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Gesamtkunstwerk aus einem Guss

Sanierung des Pirelli-Hochhauses in Mailand
Gesamtkunstwerk aus einem Guss

Das 1958 errichtete Pirelli-Hochhaus gilt als ein Meisterwerk der Hochhausarchitektur.

Nach einem Flugzeugunglück wurde das Verwaltungsgebäude grundlegend saniert und – unter Berücksichtigung der einmaligen Architektur – heutigen Erfordernissen angepasst.
„Giallo Fantastico“, der phantastisch gelbe Bodenbelag, wurde anhand alter Fotos originalgetreu rekonstruiert.
Weithin sichtbares Symbol
„Pirellone“, der große Pirelli. So nennt der mailändische Volksmund das ehemalige Verwaltungsgebäude des Autoreifenherstellers Pirelli.
Das schlanke, elegante Hochhaus wurde vom Architekten Giò Ponti entworfen und in den Jahren 1956 bis 1958 zusammen mit dem Tragwerksplaner Pier Luigi Nervi realisiert. Es ist ein weithin sichtbares Symbol für den erfolgreichen Wiederaufbau der norditalienischen Wirtschafts- und Industriemetropole. Mit seinen 32 Stockwerken und einer Höhe von 127,10 m war es Ende der 1950er Jahre das höchste Bauwerk Europas.
Giò Ponti (1891–1979), der auch als Möbeldesigner, Journalist und Maler tätig war, hatte das Ziel, das Pirelli-Hochhaus als Gesamtkunstwerk aus einem Guss zu gestalten und dabei Leichtigkeit, Ausdrucksstärke und Funktionalität nicht nur miteinander zu verbinden, sondern miteinander verschmelzen zu lassen.
Für das Verwaltungsgebäude entwickelte er einen kristall-förmigen Grundriss und schuf im Innern großzügige, offene Raumstrukturen, in die er Großraumbüros integrierte.
Möglich wurde die Offenheit durch die Tragwerkkonstruktion, die Nervi für das 18 m tiefe und 60 m lange Gebäude entwickelt hatte: Vier sich nach oben verjüngende Stahlbetonscheiben und ein aussteifender Kern, der die Aufzüge aufnimmt.
Mit Farben und Designs experimentiert
Zu den architektonischen Highlights zählten die vorgehängte Glas-Aluminium-Fassade, das grau schillernde Glasmosaik an den schräg stehenden Fassadenflächen und der expressionistische Kautschukbelag im Eingangsbereich.
Den Belag hatte der Bauherr selbst hergestellt, denn Pirelli produzierte damals nicht nur Reifen, sondern auch Bodenbeläge aus Kautschuk. Deren Produktion schaute sich Ponti sehr intensiv an und bat anschließend darum, mit Farben und Designs experimentieren zu dürfen.
Er wählte die drei kontrastreichen Farben Schwarz, Gelb und Weiß und ließ sie frei in den Kalander geben, um zu sehen, ob man auf diese Weise ein vollkommen neues, immer wieder unterschiedliches Design schaffen könnte.
Das Resultat war ein grob durchmischter und dadurch ungewöhnlich ausdrucksstarker Kautschukbelag, dem der Architekt den Namen „giallo fantastico“ (Phantastisches Gelb) gab.
Im April 1960 weihte Pirelli den Neubau offiziell ein. 18 Jahre später jedoch verkaufte der Reifenhersteller das Gebäude an die Regionalregierung der Lombardei, die das Gebäude seitdem als Sitz der Regionsverwaltung nutzt. Weltweite Aufmerksamkeit erhielt das Bauwerk im April 2002, als ein Schweizer Pilot sein Sportflugzeug in das 26. Stockwerk lenkte. Drei Menschen kamen dabei ums Leben. Glück im Unglück: Das Hochhaus wurde zwar schwer beschädigt, das Tragwerk selbst jedoch blieb in seiner Grundsubstanz intakt.
Die dennoch notwendig gewordene Grundsanierung des Gebäudes stand unter der Prämisse, einerseits soviel wie möglich von der vorhandenen Architektur zu erhalten und andererseits das Hochhaus an die heutigen Erfordernisse hinsichtlich Brand- und Wärmeschutz sowie an die Wünsche der Nutzer anzupassen.
Mit der Planung beauftragte die Region die Architekten Renato Sarno Group und Corvino+Multari Architetti Associati.
Beide Büros hatten bereits einige Jahre zuvor das vorgelagerte unterirdische Auditorium und das gläserne Belvedere der 31. Etage umgebaut.
Im Zuge der Grundsanierung wurde das Gebäude vollständig entkernt. Sämtliche Fassadenelemente wurden Stück für Stück abgebaut, gereinigt, unter Einhaltung der ursprünglichen Proportionen an den heutigen Brand- und Wärmeschutz angepasst, neu eloxiert und wieder montiert. Die Glasmosaike an den schräg stehenden Fassadenflächen wurden gesäubert, ergänzt und neu verlegt.
Rekonstruktion anhand von Fotos
Von den ursprünglichen Kautschukbelägen im Foyer gab es auf Grund zahlreicher Umbauten und Modernisierungen keine Muster mehr, so dass die Rekonstruktion von Farbe und Design anhand von Fotos vorgenommen werden musste.
Mit dieser Aufgabe und der Hersteller-Recherche beauftragte die Regionsregierung der Lombardei die Kinder des Architekten Giò Ponti. Der Sohn, Giulio Ponti, nahm daraufhin mit mehreren Kautschukbelagherstellern Kontakt auf und stieß mit seinem Anliegen bei der Freudenberg Bausysteme KG auf sehr großes Interesse.
Das Weinheimer Unternehmen stellt die elastischen nora Kautschukbeläge seit über 50 Jahren her und hat seitdem kontinuierlich eine Vielzahl an Designs, Oberflächenstrukturen und Farben entwickelt. Heute umfasst die Kollektion zahlreiche Oberflächen und fast 250 verschiedene Farben.
Der Kautschukbelaghersteller entschied sich auf Grund des großflächigen Designs dazu, statt eines kleinen Labormusters sofort eine 10 m lange Musterbahn herzustellen.
Zunächst wurden die Farben Blau, Aquamarin und Weiß eingesetzt, denn in der Anfangsphase ging es weniger um die Farben, als vielmehr darum, das Produktionsverfahren aus den 1950er Jahren nachzuempfinden und das ausdrucksstarke Muster nachzubilden. Durch eine besondere Produktionstechnik, spezielle Einstellungen an den Maschinen und eine gezielt fragmentarische Vermischung der Farben gelang es, einen Kautschukbelag mit dem Erscheinungsbild des originalen „giallo fantastico“ herzustellen. Das Resultat begeisterte nicht nur Giulio Ponti, sondern auch die Architekten und die Vertreter der Region Lombardei.
„Phantastisches Gelb“
Für die spätere Verlegung entschieden sich die Beteiligten jedoch dazu, die Farben in Anlehnung an die ursprüngliche Ausführung zu kombinieren und wählten daher die kontrastreichen Farben Gelb, Schwarz und Weiß.
Rund 5 000 m² noraplan mit dem rekonstruierten Design „Phantastisches Gelb“ wurden in dem großzügigen, lichtdurchfluteten Bereich verlegt.
Auch in einigen Büroetagen, die im Zuge der Grundsanierung durch Trennwände mit Milchglas gegliedert sind, wurden 5 000 m² noraplan in dem rekonstruierten Muster verlegt. Für die Büroräume wählten die Beteiligten zwar dasselbe Design, entschieden sich jedoch für eine dezentere Farbkombination.
Harmonisch aufeinander abgestimmte Gelbtöne verleihen den Räumen Ruhe.
Zwei Jahre dauerten die Sanierungsarbeiten. Das 26. Stockwerk ist heute ungenutzt und dient als Ort der Erinnerung.
In den anderen Etagen stehen den Mitarbeitern der Regione Lombardia modernste Arbeitsplätze in einem einmaligen Ambiente zur Verfügung und im geschäftigen Mailand bildet der neu erstrahlte Pirellone endlich wieder einen attraktiven Blickfang.
Weitere Informationen
Kautschukbelag bba 553
Architekten: Renato Sarno Group, Mailand Corvino+Multari Architetti Associati, Neapel
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