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Lasteinleitung auf kleinstem Raum

Verschattungskonstruktion für die 'Plaza de la Encarnación' in Sevilla
Lasteinleitung auf kleinstem Raum

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Der ‚Metropol Parasol‘ gilt als eine der größten Holzkonstruktionen überhaupt. Die Furnierschichtholz-Scheiben werden von ca. 61 000 Stahlbauteilen zusammen gehalten, die intensiver Sonne, Regen und der Meeresbrise ausgesetzt sind. Ein spezielles Oberflächensystem schützt die Verbindungsteile vor Korrosion und punktet mit exakt definierbaren Schichtdicken.

Dipl. Ing. Olaf Meier | jo

Der Entwurf des Metropol Parasol stammt vom Berliner Architekten Jürgen Mayer H. mitsamt Team und umfasst sechs miteinander ‚verwachsene Schirme‘, die bis zu 28 m hoch sind und eine Fläche von rund 11 000 m2 verschatten. Das Bauwerk beherbergt u.a. eine archäologische Ausgrabungsstätte, einen Markt sowie Bars und Restaurants.
Für die Umsetzung der Struktur nutzten das Architektenteam und die Tragwerksplaner von Arup aus Berlin das Tragvermögen ‚dünner Scheiben‘. Die mit der Realisierung der Holzkonstruktion beauftragte Merk Timber GmbH (heute: Züblin Holzingenieurbau) stellte diese Scheiben aus Kerto-Q-Platten her. Sie bestehen aus mehreren, miteinander verleimten, 3 mm dicken Schälfurnierschichten. Einige Furnierlagen sind um 90 Grad gedreht, wodurch sie auch in 90-Grad-Richtung noch eine relativ hohe Festigkeit aufweisen.
„Metropol Parasol ist eine hoch komplexe Konstruktion aus Furnierschichtholzelementen, die völlig neue Maßstäbe im Ingenieurbau setzt. Extrem große Abmessungen, ein dreidimensionales Tragwerk und die Vielzahl der unterschiedlichen geometrischen Formen waren große Herausforderungen, sowohl für den Einsatz von Holz, als auch für das Ingenieurwesen“, erklärt Fritz Kunz, Projektleiter bei Merk Timber.
Stahlbauteile als Verbindungselemente
Eine ganz besondere Herausforderung waren demnach die Verbindungen zwischen den Holzbauteilen – von ihnen hängt wesentlich das Tragverhalten der Struktur ab: Sie müssen die auftretenden Kräfte von bis zu 1,5 MN, das entspricht 150 Tonnen, zuverlässig in das Holz einleiten. Zudem müssen die Kräfte quer über die kreuzenden Holzscheiben übertragen werden. Gleichwohl sollten die Verbindungen möglichst leicht und klein sein, da sie sichtbar bleiben.
Lasteinleitung: Für die Momenten- und Normalkraftverbindung an der Ober- und Unterseite des Elements entwickelte Merk Timber daher eine spezielle Gabelkopfverbindung, die drehbar ist und auf der Baustelle zügig durch einen Bolzen stahlbaumäßig mit dem Nachbarbauteil gekoppelt werden kann. Die hohen Anschlusskräfte zwischen Stahlverbindungsteil und Holz werden mit eingeklebten Gewindestangen ins Holz geleitet.
Eine Besonderheit dabei ist die hochpräzise Verzahnung an Laschen und Anschlüssen, die eine gleichmäßige und damit besonders effiziente Lasteinleitung auf kleinstem Raum ermöglicht.
Korrosionsschutz
Genau diese Verzahnung erwies sich als weitere, knifflige Herausforderung hinsichtlich der Wahl des notwendigen Korrosionsschutzsystems für die Verbindungsteile.
Ein Korrosionsschutz durch Feuerverzinkung kam nach Ansicht der Verantwortlichen aus konstruktiven Gründen nicht in Frage, da die Verzahnungen bei den Momentenanschlüssen mit Zink vollgelaufen wären. Damit wäre die geplante Kraftübertragung nicht gesichert möglich gewesen.
„Die Beschichtung durfte einerseits nicht dicker als maximal 120 Mikrometer sein, um den Kraftschluss nicht zu gefährden und musste auf der anderen Seite einen sicheren Korrosionsschutz für die mäßig aggressive Meeresluft in Sevilla bieten“, erläutert Peter Birkner, Leiter Technik und Vertrieb der Südstahl GmbH & Co. KG. Dieses Unternehmen wurde für die Fertigung der 61 000 Verbindungsteile beauftragt.
Steuerung der Schichtdicke und Salzsprühtest
Ein entsprechendes Korrosionsschutzsystem, das all diesen Kriterien entsprach, fand Birkner bei der BOT Oberflächentechnik GmbH: Die Beschichtung OR 6000. Nach einem Salzsprühtest über einen Zeitraum von 6 000 Stunden wurden keine Ermüdungserscheinungen im Beschichtungsaufbau festgestellt.
Die hohe Korrosionsbeständigkeit wird durch die Kombination mehrerer Beschichtungen ermöglicht, die jeweils spezifische, sich ergänzenden Aufgaben bzw. Funktionen übernehmen: Gute Verankerung nachfolgender Beschichtungen, Resistenz gegen Öle, Säuren oder Laugen, Temperaturbeständigkeit etc.
Der gesamte Prozess der Bauteil-Beschichtung bei Südstahl – vom Sandstrahlen bis zur Pulverlackierung – ermöglicht zudem die Möglichkeit, die Schichtdicke sehr exakt zu steuern. So lässt sich die Schichtdicke im Bereich zwischen 102 und 154 Mikrometer genau einstellen, wodurch selbst Gewinde beschichtet werden können, ohne dass sie ihre Gängigkeit verlieren.
Der Hersteller des Beschichtungssystems konnte damit für die im Projekt Metropol Parasol verwendeten Stahlbauteile die notwendige, maximale Schichtdicke verbindlich zusichern.
Wiederbelebter, städtischer Platz
Der lange Zeit ungenutzte ‚Plaza de la Encarnación‘ ist heute – nicht zuletzt durch den üppig dimensionierten „Schirm“ und die dortigen Einrichtungen – ein unverwechselbarer Platz voller Leben. Sevilla hat damit zwischen Kathedrale und Calatrava-Brücke ein neues Ausrufezeichen, das auch die Möglichkeiten des heutigen Holzbaus öffentlichkeitswirksam inszeniert.
Architekt: J. MAYER H. und Partner Architekten, Berlin Tragwerksplanung: Arup, Berlin
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