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Archäologische Feinarbeit

Sanierung des Bata-Hochhauses im tschechischen Zlin
Archäologische Feinarbeit

Im tschechischen Zlin liegen die Wurzeln des internationalen Schuhkonzerns Bata. Hier hat das Unternehmen in den Jahren 1936–1939 ein Hochhaus errichten lassen, das heute unter Denkmalschutz steht.

Durch eine umfassende Sanierung hat das Gebäude seinen ursprünglichen Charakter wieder erhalten. Dabei wurde noch Vorhandenes restauriert und Verborgenes aufgespürt, gesichert und originalgetreu nachgebildet.
Städtebauliche Dominante
Tomasz Bata hatte sich – unter anderem durch einen Aufenthalt in den USA – intensiv mit moderner Architektur auseinander gesetzt und verfolgte auch in seiner Funktion als Bürgermeister (1923–1932) das Ziel, aus dem eher handwerklich geprägten Ort eine moderne Stadt zu machen.
Er sorgte dafür, dass Architekten wie J. Kotera, F. L. Gahura und M. Lorenc Zlin den – heute noch sichtbaren – einzigartigen Charakter einer funktionalistischen Industriestadt verliehen.
Den größten Einfluss jedoch übte Vladimir Karfik aus. Der Architekt, der in Prag studiert und bei Le Corbusier in Paris und Frank Lloyd Wright in Amerika gearbeitet hatte, kam 1930 nach Zlin.
Zusammen mit Frantisek Lydie Gahura entwickelte er ein Konstruktionsprinzip, das für alle Bata-Bauten – vom Produktionsgebäude über Wohnheime bis hin zu Bürobauten – angewandt werden konnte: Ein Betonskelett mit einem Raster von 6,15 m x 6,15 m, Mauerwerksausfachungen und großen Fensterelementen.
Als Karfik nach Zlin kam, besaß Bata Fabriken und Geschäfte in Europa, Nordamerika, Asien und Nordafrika und beschäftigte weltweit rund 65 000 Mitarbeiter und plante, einen Neubau für die zentrale Verwaltung des Unternehmens zu errichten. Angesichts dieser Nutzung lag es nahe, dafür ein herausragendes Gebäude zu errichten.
Hinzu kam, dass der Stadtsilhouette die städtebauliche Dominante fehlte und Bata von amerikanischen Hochhäusern fasziniert war. Das neue Verwaltungsgebäude sollte mindestens 14 Stockwerke aufweisen, denn damit galt es auch nach amerikanischen Maßstäben als Hochhaus. Seine Bezeichnung – Nr. 21 – war eine Referenz an das dort übliche System der rasterartigen Grundstücksgliederung und -nummerierung.
Gestaltungsprinzipien des Funktionalismus
Architektur und Design von Nr. 21 orientierten sich an den Gestaltungsprinzipien des Funktionalismus. Die Konstruktion basiert auf dem Bata-typischen System: Stahlbetonsäulen im Raster von 6,15 m x 6,15 m, Ausfachungen aus Ziegelmauerwerk und großflächige Fenster.
Ein Erschließungskern mit Haupttreppenhaus, Aufzügen und Sanitärräumen wurde dem Gebäude im Norden vorgelagert. Die Stockwerke waren im Innern transparent und offen als Großraumbüros für jeweils ca. 200 Mitarbeiter konzipiert. Lediglich die 6. Etage (Level 8) erhielt räumliche Unterteilungen und eine repräsentative Ausstattung, denn hier arbeitete die Geschäftsleitung. Insgesamt verfügt das Hochhaus – einschließlich Keller – über 17 Geschosse und ist 72 m hoch.
Gebäude Nr. 21 war für die damalige Zeit mit beeindruckender Haustechnik ausgestattet: Vier Hochgeschwindigkeitsaufzüge (3,5 m/Sek. bzw. 1,75 m/Sek., regelbar), Paternoster, Gästeaufzug, Frachtaufzug, vollautomatische Klimaanlage, Druckluft betriebene Rohrpostanlage, Fassadenreinigungsanlage etc.
Weltweit einzigartig ist der Bata-Lift, ein 5 x 5 m großes, mobiles Büro, das mit Telefon, Klima-Anlage sowie fließend warmem und kalten Wasser ausgestattet war.
Da der Konzern nicht nur Schuhe, sondern unter anderem auch Maschinen, Reifen, Bodenbeläge und chemische Produkte produzierte, wurden die eingesetzten Materialien größtenteils selbst hergestellt bzw. bearbeitet. So stammten beispielsweise auch die Kautschukbodenbeläge aus der eigenen Produktion.
Komplettsanierung nach Leerstand
Auf Grund politischer Ereignisse verließ die Familie Bata das Land, das Unternehmen wurde verstaatlicht. Nach der Samtenen Revolution 1989 zerfiel der volkseigene Betrieb in zahlreiche kleine Unternehmen, die alle Anteile an dem Gebäude besaßen. Ende der 90er Jahre stand Nr. 21 auf Grund der ungeklärten Eigentumsverhältnisse leer. Nachdem im Jahr 2000 der öffentliche Dienst in der Tschechischen Republik neu organisiert wurde, übernahm die Region Zlin das Gebäude und ließ es für die Nutzung als Finanzamt und Regionalverwaltung komplett sanieren. Ziel der Sanierung war, dem mittlerweile denkmalgeschützten Hochhaus wieder den typischen Charakter zu verleihen und es gleichzeitig mit moderner Infrastruktur auszustatten.
So wurden die Marmorfensterbänke (Gesamtlänge: 2 km) ausgebaut, restauriert und wieder eingebaut, die Ziegelausfachungen gereinigt und fehlende Teile durch Nachbildungen ersetzt. Ferner wurden 307 Original-Bürofenster aus- und mit neuen, in der Außenansicht originalgetreuen Aluminiumprofilen wieder eingebaut.
Die inneren Profile erfüllen heutige Anforderungen an den Wärmeschutz. Das Kathedralglas der Treppenhäuser wurde durch den Einsatz historischer Herstellungsmethoden authentisch nachgebildet.
Beläge von mehreren Schichten verdeckt
Die Original-Kautschukbeläge waren noch vorhanden, doch von mehreren Schichten anderer Beläge verdeckt. Sie wurden in archäologischer Feinstarbeit freigelegt und sollten, so die ursprüngliche Idee, unter Doppelbodenkonstruktionen erhalten werden. Dies war allerdings aus technischen Gründen nicht zu realisieren.
Da Kautschukbeläge jedoch wesentlicher Bestandteil der Innenausstattung von Gebäude 21 waren und auf jeden Fall wieder verlegt werden sollten, wandte sich der Architekt bereits in einer frühen Planungsphase an die Freudenberg Bausysteme KG.
Das Unternehmen stellt seit über 50 Jahren die elastischen nora Kautschukbeläge her und hat seitdem kontinuierlich eine Vielzahl Designs, Oberflächenstrukturen und Farben entwickelt.
Heute umfasst die Kollektion zahlreiche Oberflächen und beinhaltet 250 verschiedene Farben. Aus diesem Programm wählten Bauherr und Architekt unterschiedliche Farben und Muster und ließen in dem sanierten Hochhaus rund 20 000 m² noraplan verlegen.
Rekonstruktion der Farbgebung
Besonderen Wert legten sie auf die Gestaltung des 6. OGs (Level 8), das innenarchitektonische Highlight des Hochhauses, denn es war für die Nutzung durch die Bata-Geschäftsführung besonders hochwertig ausgestattet worden. Im Zuge der Sanierung wurde hier, im Gegensatz zu den anderen Etagen, der ursprüngliche Grundriss wieder hergestellt.
Das Interieur wie beispielsweise die gewachste Holzvertäfelung sowie die Einbauschränke mit dem lackierten Ulmen- und Eschefurnier wurden einschließlich der Nickel-Beschläge restauriert.
In dieser Etage unterstrich einst ein marmorierter Kautschukbelag das edle Ambiente der Räume und Flure, und exakt dieser Eindruck sollte auch wieder hergestellt werden.
Die unter mehreren Schichten verborgenen Original-Beläge wurden herausgenommen und dienten Freudenberg als Vorlage für die Rekonstruktion der ursprünglichen Farbgebung und Muster.
Durch Einsatz traditioneller Produktionstechniken gelang es, die für die damalige Zeit typische, teilweise 3-farbige Marmorierung mit klaren Farbabgrenzungen zu reproduzieren.
Weitere Informationen
Kautschukbelag noraplan bba 533
Architekt Erbauung 1939–1939: Vladimir Karfik Tragwerkskonstruktion: Ing. Alfons Hübner Architekt Sanierung: Ing. arch. Ivan Bergmann, Ing. arch. Ladislav Pastrnek, Ing. Petr Všetecka
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