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Betonboden und Sichtestrich

Zementgebundene Designböden
Vielschichtig mit weniger Schichten

Die direkte Nutzung von Zementestrich und Betonboden ohne zusätzliche Schutzschichten ist die Fortsetzung des Sichtbetongedankens auf dem Fußboden. Geschliffene und/oder eingefärbte Designböden eröffnen neue Möglichkeiten der materialehrlichen Gestaltung und überzeugen durch hohe Lebensdauer und einfache Reinhaltung.

Markus Hoeft

Modernes Bauen ist vielschichtig – was schon in sich selbst eine vielschichtige Aussage ist. In der übertragenen Bedeutung verwendet ist das Wort „vielschichtig“ häufig positiv konnotiert, weil es etwa für Gedanken, Konzeptionen oder künstlerische Werke den Unterschied zum Simplen und Banalen ausdrückt. Vielschichtige Architektur ist insofern zu begrüßen.
In architektur-theoretischer Hinsicht steht die wortwörtlich verstandene Vielschichtigkeit aber auch in einem gewissen Gegensatz zum einfachen und klaren Entwurf. Denn Bauteile brauchen heute diverse Dämm- und Luftdichtheits- und Installations- und andere Schichten, die das unmittelbare Erlebnis der Konstruktion erschweren oder nicht selten sogar unmöglich machen. Beim Fußboden kommt hinzu, dass die mit einigem Aufwand hergestellten Nutzschichten, also der Estrich oder der Betonboden, regelmäßig mit Verschleißschichten wieder zugedeckt werden: Estrich im Wohnungsbau mit textilen oder keramischen Belägen, der Beton der Industrieböden mit Kunststoffbeschichtungen. Ein direktes Erkennen und Verstehen des Bodens findet praktisch nicht mehr statt, wodurch Vielschichtigkeit für bestimmte architektonische Ideen und Konzeptionen in Widerspruch zur Materialehrlichkeit sowie zur erlebbaren Optik und Haptik von Konstruktionen geraten kann.
Bei Wänden bietet sich in diesen Situationen Sichtbeton als möglicher Weg zu einer die Materialität betonenden, auf die Funktion reduzierten Architektur an. Gewissermaßen eine Fortsetzung dieses Sichtbetongedankens auf dem Fußboden stellt ein direkt genutzter Zementestrich oder Betonboden dar, die ohne zusätzliche Schutz- oder Verschleißschichten direkt begangen werden.
Das endgültige Erscheinungsbild muss hier aus dem Material der Nutzschicht herausgearbeitet werden, was den planerischen und handwerklichen Aufwand zunächst erhöht.
Dafür entfallen jedoch die Leistungspositionen für Teppiche, Fliesenverlegungen oder Industriebodenbeschichtungen komplett. Stattdessen erhält der Auftraggeber bei fachgerechter Ausführung einen Fußboden mit unverwechselbarem, weil praktisch nicht identisch wiederholbarem Design, der sich zudem durch eine hohe Verschleißarmut und Lebensdauer sowie einfache Reinhaltung auszeichnet. Einsatzgebiete der zementgebundenen Designböden sind dementsprechend Industrie- und Gewerbeobjekte, viel begangene öffentliche Räume in Museen, Messehallen, Hotelfoyers etc., aber auch der exklusive Wohnungsbau.
Regelwerke und Planungshilfen
Ein Designboden ist in technischer Hinsicht entweder ein Betonboden oder ein Zementestrich und muss im Grundsatz nach diesen Kriterien und Regeln geplant werden. Etwa im Hinblick auf die Dicke der Nutzschicht, ihre Belastbarkeit oder auch die Rutschsicherheit ihrer Oberfläche im gewerblichen oder öffentlichen Bereich.
Neben DIN 18560 zu den Estrichbau-weisen beschreiben die Merkblätter „Industrieböden aus Beton“ sowie „Zementestrich“, beide herausgegeben vom VDZ Verein Deutscher Zementwerke, die wichtigsten Planungs- und Ausführungsparameter. Für Designböden gibt es bisher keine umfassenden Normen und Richtlinien, jedoch zwei Merkblätter, die Teilaspekte der Gestaltung behandeln: das Merkblatt „Geschliffene zementgebundene Bodensysteme (ohne Estrich)“ der Bundesfachgruppe Betonwerkstein, Fertigteile, Terrazzo und Naturstein (BFTN) im ZDB sowie das Merkblatt „Farbige Fließestriche“ des IWM Industrieverband Werkmörtel.
Die umfassendste Planungshilfe dürfte im Moment „Zementgebundene Designböden“ sein, ein 32-seitiger Leitfaden zur Planung und Ausführung von oberflächenfertigen Estrich- und Betonböden, den Heidelberger Beton in Zusammenarbeit mit Schleifmaschinenherstellern, Schleiffachbetrieben und Sichtestrich-Spezialisten entwickelt hat.
Die Schrift ist umso hilfreicher, als die zu beachtenden Details und die in Frage kommenden Gestaltungsmittel darin weitgehend produkt- und herstellerneutral beschrieben werden.
Farbe mit Matrix oder Zuschlag
Die Optik von Designböden kann einerseits mit der Farbe des Zementsteins und/oder der Zuschläge sowie andererseits mit mechanischen Verfahren wie Glätten oder Schleifen in verschiedenen Intensitäten gesteuert werden. Einfluss auf die optische Wirkung hat außerdem das transparente Schutzsystem für die abschließende Imprägnierung bzw. Versiegelung. Der Zementstein lässt sich durch die Zugabe von Pigmenten im gewünschten Farbton herstellen. Verwendet werden vor allem pulverförmige Pigmente von Metalloxiden oder daraus hergestellte Flüssigfarbe (Slurry). In der Regel reichen Zugabemengen bis 5 Masse-% für die Farbgebung aus, wodurch sich die Verarbeitungseigenschaften und Festigkeiten der zementösen Matrix nicht wesentlich verändern.
Die Farbbrillanz der Matrix kann durch den Einsatz von Weißzement gesteigert werden, weil die Pigmente dann zu klaren, kräftigen Zementsteinfarben ohne Grauschleier führen.
Dies gilt auch für schwarze Einfärbungen. Ebenso kann der helle Weißzement, der das Bindemittel des Bodensystems Terraplan von Dyckerhoff ist, auch pur, also ungefärbt verwendet werden.
Je nach Art und Menge des Zuschlags bilden aber eventuell nicht der Zementstein, sondern die Zuschläge den optisch wirksameren Anteil am Bild des Bodens, weshalb speziell bei geschliffenen Oberflächen auch farbige Zuschläge geprüft werden sollten. Gängig sind helle Körnungen aus Marmor oder Kalkstein sowie dunkle aus Basalt, möglich ist aber ebenso roter, grüner und selbst blauer Edelsplitt.
Geschliffene Böden
Maßgeblich für die spätere Erscheinung der Gesteinskörnungen ist die Art und Intensität der mechanischen Oberflächenbehandlung. Frische Betonoberflächen werden durch Glätten oder Flügelglätten bearbeitet, wobei speziell eingefärbter Beton ein wolkig-marmoriertes Aussehen erhält. Eine gewisse Ungleichmäßigkeit der Farbgebung muss in diesen Fällen deshalb gewollt sein. Im Außenbereich sind auch das feine oder grobe Auswaschen und das Strahlen möglich, die der Oberfläche eine gewisse Rauigkeit und Textur verleihen, wie sie für Freiflächen vertretbar, aber für Innenräume wegen der Reinhaltung weniger geeignet ist.
Für Innenräume werden eher hochwertig glatte Oberflächen benötigt, weshalb das Schleifen die wohl wichtigste mechanische Bearbeitungsmethode für Designfußböden in Gebäuden darstellen dürfte. Geschliffen wird in mehreren Arbeitsgängen von grob nach fein, an die sich ggf. weitere Polierungen anschließen können. Dyckerhoff gibt für seinen Designboden Terraplan beispielsweise insgesamt sieben Schleifstufen bis zur hochglanzpolierten Oberfläche an.
Das Schleifen beginnt je nach Betongüte und –stärke 20 bis 28 Tage nach dem Einbau. Die Zuschläge müssen so gewählt sein, dass sie einem ähnlich starken Abtrag wie der Zementstein unterliegen. In den ersten Stufen des Schleifens, dem sogenannten Anschliff, tritt das Feinkorngefüge hervor und es entsteht ein kleinteilige Pfeffer-und-Salz-Optik. Im weiteren Feinschliff können die Zuschläge bis zu ihrem größten Querschnitt freigelegt werden, was dann ein dem Terrazzo ähnliches Aussehen erzeugt. Neben der oben schon erwähnten Kornfarbigkeit spielt auch die Korngröße eine wichtige Rolle. Mit der zunehmenden Anzahl und Feinheit der Schleifstufen entwickelt sich die bearbeitete Oberfläche von seidenmatt allmählich zu hochglänzend.
Fugenplan und Bemusterung
Gerade bei der Beschreibung der Ausführung wird klar, dass Designböden weniger ein Produkt sind, sondern vielmehr Ergebnis eines umfassenden Prozesses.
Der Planer muss einen qualifizierten sowie einschlägig erfahrenen Verarbeiter finden und diesem eine exakte Leistungsbeschreibung übergeben. Das Anlegen einer nicht zu kleinen Musterfläche sollte in jedem Fall vereinbart werden, damit eine eindeutige Verständigung über das gewünschte Ergebnis möglich ist. Und selbst dann ist zu berücksichtigen, dass Designböden Unikate sind und sich nicht exakt reproduzieren lassen – gerade das macht schließlich ihren Charme aus.
Dies gilt sowohl für den Komplettneubau eines Fußbodens als auch für zementgebundene Beschichtungen auf vorhandenen Böden. Für diese Anwendungen bietet beispielsweise die Franken Maxit Gruppe mit Durostone und Durocolour zwei designorientierte Lösungen mit Auftragsstärken bis 15 mm an. Gestaltbare zementbasierte Bodenspachtel gibt es auch im Pandomo-Sortiment von Ardex.
Sowohl bei den Beschichtungen als auch bei den direkt aus dem Betonboden oder dem Zementestrich herausgearbeiteten Oberflächen entstehen Ansichten, die einerseits an die handwerkliche Tradition des Terrazzos erinnern und andererseits die Gestaltungsvielfalt von Betonwerkstein auch für Vor-Ort hergestellte Fußböden erschließen. Gegenüber dem Terrazzo haben Designböden Vorteile durch geringeren Aufwand und weniger Kosten. Anders als das handwerkliche Terrazzo stellen speziell gestaltete Betonböden eine industrielle Bauweise – meist auf Transportbetonbasis – dar, die erst bei repräsentativen Flächen bestimmter Größenordnungen sinnvoll einzusetzen ist.
Im Vergleich zu Betonwerkstein überzeugt vor allem die Fugenlosigkeit gestalteter Estriche bzw. Böden. Präziser muss allerdings von Fugenarmut gesprochen werden, denn auch Designböden brauchen bei entsprechender Größe eine Feldeinteilung. Eventuell mindern diese Fugen etwas die Faszination ungestörter großer Flächen und stoßen darum beim Planer selbst oder beim Auftraggeber nicht auf ungeteilte Zustimmung.
Aber eine planmäßige Fuge sieht allemal besser aus als ein spontaner Riss, zumal sich die Fugen eventuell geschickt in die Muster des Designbodens integrieren lassen.
Statt einfacher geschnittener Fugen können Trennschienen oder Fugenprofile verwendet werden. Bei zu schleifenden Böden müssen diese und andere Einbauteile aus gut schleifbarem Material bestehen, etwa aus Messing oder Aluminium. Zu prüfen ist auch, ob Einbauten wie Bodenlampen oder Elektranten ggf. nachträglich mittels Kernbohrung installiert werden, weil sie dann die Homogenität der Fläche beim Schleifen nicht beeinträchtigen.
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