn die unterschiedlich geneigten Dachflächen erhoben ganz eigene Ansprüche zum Beispiel hinsichtlich Dränage, Bewässerung und Schubkräften. Die Dachbegrünungs-Experten von ZinCo lösten diese Anforderungen durch den Einsatz von drei verschiedenen Systemaufbauten: Auf Grundlage einer durchgängig verlegten Bewässerungs- und Schutzmatte BSM 64 verlegte der Ausführungsbetrieb in den flacheren Bereichen bis 10° Dachneigung einen Systemaufbau mit dem Drän- und Wasserspeicherelement Floradrain FD 40, in den Schrägdachbereichen bis 25° Dachneigung Floraset FS 75-Elemente und im Steildachbereich bis 55° Dachneigung die dafür vorgesehenen Georaster-Elemente.
Besonderheiten im Steildachbereich
Für die dauerhafte Funktionssicherheit der Dachbegrünung auf geneigten Dächern ist eine gezielte Schubsicherung entscheidend, um ein Abrutschen der Begrünung zu verhindern. Im Schrägdachbereich ist durch die spezifische Form der Floraset-Elemente eine ausreichende Verzahnung mit dem Substrat gewährleistet und Schubkräfte werden in die Traufaufkantung abgeleitet. Im Steildachbereich dienen die 10 cm hohen Georaster-Elemente, die zu einem stabilen, flächigen Verbund zusammengesteckt und mit dem Substrat befüllt wurden, zur Lagesicherung. In diesem Bereich nehmen zusätzlich gebaute Schubschwellen die auftretenden Kräfte auf. Bei der Dimensionierung der Traufaufkantungen und Schubschwellen war neben dem Feuchtgewicht des Begrünungsaufbaus auch die örtliche Schneelast anzusetzen.
Grundsätzlich gewinnt auf geneigten Dachflächen das Thema Zusatzbewässerung in Trockenzeiten an Brisanz. Im Falle des Besucherzentrums in Vancouver ist allerdings eine permanente Bewässerung nicht erforderlich, was mit der Pflanzenauswahl und dem dortigen Mikroklima durch die Nähe zum Meer zu tun hat. Vancouver gilt mit 166 Regentagen pro Jahr als sehr regenreiche Stadt mit einer Gesamtniederschlagsmenge von 1 181 mm pro Jahr. Das ist annähernd doppelt so viel wie beispielsweise in Stuttgart.
Pflanzen zur Wasserreinigung
Das Gründach imitiert mit über 20 verschiedenen Pflanzenarten die ortstypische Graslandschaft am Nordostpazifik. Dabei wurde in den flachen Bereichen zum Beispiel die Segge (Carex acuti-formis) und die Binse (Juncus) und in den Schrägdachbereichen die Sumpf-Schwertlilie (Iris pseudacorus) und Prärielilie (Camassia) verwendet. All diese Pflanzen erweisen sich besonders effizient im Abbau von Ammonium, Nitrat und Phosphat und leisten damit entscheidenden Beitrag zur Reinigung des Niederschlagswassers von organischen Inhaltsstoffen. Im Steildachbereich sind die sehr trockenverträglichen Sedumpflanzen angesiedelt. Das Dach bietet in seiner biologischen Vielfalt Lebensraum für zahlreiche Vögel und Insektenarten.
Ausgezeichnet
Das Besucherzentrum wurde bereits mit dem LEED Platin Status für umweltfreundliches und nachhaltiges Bauen ausgezeichnet. Darüber hinaus erfüllt die Konzeption und Bauweise des Besucherzentrums die hohen Anforderungen des Living Building Challenge LBC-Standards. Dies ist das weltweit anspruchsvollste Bewertungssystem für „Grünes Bauen“ mit strengen Richtlinien, wie zum Beispiel: Das Gebäude muss seinen Energiebedarf aus vor Ort erzeugter, erneuerbarer Energie gewinnen. Der Wasserbedarf muss zu 100 % selbst gedeckt werden durch Regenwassergewinnung und eine Wasseraufbereitung ohne Chemie. Die Wasserreinigung funktioniert biologisch dank der Bepflanzung. Dieser Bioreaktor ist der erste seiner Art in Vancouver.
Weitere Anforderungen des LBC-Standards beziehen sich auf die Aspekte gesunden Wohnens, wie zum Beispiel auf die verwendeten Materialien oder auf die Gestaltung mit Licht und Grün. Durch die Erfüllung dieser Standards ist beim VanDusen Besucherzentrum höchste Nachhaltigkeit und Umweltschutz erzielt – ein greifbares Vorbild im 21. Jahrhundert.
Architekt: Peter Busby, Busby Perkins + Will Architects, Vancouver Landschaftsarchitektin: Cornelia Hahn Oberlander, Vancouver
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