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Authentisch und doch wie neu

Sanierung des ehemaligen Unilever Hochhauses in Hamburg
Authentisch und doch wie neu

Als architektonisches Erbe der frühen 1960er Jahre trägt das ehemalige Unilever-Hochhaus wesentlich zur Prägung der Hamburger Skyline bei. Um das denkmalgeschützte Gebäude zeitgemäßen Anforderungen anzupassen, war dessen vollständige Sanierung notwendig. Die Zielsetzung sah vor, bei der technischen Modernisierung die bisherige Gestalt des Baus zu bewahren. Eine neu entwickelte Doppelfassade sollte die anspruchsvolle Vorgabe ermöglichen und moderne Gebäudetechnik mit historischem Erscheinungsbild in Einklang bringen.

Dipl.-Ing. Nikolai Ziegler | be

Seit seiner Fertigstellung im Jahre 1963 prägte das ehemalige Unilever Hochhaus am Dammtorwall das innerstädtische Erscheinungsbild Hamburgs als weithin sichtbares Wahrzeichen. Mit dem Auszug des Hauptmieters Unilever sollte das Gebäude durch eine Sanierung sowohl aktuellen gebäudetechnischen sowie individuellen Nutzungs-Anforderungen gerecht werden. Als zentrale Aufgabe galt es, die stilprägende, mittlerweile denkmalgeschützte Architektur des Gebäudes zu erhalten und zugleich die Zukunft der Immobilie durch ein nachhaltiges Klima- und Energiekonzept zu sichern. Die Hamburger Kulturbehörde hatte das von dem Düsseldorfer Architekturbüro Hentrich & Petschnigg entwickelte Hochhaus im Jahre 2001 mit der Begründung unter Denkmalschutz gestellt, das Gebäude sei „in seiner international geprägten Modernität und als Beispiel für die Repräsentationsarchitektur eines Unternehmens in Wirtschaftswunder-Zeiten von historischer Bedeutung“.
Nach wie vor außergewöhnlich erscheint der Grundriss, bestehend aus drei zu einer Dreiecksform gelegten Trapezen, aus deren Seiten sich je ein rechteckiger Gebäudeteil entwickelt. Die drei in der Achse verbundenen Gebäudeteile werden über den Kern im Zentrum erschlossen. Farben, Materialien und Mobiliar hatten die Architekten seinerzeit gelungen in den architektonischen Dialog eingebunden. Rund 50 Jahre nach Fertigstellung des Hochhauses erhielt HPP die Gelegenheit, das seinerzeit von den Gründern des Architekturbüros ganzheitlich geplante Objekt an aktuelle Nachhaltigkeitsaspekte anzupassen. Dabei sollten zeitgemäße Anforderungen aus den Bereichen Energie, Komfort und Sicherheit sowie auch ein auf Kleinmieter ausgerichtetes Konzept realisiert werden.
Sanierung unter Denkmalschutzauflagen
Dem Interesse des Denkmalschutzes, die ursprüngliche Fassade des Gebäudes zu erhalten, da die umlaufenden Fensterbänder im geschossweisen Wechsel mit Brüstungsbändern aus weiß kolorierten Fassadenplatten das Gebäude dominant strukturierten, stand das Argument der energetischen Sanierung gegenüber. Ohne die Fassadensanierung war der Wunsch eines energiesparenden Gebäudebetriebs nicht realisierbar. Als Kompromiss zwischen Denkmalschutz und Nachhaltigkeit sollte die ursprüngliche Optik durch moderne Fassadentechnik reproduziert werden. Ergänzend zu der historisierenden Oberflächengestaltung sollten bauphysikalische und funktionale Anforderungen in den Aufbau integriert werden. Gefordert waren ein Wärmedurchgangskoeffizient von 1,1 W/m²K, Schallschutz der Klasse 4 zur Abschirmung der Büroräume gegenüber Außenlärm sowie ein wirksamer, witterungsunabhängiger Sonnenschutz. Die Kombination aller Eigenschaften resultierte in einer von HPP und dem Fassadenbauer Haskamp gemeinschaftlich entwickelten Kompakt-Doppelfassade.
„Die Berücksichtigung aller planerischen, aber auch systemtechnischen, montagetechnischen und logistischen Aspekte führten auf kürzestem Wege zu einer konsensfähigen, ästhetisch hochwertigen und zugleich wirtschaftlichen Lösung“, erklärten die Architekten von HPP.
Die monolithische Außenhülle aus 16 mm dickem Verbund-Sicherheitsglas hat zum isolierverglasten Fensterelement der Warmfassade lediglich einen Abstand von 13,5 cm. Diese Entfernung ist ausreichend, um eine wirksame Hinterlüftung mit zusätzlicher Wärme- und Schalldämmwirkung sicherzustellen. Zugleich dient sie der windgeschützten Aufnahme des außen liegenden Sonnenschutzes BEB von Schüco. In optischer Ähnlichkeit mit der ursprünglichen Fassade erfüllen die kompakten Elemente ihre Funktionen, ohne dabei die Proportionen des Gebäudes wesentlich zu verändern.
Nahezu 2 700 Elemente mit Abmessungen von je 1,9 x 3,6 m mussten gefertigt werden, um die Fassade des 98 m hohen Emporio Towers zu ersetzen. Durch die Synchronisation von Montage und Demontage konnte gewährleistet werden, dass die Tragkonstruktion des Hochhauses durchgängig gleich belastet war. So wurde die alte Fassade demontiert, während die neuen Elemente angebracht wurden.
Um heutigen Brandschutzanforderungen zu entsprechen, wurden der Innenbereich mit Schüco Brandschutztüren ausgestattet, die als Aluminiumkonstruktionssystem verbaut, nach DIN 4102 die Feuerwiderstandsklassen T30/F30 und G30 erfüllen. Neben effektiven Brand- und Rauchschutzbarrieren besteht bei dieser Serie die Möglichkeit, einzelne Öffnungselemente mit Zutrittskontrollen oder Fluchttürfunktionen auszustatten.
Neue Möglichkeiten genutzt
Für eine gleichzeitig wirkungsvolle wie nachhaltige Gebäudeinszenierung wurden die Fassadenelemente mit innovativen LED-Lichtbändern bestückt. Integriert in die Fensterleibungen, geht die LED-Einbauleuchte PAN von Zumtobel mit drei verschiedenen Abstrahlwinkeln auf die Lichtbedürfnisse der denkmalgeschützten Gebäudefront ein. Das Licht wird mittels Umlenksystem und Shuttern gezielt auf die zu beleuchtenden Flächen gelenkt. Jede Lichtquelle ist einzeln dimmbar und steuerbar. Somit lassen sich die Einschaltzeiten und Intensitäten individuell gestalten.
Ehemals als reine Empfangsebene mit Lobbys in Dreiecksform, bestand die Fassade im Erdgeschossbereich ursprünglich aus einer monolithischen Verglasung. Sie war in einer ebenfalls für den Denkmalschutz relevanten Sonderbauform mit ca. 6 m hohen und 1,35 m breiten Verbundglas-Elementen ausgeführt. Auch diese Konstruktion wurde unter Berücksichtigung aktueller Anforderung an Wärmedämmung und Statik entwurfskonform nachgebildet. Ursprünglich als hängende Fassade ausgeführt, werden die schweren Isolierglas-Elemente nun durch thermisch entkoppelte Profile gehalten. Nachbildungen aus Verbund-Sicherheitsglas erinnern an die ursprünglichen Glasschwerter. Durch die energetische Optimierung der Fassade wird nun eine flexible Nutzung des Erdgeschosses u. a. mit einem Bistro sowie Empfangs- und Wartezonen ermöglicht.
Fazit
Als Resultat der Sanierung konnte gegenüber dem ursprünglichen Zustand im Bereich Heizung und Lüftung eine Kostensenkung von 75 % erreicht werden. Die unabhängigen Nutzungsbereiche ermöglichen, dass Heizung, Kühlung, Lüftung und Beleuchtung heute nach individuellen Nutzerwünschen eingestellt werden können. Besiegelt wird das Hauptziel „Nachhaltigkeit“ letztlich durch die Zertifizierung unabhängiger Organisationen – in diesem Falle LEED und DGNB Prüfung. Glaubt man dem Fassadenbauer, so lassen sich alle Fassadensanierungen so planen, dass eine Zertifizierung möglich ist und auch ein älteres Gebäude mit einer energieeffizienten und komfortablen Fassade versehen werden kann.
Es bleibt anzumerken, dass durch Zugewinn von Komfort und Energieeinsparung immer auch ein Stück wahrer Authentizität eines Denkmals verloren geht.
Architekten: HPP Hentrich-Petschnigg & Partner GmbH + Co. KG, Hamburg Lichtplanung: Schlotfeldt Licht, Hamburg
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