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Plus-Energie-Haus: Neubau eines Kindergartens mit Seniorentreff in Wiernsheim

Auch an später gedacht
Plus-Energie-Haus: Neubau eines Kindergartens mit Seniorentreff in Wiernsheim

Plus-Energie-Haus sowie Kombination aus Kindergarten und Seniorentreff – mit diesem Projekt in Wiernsheim-Serres realisierten die Planer von Raible Architekten aus Kornwestheim gleich zwei Antworten für drängende Probleme: die Energiewende und den demografischen Wandel. Entstanden ist ein spannendes Projekt in einer kleinen Kommune bei Pforzheim.

Dipl. Ing Architekt Marc Nagel

Niedrigenergiehaus, Passivhaus oder sogar Plus-Energie-Haus: Was im Wohnungsbau leider noch nicht zur Normalität gehört, aber immer häufiger realisiert wird, ist bei manchen öffentlichen Bauten noch Zukunftsmusik. Anders in Wiernsheim, im Teilort Serres: Hier entstand nach den Plänen von Raible Architekten der erste Plus-Energie-Kindergarten Deutschlands und zeigt auf unspektakuläre, aber überzeugende Art, wie Bauen für und mit der öffentlichen Hand heute erfolgen kann. Dass man bei der Verwaltung von Wiernsheim zudem einen Seniorentreff ins Raumprogramm aufnahm, unterstreicht, dass hier wirklich an die Zukunft gedacht wird. Passende Stichworte für das Projekt sind Klimawandel, Energiewende und demografische Entwicklung.
Mitten drin
Platziert wurde der kommunal betriebene Kindergarten im Herzen der kleinen Ortschaft Serres, die in ihrem Charakter einem typischen Straßendorf entspricht. Umgeben von Wohnbebauung fügt sich das neue Plus-Energie-Haus in die bestehende Struktur ein und stellt doch einen besonderen Punkt dar. Denn statt eines hier üblichen Satteldaches wählten die Architekten einen eingeschossigen Flachdachbau mit aufgesetztem Zusatzgeschoss, das ein leicht gewölbtes Metalldach des Systems Kalzip trägt.
Doch nicht nur die Dachform ist ungewöhnlich, sondern auch die Nutzung des Daches. Statt mehrere Flächenkollektoren einzusetzen und so das Dach sowohl in gestalterischer als auch in technischer Hinsicht zu verändern, wählten die Planer von Raible Architekten gemeinsam mit Fachingenieuren von der Ingenieursgesellschaft für Technische Ausrüstung mbH in Pforzheim (IGP) Dünnschichtlamellen aus amorphem Silizium in Triple-Junction-Ausführung. Das Produkt Kalzip AluPlusSolar, das auf das Blechdach auflaminiert wurde, hat dabei gleich mehrere Vorteile. Es kann aufgrund der geringen Materialstärke direkt auf die Dachhaut aufgebracht werden und folgt so auch einer runden Dachform wie in Wiernsheim.
Zudem gewährleistet die Triple-Junction-Technik einen effizienteren Betrieb. Denn jeder der drei übereinander liegenden Zellen ist für einen anderen Spektralbereich des Tageslichts empfindlich. So kann selbst bei diffusem Tageslicht auf einer Gesamtfläche von 253 m2 noch eine ordentliche Energiemenge in Strom umgewandelt werden. Mit einer Spitzenleistung von 10 kWp bei einer erzeugten Gesamtenergiemenge von 9 110 kWh/Jahr erzeugt die Anlage mehr Strom, als für den Betrieb des Kindergartens und des Seniorentreffs notwendig ist. Bei einem Gesamtenergiebedarf von 8 762 kWh/Jahr können somit 348 kWh/Jahr ins Stromnetz abgegeben werden.
Damit die erzeugte Leistung jedoch nicht durch eine schlecht abgestimmte Haustechnik wieder verbraucht wird, mussten die Planer von IGP eine Haustechnikanlage entwerfen, die eine effiziente Wärmeversorgung ebenso berücksichtigt wie eine gute Lüftungsanlage.
Gut geregelt
Nur so und mit durchdachter Steuer- und Regeltechnik konnte sicher gestellt werden, dass das Ziel vom  Plus-Energie-Haus erreicht wird. Die hierbei eingesetzten Komponenten sind hauptsächlich eine Lüftungsanlage von Robatherm sowie eine Wärmepumpe des Typs WPS 11 von Buderus. Während die Lüftungsanlage jeden Raum be- und entlüftet und dabei eine Gesamtluftmenge 1 200 m3/h bewältigt und somit für einen ausreichenden Luftaustausch sorgt, verfügt die Wärmepumpe über eine Heizleistung von 10,6 kW und sichert die Versorgung mit Wärme. Die Sole-Wasser-Wärmepumpe nutzt dabei die erschlossene Geothermie, die aus zwei, 80 m tiefen Erdsonden gewonnen wird. Für Zeiten von Spitzenabfragen verfügt das System zudem über einen Pufferspeicher mit einem Volumen von 120 l, so dass ausreichend Wärme für die Beheizung mittels Fußbodenheizung vorhanden ist. Auch die Zuluft für die Belüftungsanlage wird über 120 m lange Erdrohre angesaugt und somit vorgewärmt bzw. vorgekühlt. Zudem sorgt ein effizienter Wärmetauscher in der Lüftungsanlage dafür, dass die Wärme der Abluft genutzt werden kann. Der Wirkungsgrad liegt bei 87 %. Gesteuert wird das System über Steuergeräte der jeweiligen Hersteller, bei der Lüftung über ein System von Robatherm und bei der Wärmepumpe über eine Buderus-Einheit.
Alle Komponenten sind aufeinander abgestimmt und werden auch von der vorhandenen Regeltechnik beeinflusst. So sorgen Magnetschalter in den Fenstern dafür, dass die Heizungs- und Lüftungsanlage bei geöffneten Fenstern abschaltet. Darüber hinaus überprüfen weitere Sensoren die jeweilige Lichtsituation und passen diese an. Die Verbindung der einzelnen Komponenten untereinander erfolgt über EIB (Europäischer Installations Bus).
Ganzes Spektrum
Doch nicht nur bei der Haustechnik präsentiert sich das Plus-Energie-Haus in Wiernsheim-Serres als zukunftssicher. Auch das Raumprogramm passt in den Gedanken, nicht für heute oder morgen, sondern auch für übermorgen zu planen. Denn neben dem Kindergarten, der insgesamt 372 m2 der Fläche belegt, wurde im Erdgeschoss ein Seniorentreff auf 123 m2 eingerichtet. Dieser ist über einen separaten Eingang an der Ostseite des Gebäudes erreichbar, baulich jedoch mit dem Kindergarten verbunden. So können, bei Bedarf, die Räumlichkeiten auch gemeinsam genutzt werden. Natürlich wurde der Seniorentreff barrierefrei angelegt und verfügt zudem über eine vorgelagerte Terrasse als Freisitz, die er sich ebenfalls mit dem Kindergarten teilt. Komplettiert wird der Seniorentreff von WCs sowie einer kleinen Küche.
Daneben belegt der über die Westseite des Gebäudes erreichbare Kindergarten das Erdgeschoss mit Gruppenräumen, Küche, Nebenräumen sowie WC und Küche. Im Obergeschoss, das der Nutzung durch den Kindergarten vorbehalten und über eine Treppe erreichbar ist, befinden sich ein Kleinkindergruppenraum, ein Ruheraum, eine Spielgalerie, ein WC mit Bad sowie die Technikzentrale. Die Technik wurde hier untergebracht, da der Bau nicht unterkellert wurde. Aufgrund der schwierigen Bodensituation, es handelt sich um Gipskeuper, der zum Quellen neigt, wurde die Bodenplatte auf 44 Betonpfählen platziert und hält zudem einen Ausgleichsraum von 35 cm zwischen Bodenplatte und Erdreich frei.
Zeichen gesetzt
Insgesamt wurde mit dem neuen Kindergarten in Wiernsheim-Serres ein Zeichen gesetzt. Zum einen, weil man hier auf ein mehr als gutes Verhältnis zwischen Energieverbrauch und Energiegewinnung setzt. Zum anderen, weil man Kinder und Senioren gleichermaßen einen passenden Raum bietet und so das Leben im kleinen Ort bei Pforzheim ernst nimmt. Und schließlich, weil sich auch die Architektur mit ihrer Mischung aus weißer sowie farbiger Putzfassade, Holzlamellenfassade aus Lärchenholz und dem gewölbten Dach aus der sonst von Satteldächern geprägten Umgebung abhebt.
Alfed Raible, Architekt: „Jung und alt, vereint unter einem Dach mit innovativem und umweltschonenden Energieeinsatz, das war nur möglich dank der intensiven Zusammenarbeit mit Bürgermeister Oehler und dem Gemeinderat der Gemeinde Wiernsheim. Entstanden ist ein Bauwerk, das den Bürgern der Gemeinde von klein auf ein Vorbild für künftige Projekte sein soll.“
Architekturbüro: Dipl.Ing.Fh.Fr.Architekt Alfred Raible, Kornwestheim Technik: Michael Storz, Ingenieurgesellschaft für Technische Ausrüstung mbH, Pforzheim
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