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Titanzink für ehemaliges Leprahospital

Umnutzung und Erweiterung eines Leprahospitals zum Informationsbüro für den Weintourismus
Effektvolle Harmonie

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Die Erweiterung von historischen Gebäuden erfordert viel Feingefühl und Verständnis für die alte Bausubstanz. Das ehemalige Leprahospital im französischen Meursault legt Zeugnis von einer gelungenen Umsetzung ab und zeigt, dass sich jahrhundertealte Kalksteinmauern hervorragend mit einer modernen Titanzink-Oberfläche verbinden lassen.

Guido Wollenberg | jo

Der Chardonnay zählt zu den am weitesten verbreiteten Rebsorten weltweit. Einige der besten Weine dieser Rebe werden in der Region Meursault im Burgund geerntet. Dieser gute Ruf führt viele Weinliebhaber in den Ort. Um der touristischen Nachfrage besser gerecht zu werden, entschloss sich die Kommune Meursault dazu, ein Informationsbüro für den Weintourismus samt Verkostungsstätte zu errichten. Das passende Gebäude fand sich in einem ehemaligen Leprahospital. Als einstige Zuflucht für Aussätzige liegt es bis heute isoliert von der städtischen Besiedlung.

Die im 12. Jahrhundert gegründete „Leproserie“ wandelte sich im Laufe der Zeit zu einer Herberge für Pilger und im 19. Jahrhundert entstand ein landwirtschaftlicher Betrieb. Dieser wurde aufgegeben und verfiel zunehmend. Schließlich ging das denkmalgeschützte Gebäude Anfang der 1990er Jahre in den Besitz der Kommune Meursault über.

Auf historische gebäude spezialisiert

Die verfügbare Fläche reichte allerdings nicht für die vorgesehene Nutzung im Rahmen des Weintourismus aus. Das alte Leprahospital musste also nicht nur umfassend instandgesetzt, sondern auch erweitert werden.

Die Gemeinde Meursault schrieb einen Architekturwettbewerb aus, in dem sich Frédéric Jung mit seinem Büro Jung Architectures durchsetzte. Das Projekt realisierte Jung gemeinsam mit dem auf die Instandsetzung von historischen Gebäuden spezialisierten Simon Buri. Die ganz spezielle Atmosphäre des Ortes wird durch die alte Bausubstanz des ehemaligen Krankenhauses und durch dessen Einbettung in die Landschaft geprägt. Jung und Buri bezeichnen den Genius Loci des Gebäudes als ihre wichtigste Inspirationsquelle.

Sie arbeiteten dessen Charakter – isoliert von der Stadt, aber mit einer gewissen Schutzwirkung fast inselartig aus dem Weinanbaugebiet emporstrebend – noch deutlicher heraus. Dabei behielten sie ein weiteres Ziel immer vor Augen: das historische Erbe zu schützen und zu bewahren.

Die Architekten erweiterten den erhaltenen Gebäudebestand zu einem klosterähnlichen Ensemble mit einem fast geschlossenen Innenhof. Auf der Grundlage von archäologischen Ausgrabungen ließen sie verschwundene Mauerteile im Bereich des Neubaus rekonstruieren. Auch im historischen Bereich des Gebäudes wurden verfallene Abschnitte in traditionellen Bauweisen wieder aufgebaut. Das ehemalige Torhaus beherbergt nun die Touristeninformation. Die alte Kapelle und der Saal der Armen bilden eine Einheit und dienen als Ausstellungsräume.

Mit dem gleichen Respekt vor dem Genius Loci fügt sich die zeitgenössische Erweiterung mit einer Außenhaut aus Titanzink in das Gesamtbild ein. Teile der rekonstruierten Mauerreste aus Kalkstein wurden in den Anbau eingearbeitet und bleiben von innen und außen sichtbar.

Das Zink an Metalldach und -fassade tritt in einen Dialog mit der Architektur der wiederhergestellten alten Gebäudebereiche. Es bildet einen zusammenhängenden, sehr hellen metallischen Korpus, der durch seine geringeren Ausmaße aber hinter dem Hauptgebäude zurücktritt.

Der Innenraum ist auf eine Weise gestaltet, die nur wenige Gemeinsamkeiten mit den sanierten Räumen in den restlichen Gebäudebereichen aufweist. Die komplett mit Holz verkleideten Decken und Wände werden von schiefen Winkeln geprägt; viele kleine Fensteröffnungen ziehen sich vom Erdgeschoss bis in den offenen Giebelbereich. Die gute Formbarkeit des Zinks schaffte den entsprechenden Spielraum bei der Platzierung dieser Öffnungen. Die in verschiedenen Breiten gefertigten Zinkscharen erleichterten es, die Fenster mit einer gewünschten Unregelmäßigkeit in die Bekleidung einzusetzen. Die etwas willkürlich erscheinenden Durchbrechungen des Anbaus zitieren die Fensteröffnungen des historischen Teils. Deren Anordnung wurde im Laufe der Jahrhunderte durch verschiedene bauliche Eingriffe verändert und folgt heute keiner klaren Linie mehr.

Titanzink zeigt Leuchtkraft und Textur

Jung und Buri wollten mit einer zurückhaltenden und langlebigen Ausführung der Erweiterung den mineralischen Charakter des Hauptgebäudes aufgreifen. So hatten sie für Dach und Fassade des Anbaus zunächst den Kalkstein aus der Bourgogne vorgesehen, der auch im ursprünglichen Bestand verwendet wurde. Doch Frédéric Jung erklärt, warum stattdessen die gravierte Titanzink-Variante Azengar von VMZinc zum Zuge kam:

„Es gab Probleme beim technischen Gutachten, deshalb mussten wir auf den Kalkstein verzichten und uns auf die Suche nach einem alternativen Material machen. Die matte Oberfläche, die Leuchtkraft und die Textur von Azengar schienen uns geeignet, eine interessante Verbindung zum geschichteten Kalkstein des Leprahospitals einzugehen.“

Zum Bauzeitpunkt war die gravierte Zink-Oberfläche gerade neu auf dem Markt. Das Gebäude in Meursault war eines der ersten Projekte, in denen das neu entwickelte Material genutzt wurde. Die Architekten wählten diese VMZinc-Variante, da das sehr helle, gravierte Zink mineralische Qualitäten und eine gewisse Rauheit aufweist. Das führt zu einer effektvollen Harmonie mit dem hellen burgundischen Kalkstein der historischen Gebäudebereiche.

Der Anbau zeigt sowohl zum Innenhof hin als auch auf der Außenseite eine saubere Trennung zwischen Metalldach und -fassade. Er nutzt die sehr helle Azengar-Oberfläche, um durch unterschiedliche Neigungswinkel ein intensives Lichtspiel und plastische Schattenwürfe hervorzurufen.

Verantwortlich für die deutlich sichtbare Struktur der Außenhaut sind die unterschiedlich breiten Zinkscharen und die Doppelstehfalz-Technik, mit der die Scharen installiert wurden. Der Doppelstehfalz führt hier mit einer vertikalen Linienführung zu einer starken Rhythmisierung von Dach und Fassade.

Weinprobe im Welterbe

Nach der Wandlung des ehemaligen Leprahospitals erschließt die neue Informationsstätte das umliegende Weinanbaugebiet für den Tourismus. Die Böden, auf denen der berühmte Chardonnay der Region wächst, die „Climats“, wurden 2015 zum UNESCO-Welterbe erklärt. In den Räumen der mit Zink bekleideten Erweiterung können sich die Besucher bei einer Weinprobe selbst von der Berechtigung dieser Ehrung überzeugen.

Architekten:

Jung Architectures, Paris

www.jungarchitectures.fr

Simon Buri, Sombernon

www.buri-archi.com


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