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Strich in der Landschaft

Neubau eines Wohnhauses in Kamperland
Strich in der Landschaft

In der niederländischen Provinz Zeeland hat der niederländische Architekt Paul de Ruiter ein aufgeständertes Wohnhaus in minimalistischer Formensprache errichtet. Die durchgehend verglaste „Villa Kogelhof“ bietet ihren Bewohnern eine weite Aussicht über die flache Insellandschaft und überzeugt gleichzeitig durch ihre energieneutrale Gebäudetechnik.

Die Provinz Zeeland gehört zu den wasser- und inselreichsten Regionen der Niederlande. Um die Küstenlandschaft und ihre Bewohner vor den zunehmend stärker werdenden Sturmfluten der Nordsee zu schützen, hatte die Regierung 1986 die sogenannte „Oosterscheldekering“ in Betrieb genommen. In Sichtweite zu diesem gigantischen Bauwerk und unmittelbar angrenzend an einen See hat der Amsterdamer Architekt Paul de Ruiter vor kurzem ein spektakuläres Wohnhaus für eine vierköpfige Familie fertiggestellt, das sich mit seiner betont modernen Gestaltung deutlich von den Klinkerhäusern und Bauernhöfen in der Umgebung absetzt.

Die nach dem Namen des früheren Landgutes benannte „Villa Kogelhof“ setzt sich zusammen aus zwei orthogonal zueinander stehenden Volumen; einem unterirdisch unter einer 400 x 30 m großen künstlichen Wasserfläche platzierten Baukörper steht dabei ein langgestreckter, durchgehend verglaster Riegel gegenüber, der in 3,5 m Höhe über dem 50 cm tiefen Wasserbecken zu schweben scheint.

Transparente Box

Der unterirdisch unter dem Weiher gelegene, über eine Zufahrtsrampe erschlossene Gebäudetrakt integriert eine großzügige Garage für sechs PKW und einen Traktor. Zusätzlich stehen ein Haustech-nikraum sowie ein geräumiges Büro mit Aussicht auf den nördlich angrenzenden See zur Verfügung. Über einen in Stahlbeton ausgeführten Treppenhauskern, der gleichzeitig auch einen zweiten Eingang bereithält, erreichen die Bewohner schließlich den oben aufliegenden, zusätzlich von zwei V-förmigen Trägern gestützten Baukörper mit dem gesamten Wohnbereich.

Zentraler Planungsgedanken war hier der Wunsch der Bauherrenfamilie nach einem einfachen, funktionalen und möglichst transparenten Gebäude ohne überflüssige Details, das so weit wie möglich mit der umgebenden Polderlandschaft verschmelzen sollte: „Die Idee, das Gebäude als transparente Box mit einer durchgehenden Glasfassade zu gestalten, stand deshalb von Beginn an eigentlich schon fest“, blickt Architekt Paul de Ruiter zurück. „Diese erste Idee war in wenigen Stunden zu Papier gebracht. Aber danach hat es fast sechs Jahre gedauert, um den Entwurf weiter auszuarbeiten und dann auszuführen.“

Um eine optimale Nutzung des zur Verfügung stehenden Platzes zu erreichen und gleichzeitig ein offenes Wohnen mit fließenden Raumübergängen zu ermöglichen, wurde der Wohnbereich im Zentrum des langgestreckten Glasriegels untergebracht. Ein wichtiges Gestaltungselement des durch vier Stützen untergliederten Raumes ist der in sämtlichen Bereichen verwendete weiße Gussboden, der eine minimalistische Basis für die gezielt platzierten Design-Klassiker von Eileen Grey oder Le Corbusier schafft.

Unmittelbar angrenzend finden sich ein großzügiger Küchenblock sowie ein mit Schiebetüren aus Glas abgetrennter Patio im Bereich des Treppenaufgangs. Die Schlafräume und Kinderzimmer sowie die angrenzenden Nasszellen haben die Architekten dagegen an den beiden Enden des Baukörpers untergebracht, um bei aller Transparenz auch ausreichend Intimität für die Bewohner zu schaffen.

Durchgehende Glasfassaden

Zentrales Gestaltungselement des Neubaus ist die vom Boden bis zur Decke durchgehende, aus 3,20 m hohen und 1,95 m breiten Isolierglas-Elemente zusammengesetzte Glasfassade. Die das gesamte Gebäude umlaufende Hülle schafft ähnlich wie das legendäre Haus Farnsworth von Mies van der Rohe einen fließenden Übergang zwischen innen und außen und lässt so in sämtlichen Bereichen des Hauses die umgebende Natur unmittelbar erlebbar werden.

Für einen optimierten Wärmeschutz setzen sich die einzelnen Isolierglas-Elemente aus einer 10 mm dicken äußeren Floatglasschicht, einer 10 mm dicken Sicherheitsglasschicht und einem 16 mm dicken, mit Argon gefülltem Zwischenraum zusammen (Sonderlösung von Si-x). Zur Fixierung sind die Elemente an ihrer Ober- und Unterseite in U-förmige Stahlprofile eingelassen, die mit der Stahlbetonkonstruktion des Gebäudes verbunden sind.

„Komplettiert wird die Klimafassade durch einen 18 cm vor den Glastafeln liegenden Sonnenschutz aus Glasgewebe, dessen teflonbeschichtete Außenseite eine effektive Reflexion des einfallenden Sonnenlichts ermöglicht“, erklärt Paul de Ruiter. „Die Perforierung des Gewebes stellt andererseits sicher, dass die Aussicht nach außen nicht zu stark eingeschränkt wird.“

Zusätzlich zur Funktion als Sonnenschutz (Teflonbeschichtetes Glasgewebe von Vitrona) spielt der Aufbau der Fassade eine wichtige Rolle bei der Klimatisierung des Gebäudes: „Denn sind die Bahnen heruntergelassen, dann entsteht im Innenraum zwischen Außen- und Innenhülle ein vertikaler Luftsog, der über ein zentrales Ventilationssystem gesteuert zur Lüftung des Gebäudes genutzt wird“, so Paul de Ruiter weiter. „Die mittels Wärmetauscher zurückgewonnene Wärme steht unabhängig davon für die Beheizung des Gebäudes zur Verfügung.“

Nachhaltig energiesparend

Als weitere wichtige Bausteine für einen nachhaltigen und energiesparenden Betrieb stehen eine Luftwärmepumpe zur Heizungsunterstützung, eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Gebäudes sowie eine nachträglich eingebaute Windkraftanlage als wichtigste Bausteine zur Verfügung. Für kalte Wintertage wurde außerdem eine Pellet-Heizung eingebaut. Aufgrund dieser umfangreichen Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs ist der Neubau bereits mehrfach ausgezeichnet worden – unter anderem mit dem Architizer A+ Award, dem ARC13 Architecture Award und mit dem FIABCI Prix d’Excellence Award in der Kategorie Sustainable Development & Residential.

Um die Genehmigung für das Bauvorhabens zu erhalten, musste außerdem zugesichert werden, das 25 ha große, zu einem größeren Ökosystem gehörende und ehemals landwirtschaftlich genutzte Grundstück zu renaturieren: „Bei der Planung des Neubaus haben wir deshalb nicht nur die Wasserfläche künstlich angelegt, sondern es wurden außerdem auch 70 000 junge Bäume auf dem Grundstück angepflanzt“, berichtet Paul de Ruiter und blickt dabei nach vorn: „In einigen Jahren wird der Neubau also mitten in einem kleinen Wald stehen. Das hier wachsende Holz soll dabei nicht zuletzt auch für die Produktion der zum Heizen benötigten Pellets zur Verfügung stehen.“

Architekten: Paul de Ruiter Architects, Amsterdam (Nl)
Planungsteam: Willem Jan Landman, Noud Paes, Marieke Sijm, Willeke Smit Statik: Broersma, Den Haag (Nl)
Gebäudephysik: Smits van Burgst, Zoetermeer (Nl)


Robert Uhde

Studium der Kunst und Germanistik in Oldenburg. Erstes Staatsexamen. Ausbildung zum Fachredakteur für Architektur bei der Verlagsgruppe Rudolf Müller in Köln. Seit 1997 freier Autor für Fachzeitschriften und Tageszeitungen. Eigenes Büro in Oldenburg.
www.robert-uhde.de


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