Raupe oder Gürteltier, tropfen- oder eiförmig? Der Renzo Piano Building Workshop hat dem Neubau für die Filmkunst-Stiftung Fondation Jérôme Seydoux-Pathé eine spektakuläre Form gegeben. Ausgeführt wurde die ungleichmäßig gewölbte Gebäudekonstruktion in Holz, Stahl, Aluminium und Glas.
Die Stiftung Jeróome Seydoux-Pathé widmet sich dem Erhalt von Pathés Erbe. Charles Pathé ist als Filmpionier vom Anfang des letzten Jahrhunderts in die französische wie internationale Filmgeschichte eingegangen. Gleichzeitig trägt die Stiftungsarbeit auch zur Verbreitung der Kinematografie bei.
Der neue Hauptsitz der Fondation Jérôme Seydoux-Pathé befindet sich im Stadtzentrum von Paris im 13. Arrondissement, wo einst auch ein Theater von etwa 1850 stand, das in Paris` erstes Kino umgewandelt und in den 1960er Jahren komplett umgeformt wurde. Das Bauprojekt für die Stiftung schloss die Fassadensanierung entlang der Avenue des Gobelins mit den Skulpturen des jungen August Rodin ein.
Dabei bestand die planerische Herausforderung auch darin, den Neubau in den eng bebauten, historischen Häuserblock einzufügen. Ihren Entwurf verstehen die Architekten RPBW als offenen Dialog mit dem Bestand: Mit einer unerwarteten Präsenz zeigt er sich in Form eines frei gekrümmten Volumens. Verankert auf wenigen Stützen wirkt der Bau fast, als schwebte er im Hinterhof. Eröffnet wurde der Stiftungsneubau im September 2014.
Freiform-Geometrie
Bei der Ausführung der ungleichmäßig gewölbten, biomorph anmutenden Konstruktion aus Holz, Stahl, Aluminium und Glas arbeitete der Auftraggeber Frener & Reifer als Komplettanbieter für die Gebäudehülle mit Rubner Holzbau als Spezialist für anspruchsvolle Brettschichtholz-Konstruktionen eng zusammen.
Die außergewöhnliche organische Kuppelform besteht aus Brettschichtholz als primärer Tragkonstruktion sowie aus einer aufgesetzten Haut mit sekundärer Stahl-Aluminiumkonstruktion und zweifach gekrümmten Isolierglaseinheiten. Rubner Holzbau fertigte 32 BSH-Bögen aus Lärchenholz maßgenau vor, damit diese auf die vormontierte Stahlkonstruktion passten – insgesamt etwa 9 m³, die aufgrund der fließenden Dachwölbung alle unterschiedlich dimensioniert sind.
Die gering dimensionierten Lamellen sind nur 10 mm stark und 100 mm breit. Sie genügen mit wenigen und nur sehr kleinen Asteinschlüssen der geforderten, sehr hohen Sichtqualität. Alle Bögen sind am Auflager 17 cm hoch, zum First hin steigt die Höhe auf bis zu 27 cm an. Ihre Länge erstreckt sich auf bis zu 9,5 m. Die Unterseite besteht jeweils aus einer durchlaufenden Lamelle, während die Oberseite individuell gemäß den statischen Erfordernissen und der Kuppelform exakt bearbeitet wurde.
Da die Bögen die primäre Tragkonstruktion für die aufgesetzte Dachkuppel dar-stellen, war sowohl bei der Vorfertigung als auch bei der Ausführung der Anschlussarbeiten vor Ort von allen Beteiligten höchste Präzision verlangt.
Eine besondere Herausforderung stellte auch die Baustellensituation selbst dar, denn der Neubau liegt schwer zugänglich in einem beengten Hinterhof des 13. Arrondissements und ist von einem historischen Gebäudeensemble umschlossen. Letztlich musste für die abschließenden Montageschritte durch Rubner Holzbau und den Komplettanbieter für die Gebäudehülle, Frener & Reifer, selbst der Baukran teilweise demontiert werden, da er durch die Konstruktion ragte. Abgeschlossen wird die Konstruktion durch eine Außenverkleidung aus gebogenen perforierten Aluminiumlamellen.
Rubner Holzbau ist seit über 50 Jahren Partner für die Umsetzung von Konstruktionen aus Brettschichtholz (BSH), Dach- und Wandelementen, Brettsperrholz, Holz-Glas-Fassaden sowie Gebäudehüllen bzw. konstruktiven Komplettlösungen in ganz Europa. Mit jährlichen Mengen von 85 000 m³ BSH-Sonderbauteilen und 300 000 m² Dach- und Wandelementen profitieren Architekten, Planer und Bauherren europaweit von den integrierten Prozessen begonnen bei der Ausführungsplanung über die Fertigung bis hin zur Lieferung „just-in-time“ und Montage.
Entwurf: RPBW Renzo Piano Building Workshop, Paris
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