Markus Hoeft
Die These von der Architektur als gestaltetem Raum beinhaltet neben anderem die Dreidimensionalität: Höhe, Breite und Länge des Raumes werden mit Maß, Struktur und Rhythmus geordnet.
Unter diesem Aspekt ist Freiflächengestaltung eine spannende Reduktion von Architektur, steht doch die Höhe als dritte Dimension nur sehr eingeschränkt oder gar nicht zur Verfügung.
Auf repräsentativen städtischen Plätzen oder in Fußgängerzonen kann die Höhe meist mit Bepflanzungen und Laternen sowie Bänken oder anderen Stadtmöbeln zumindest partiell „eingefügt“ werden. Schwieriger wird dies schon bei verkehrsberuhigten Wohnstraßen oder privaten Pkw-Abstellplätzen.
Auf großen öffentlichen Parkplätzen oder gewerblich genutzten Höfen fehlen Gestaltungsmöglichkeiten in der dritten Dimension oft völlig, weil sie die freie Benutzbarkeit und die ungehinderte Funktionalität stören würden. Trotzdem wird auch von diesen eher untergeordneten Freiflächen heute meist ein gewisses Maß an architektonischer Durchbildung und ästhetischer Ordnung verlangt.
Die Reduktion auf eine Gestaltung nur in der Fläche ist unter diesem Aspekt keinesfalls als Vereinfachung zu verstehen, sondern eher als Herausforderung.
Entwässerung gestalten
Der Tod jeder Struktur auf befestigten Freiflächen ist das gedankenarme, aber leider eben auch billige Zuschmieren mit Beton oder Asphalt.
Die Regel bei gestalteten befestigten Freiflächen wie Plätzen, (Neben-)Straßen und Höfen sind heute jedoch glücklicherweise Pflasterungen oder Plattenbeläge aus Beton, Klinker oder Naturstein.
Diese Nutzschichten aus kleinformatigen Elementen legen über die große leere Fläche ein kleinteiliges Raster und verleihen ihr damit Maßstab und Textur.
Das gilt selbst dann, wenn das Pflaster oder die Platten in eher einfacher und gleichförmiger Ausführung verwendet werden.
Anspruchsvoller und zumindest für alle repräsentativen Freiflächen auch anstrebenswerter sind gestaltete Nutzflächen.
Mit verschiedenen Formaten, Verlegebildern und Farben lässt sich über das Grundraster der Fugen eine zweite geometrische Ebene mit sehr variablen Formen legen. Das können beispielsweise regelmäßige Muster oder freie ornamentale Figuren sein.
Möglich sind auch perspektivische Gestaltungen, die in Linien auf einen markanten Punkt zulaufen bzw. von ihm ausgehen. Als Zielpunkt auf einem Marktplatz wären der Brunnen oder das Rathaus denkbar. Aber selbst bei viel einfacheren, um nicht zu sagen banaleren Freiflächen wie Hofanlagen sind die Einfahrt oder das Garagentor eventuell als zentralperspektivischer Punkt geeignet.
Bei Parkplätzen oder Wohnstraßen bietet sich außerdem die unterschiedliche Akzentuierung einzelner Nutzungsbereiche an, etwa indem Gehwege, Fahrflächen und/oder Fahrzeug-Abstellflächen mit jeweils anderen Farben und Formaten hervorgehoben werden.
Große befestigte Flächen benötigen für ihre Entwässerung technische Einbauten, die als punktförmige Abläufe mit unterirdischer Verrohrung oder als Linienentwässerung mit bündig in der Oberfläche liegenden Ablaufrinnen ausgebildet werden können. Diese funktionalen Elemente werden bisweilen als notwendiges, aber eigentlich lästiges Übel angesehen, das in irgendeiner Form nachträglich in die Planung einzufügen ist.
Erfolgversprechender dürfte es sein, sie von Anfang an in die Überlegungen einzubeziehen und sie damit als dritte ästhetische Ebene der Freiflächengestaltung zu interpretieren.
Speziell für Linienentwässerungen hat die herstellende Industrie hierfür eine Reihe interessanter Lösungen entwickelt.
Abflussmengen und Entsorgung
Befestigte Flächen können mit freiem Abfluss über den Rand entwässert werden, sofern sich versickerungsfähige Flächen anschließen.
Ist für Beete oder Versickerungsmulden jedoch kein Platz vorhanden oder ist die befestigte Fläche für einen alleinigen Randabfluss zu groß, müssen Entwässerungsrinnen vorgesehen werden.
Ihre Dimensionierung richtet sich vor allem nach der Größe der zu entwässernden Fläche, dem aus statistischen Werten zu ermittelnden Bemessungsregen sowie der Funktion der Freifläche.
Hier ist insbesondere zu entscheiden, ob ein zeitweiser Wasserstau während eines Starkregens hingenommen werden kann, wodurch sich Aufwand und Dimensionierung für die Entwässerung reduzieren lassen.
Anderenfalls ist der Bemessungsregen relativ hoch anzusetzen, etwa bei (Hauptverkehrs-)Straßen oder wenn tieferliegende Gebäudeteile geschützt werden müssen.
Aus der zu bewältigenden Abflussmenge ergeben sich die Anzahl und die Nennweiten der Punkt- und Linienentwässerungen. Die Hersteller bieten bei der Bemessung der Systeme Unterstützung an oder übernehmen diese teilweise sogar als Serviceleistung.
In Entwässerungsrinnen fließt das Wasser nur wenige Zentimeter unter der Oberfläche, so dass es ohne zusätzlichen Aufwand für Hebewerke o.ä. in Mulden, Rigolen, Schächten oder Rohren einer Versickerung zugeführt werden kann.
Ebenso unproblematisch ist in der Regel die Zuführung zur Misch- oder Regenwasserkanalisation der Kommunen.
Welche Form der Entsorgung zu wählen ist, hängt von der Schadstoffbelastung auf der befestigten Fläche und von der örtlichen Rechtslage bezüglich des Versickerns von gesammeltem Regenwasser ab. Denn nur das Versickern an Ort und Stelle gilt als natürlicher und somit in jedem Fall genehmigungsfreier Prozess. Sowie Regenwasser gesammelt und weitergeleitet wird, unterliegt es dem Wasserhaushaltsgesetz und daran anschließenden Verordnungen der Länder1).
Planungsgrundlagen
Linienentwässerungen sind geregelt in DIN EN 1433 Entwässerungsrinnen für Verkehrsflächen – Klassifizierung, Bau- und Prüfgrundsätze, Kennzeichnung und Beurteilung der Konformität; Deutsche Fassung EN 1433:2002 + AC:2004 + A1:2005. Ergänzende nationale Bestimmungen finden sich zudem in der Vornorm DIN V 19580 vom April 2003 Entwässerungsrinnen für Verkehrsflächen – Witterungsbeständigkeit, Einheitsgewicht und Fremdüberwachung.
Wichtig für die Produktauswahl sind die Belastungsklassen nach DIN EN 1433.
Je nach Belastungsklasse und Hersteller können die Rinnenkörper aus Beton, Polymerbeton, Faserbeton oder glasfaserverstärktem Kunststoff bestehen.
Sie haben Abdeckungen aus Walz-, Guss- oder Edelstahl sowie für die leichteren Belastungen auch aus Kunststoff.
Die Anbieter erleichtern die Systemauswahl teilweise dadurch, dass sie getrennte Sortimente für den eher designorientierten Garten- und Landschaftsbau sowie den vorwiegend funktions- und belastungsoptimierten Verkehrsbau führen.
Die Rinnenprofile können mit kontinuierlichem Eigengefälle bezogen werden, wodurch ein zügiger Wasserabfluss unabhängig vom Geländeprofil möglich wird.
Eine zweite Möglichkeit ist die Ausbildung von Stufengefällen, wobei Rinnenelemente verschiedener Bauhöhen verwendet werden. Drittens schließlich lässt sich mit geraden und gleichmäßig hohen Rinnen ein so genanntes Wasserspiegelgefälle ausbilden, etwa wenn eine natürliche Neigung bereits im Gelände vorhanden ist.
Markant oder reduziert
Die Basisausführung der Linienentwässerung besteht aus dem Rinnenkörper mit eckigem, rundem oder V-förmigen Ablaufprofil, der mit einer Abdeckung tritt- und verkehrssicher verschlossen wird. Als Gestaltungselement bietet sich hier vor allem die Abdeckung an.
Neben den klassischen Stegen bei Gussabdeckungen oder den Gitterrosten aus Walz- und Edelstahl gibt es verschiedene Designlösungen mit Lochplatten, ornamentalen Mustern oder geschwungenen Linien in den Abdeckungen.
Werden Rinnen mit aufgesetzter Stahlzarge verwendet, ist der eigentliche Rinnenkörper an der Oberfläche faktisch nicht mehr zu bemerken. Der angrenzende Pflaster- oder Plattenbelag lässt sich bis unmittelbar an die optisch unauffällige Zarge bzw. den Kantenschutz verlegen. Von der Entwässerung bleibt nur die Abdeckung sichtbar.
Einen ähnlichen Gedanken der Reduktion verfolgen die Schlitzrinnen bzw. Rinnen mit Schlitzaufsatz. Die Entwässerung ist hier nur noch als schmaler Schlitz im Belag zu erkennen, der eventuell nicht einmal mehr durch ein Abdeckung verschlossen werden muss. Der Rinnenkörper verschwindet vollständig im Untergrund. Ausführungen mit mittigem Schlitz eignen sich für den Einsatz mitten in der befestigten Fläche.
Außerdem gibt es Ausführungen mit seitlich über der Rinne angeordnetem Schlitz, die beispielsweise als kombinierte Flächen- und Fassadenentwässerung direkt an Gebäuden dienen können. Eine andere Gestaltungsvariante für Entwässerungen am Rand einer befestigten Fläche ist die Integration der Rinne in den Bordstein.
Wenn die nutzbare Aufbauhöhe innerhalb der Befestigung reduziert ist, können aus technischen Gründen Flachrinnen erforderlich werden. Bei gleicher Abflussleistung muss die kleinere Höhe hier mit einer größeren Breite kompensiert werden, was zu auffällig breiten Abdeckungen führt.
Eine gestalterische Alternative sind in diesem Fall Flachrinnen mit eingeformten Rillen, die wegen der geringen Tiefe und Breite der Rillen keine Abdeckung benötigen, dabei aber trotzdem verkehrssicher sind.
Dem Gedanken der Verkehrssicherheit und des Begehkomforts sollte der Planer in jedem Fall einige Aufmerksamkeit schenken.
Gerade optisch sehr reduzierte Lösungen mit Schlitzrinnen oder Flachrinnen ohne Abdeckung führen zu einer schlechteren Erkennbarkeit der Entwässerung für Fußgänger, was beispielsweise für Frauen mit Pfennigabsätzen zum Problem werden könnte.
Zu prüfen ist gegebenenfalls auch die Erkennbarkeit im Dunklen. Durch den fortgeschrittenen Entwicklungsstand bei LED-Beleuchtungen lassen sich Linienentwässerungen mit Lichtpunkten oder -bändern kombinieren.
Je nach Art und Nutzung der Freifläche erhöht die nächtliche Beleuchtung die tatsächliche Trittsicherheit oder auch die gefühlte Sicherheit gegen Kriminalität. Aber auch jenseits dieser funktionalen Überlegungen lassen sich mit Lichtlinien und Beleuchtungsmustern gestalterisch attraktive Effekte erzielen, die einfach nur gut anzuschauen sind.
Weitere Informationen
ACO bba 508
ANRIN bba 509
BIRCO bba 510
Hauraton bba 511
MEA bba 512
1. In Bayern sind beispielsweise die Verordnung über das erlaubnisfreie schadlose Versickern von gesammeltem Niederschlagswasser (NWFreiV) und die Technischen Regeln zum schadlosen Einleiten von gesammeltem Niederschlagswasser in das Grundwasser (TRENGW) zu beachten.
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