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Rechtlich abgesichert

Rauchableitung in Industriebauten
Rechtlich abgesichert

Thomas Fr. Hegger, Geschäftsführender Vorstand des FVLR Fachverband Lichtkuppeln, Lichtband und RWA e.V. sowie Obmann Normenausschuss DIN 18232 / red.

Die Mindestanforderungen an den baulichen Brandschutz in Industriebauten werden von der Muster-Industriebaurichtlinie (MIndBauRL) sowie der DIN 18232-2, die darüber hinaus auch die Entrauchung regelt, vorgegeben. Die im März 2000 verabschiedete Neufassung der MIndBauRL wurde inzwischen in einigen Bundesländern als technische Baubestimmung veröffentlicht. Von der DIN 18232-2, Rauch- und Wärmefreihaltung (bisher: Baulicher Brandschutz im Industriebau) liegt seit Dezember 2001 der Entwurf einer überarbeiteten Fassung von „Teil 2: Rauchabzüge“ vor. Doch wonach soll sich der Planer richten, wenn er vom Bauherrn den Auftrag für die Projektierung eines Brandschutzkonzeptes erhält?
Vorbeugend bauen
Nach Professor Gerd Motzke, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht München und Honorarprofessor für Zivilrecht und Zivilverfahrensrecht an der Universität Augsburg, ist auf Grund der Muster-Bauordnung (MBO) jeder Bauherr und Planer verpflichtet, so zu bauen, dass der Entstehung und Ausbreitung von Rauch und Feuer vorgebeugt wird und in einem Brandfall niemand zu Schaden kommt.
Dies könne im Fall der Rauchausbreitung in der Regel durch entsprechend ausgerüstete und dimensionierte Rauch- und Wärmeableitungsanlagen (RWA) gewährleistet werden.
Detaillierte Angaben zur Ausführung von RWA machen aber weder die MBO noch die Landesbauordnungen. Daher müssten – wie im Zivilrecht üblich – auch bei der Projektierung von Brandschutzmaßnahmen die betreffenden Ausführungsbestimmungen und die „anerkannten Regeln der Technik“ beachtet werden. Das wären für die Fragen der Entrauchung von Industriegebäuden die MIndBauRL und die DIN 18232-2.
„Anerkannte Regel der Technik“
Die MIndBauRL ist laut Motzke eher eine interne Verwaltungsanweisung: „Die MIndBauRL hat für das Zivilrecht und damit für die Mangel- und Haftungsfrage noch nicht die Qualität einer anerkannten technischen Regel – selbst wenn sie unter öffentlich-rechtlicher Sicht eine technische Bauregel ist“.
Dafür bestünden verschiedene Erfordernisse, die die MIndBauRL nicht erfüllt. Sie sei aber auf Grund ihrer Veröffentlichung von der Behörde und den am Bau Beteiligten zu beachten.
Wie Motzke weiter ausführt, gilt dagegen die DIN 18232-2, sobald sie zum Weißdruck wird, als „anerkannte Regel der Technik“. Da aber auch schon der Normenentwurf der nach DIN 820 entstandenen DIN 18232 von breiten Verkehrskreisen im Konsens erstellt wurde, darf schon für den Entwurf (Gelbdruck) vom „Stand der Technik“ gesprochen werden.
Daher folgert Motzke: „Wer im Zivilrecht die DIN nicht beachtet, macht sich – auch ohne dass ein Schaden entsteht – seinem Auftraggeber gegenüber wegen Schlechterfüllung haftbar.“ Ein Rücktritt vom Vertrag oder eine Minderung der Vergütung könnten die Folgen sein. Mit der MIndBauRL allein können nach Motzke reale Anwendungsfälle auch gar nicht bewältigt werden. Erst die DIN 18232-2 füllt die MIndBauRL inhaltlich aus. Sie geht zum Teil hinsichtlich der Anforderungen über deren grobe Vorgaben hinaus.
Daher ist DIN 18232-2 als Konkretisierung immer dann heranzuziehen, wenn nach der MIndBauRL eine Rauchabzugsanlage in Industriegebäuden vorgesehen ist.
Regressansprüche vermeiden
Wenn der Bauherr im Vorfeld vom Planer fordert, nur nach der MIndBauRL zu planen, sollte der Planer laut Motzke schriftlich Bedenken anmelden und darauf hinweisen, dass eine Projektierung nach der MIndBauRL alleine nicht ausreicht.
In Folge muss der Bauherr den Planer von der Verpflichtung auf die DIN entbinden. Damit sind spätere Regressansprüche vom Bauherrn an den Planer wegen Schlechterfüllung oder Nichtbeachten der Normalausführung vermeidbar.
„Das befreit den Planer aber nicht von seiner Haftpflicht Dritten gegenüber“, so der Jurist weiter. „Denn im Schadensfall kann nicht nur der Auftraggeber an den Auftragnehmer, sondern sogar jeder Geschädigte Ansprüche geltend machen.
Somit haben auch Dritte eine direkte Klagemöglichkeit wegen Schadenersatz.“
Wenn sich der Planer nicht nach den DIN-Vorschriften richtet, wäre außerdem sein Versicherungsschutz gefährdet. Denn die Berufshaftpflichtversicherung würde im Schadensfall kaum eintreten, weil der Versicherungsnehmer, also hier der Planer, grob fahrlässig oder wider besseres Wissen gehandelt hätte. Und dies tue er nach Motzkes Einschätzung immer dann, wenn er den anerkannten Stand der Technik, wie er insbesondere in DIN-Normen als Ausdruck anerkannter Regeln der Technik niedergelegt ist, nicht beachtet.
Der Planer hat im umgekehrten Fall, wenn er sich ohne ausdrücklichen Auftrag bei der Projektierung eines Brandschutzkonzepts nach der DIN richtet, nichts zu befürchten.
Motzke gibt Regressforderungen seitens des Bauherrn wegen höherer Investitionen, die auf Grund der DIN-Norm nötig waren, keine Chance auf Erfolg: „Selbst wenn die MIndBauRL formal ausreicht: Sie ist eben nur eine Verwaltungsvorschrift.
Bei Fragen der richtigen Ausführungen ist die DIN 18232 anzuwenden.“
DIN strafrechtlich relevant
Bei Nichtbeachtung der DIN-Norm hat der Planer nicht nur mit zivilrechtlichen, sondern auch mit strafrechtlichen Folgen zu rechnen. Denn laut Motzke verletzt derjenige, der den anerkannten Stand der Technik nicht beachtet, seine Pflicht in der Verkehrssicherung.
Damit entstehen im Schadensfall nicht nur Schadenersatzansprüche. Bei einem Todesfall z. B. auf Grund nicht ausreichender Entrauchung wird zudem die Staatsanwaltschaft alle diejenigen persönlich strafrechtlich zur Verantwortung ziehen, die den anerkannten Stand der Technik nicht beachtet haben. Das gilt auch für die Planer, die sich vorher vom Bauherrn von der Verpflichtung auf die DIN 18232-2 entbinden ließen (Abb. 1.5). „Der Planer ist daher gehalten, im Zivil- und im Strafrecht beide Regelungen zu beachten, sowohl die DIN 18232-2 als auch die MIndBauRL“, sagt Motzke und erklärt abschließend: „Meiner Überzeugung nach ist es so: Wer die DIN beachtet, erfüllt auch die Bedingungen der MIndBauRL – umgekehrt noch lange nicht.“
Beratungsservice
„Planer und Bauherren kommen mit der MindBauRL allein nicht weiter“, befindet Dipl.-Ing. Günther Reisewitz, Mitglied des Normenausschusses DIN 18232.
Nur in der DIN sei das „Wie“ der Bemessung und des Einbaus von natürlichen Rauchabzugsanlagen detailliert geregelt, während die MindBauRL über das „Ob“ entscheide.
Reisewitz empfiehlt bei Projektierungen von Brandschutzmaßnahmen den Service des Fachverbandes Lichtkuppeln, Lichtband und RWA e.V. Eine Beratung durch den FVLR und seine Mitgliedsunternehmen stelle sicher, dass der Planer sowohl unter rechtlichen als auch unter planungstechnischen Gesichtspunkten RWA nach den Regeln von DIN 18232-2 unter Berücksichtigung der MIndBauRL projektiert.
• Rechtliche Absicherung für Brandschutzplanung im Industriebau
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