Nur einen Steinwurf vom Hamburger Hauptbahnhof entfernt hat sich das Golden Cut etabliert. Seit der Eröffnung im Herbst 2004 ist das Gastronomiekonzept von Manuel Bereuther und Dirk Schmitz nicht mehr aus der Hamburger Szene wegzudenken.
Dreidimensional angelegt beherbergt das Golden Cut ein Restaurant, eine Lounge und einen Nachtclub unter dem Dach des Ernst-Merck-Hauses.
Dabei verbindet das Ganze die Gedanken eines innovativen Nachtclubs mit den Elementen der Club- und Loungebewegung sowie dem innovativen Ambiente eines kreativen und anspruchsvollen Restaurants.
Spürsinn für Gesamtbild
Die Verbindung dreier Elemente ohne den Verlust von Identität war, kombiniert mit der bestehenden Architektur des Gebäudes, erster Ansatz der inhaltlichen Konzeption und Umsetzung der Innenarchitektur.
Damit beauftragten Bereuther und Schmitz die Hamburger Agentur noumenon. Die Produktdesignerin Heike Schaffernicht, Geschäftsführerin der noumenon gmbh, war federführend in der Konzeption und Umsetzung. Sie hat neben zahlreichen Konzepten für Messeprojekte auch im Jahr 2000 das Bar-Restaurant „Bereuther“ in Hamburg, damals noch mit der Agentur „just blue design“ konzipiert und realisiert. Schon mit diesem Projekt hat sie Manuel Bereuthers Ideen außergewöhnlich interpretiert sowie Feingefühl und Spürsinn für stilistische Kombination bewiesen.
„Die größte Herausforderung war, verschiedene räumliche Inhalte so auf einer Ebene zusammen zu führen, dass sie miteinander wirken, ohne sich gegenseitig Raum und Identität zu nehmen“, so Heike Schaffernicht. „Traditionelles wird mit Modernem, aber auch Zeitlosem kombiniert und schafft innerhalb einer neuen eigenen Identität Platz für verschiedene Räume, Ideen und Menschen.“
So erhält das Golden Cut den Eindruck eines Gesamtbildes, das ähnlich einem Tryptichon aus drei verschiedenen Bildern besteht, die sich gegenseitig ergänzen, aber auch solitär stehen können.
In warmer Sechziger-Jahre- Atmosphäre essen
Ein zentrales Entree stimmt den Gast auf die verschiedenen Welten ein. Hier kann er entscheiden, ob Restaurant, Lounge oder Nachtclub angesteuert wird. Wählt der Gast einen der siebzig Sitzplätze im Restaurant, so empfängt ihn in dem großen hohen Raum ein zentraler imposanter Tresen, der in seiner Gestalt stark an den Look der sechziger Jahre erinnert, hier aber in modernem Licht erstrahlt.
Ergänzt wird dies durch die dänische Bestuhlung: Aufgearbeitete Teak-Stühle in Anlehnung an einen Entwurf von Hans J. Wegner. Die durch die Farb- und Materialauswahl sehr warme Atmosphäre wird in den Zapfenleuchten aus dem Jahre 1957 von Poul Henningsen fortgeführt und korrespondiert mit den überdimensionalen Stoffelementen, die außer Haptik und Proportion vor allem eine angenehme Akustik erzeugen.
Eine neben dem Tresen offen gestaltete Küche gewährt Einblicke in das dortige Treiben, ohne zu belästigen. Eingehüllt in warme Farben und emsiges Summen des Restaurants, genießen die Gäste hier kalifornische Sushi oder euroasiatische Küche und lassen sich durch den Abend treiben.
Chillout in der Lounge
Zwischen Restaurant und Nachtclub befindet sich die Lounge, die separat genutzt werden kann, aber auch dem Digestif nach dem Essen dient und zwischen Restaurant und Nachtclub als fließendes Transportmittel betrachtet werden kann.
Der quadratische Raum erscheint wie eine Etui-Schatulle durch die überdimensionale Spiegelkugel in Relation zur Raumgröße, der strukturierten Decke sowie radial angeordneten Polsterflächen und Spiegelflächen. Fühlt man sich im Bereich der Sitzflächen beschützt, führt der Blick im Bereich der Spiegelelemente ins Unendliche. Ein DJ sorgt für den adäquaten Sound.
Führt der Eintritt in die Lounge durch das Restaurant, so kann sie über einen in violettes Licht getauchten „Sportraum“ mit Kicker und Selbstversorgerautomaten Richtung Nachtclub verlassen werden.
Nachtclub für alle Sinne
Dort findet sich eine völlig andere Welt wieder. Es dominieren visuelle Flexibilität, Dramaturgie und moderne Technik das Geschehen. In Längsausrichtung des Raumes erscheint ein Tresen, der durch seine verspiegelte Materialität und sehr reduzierte Formsprache den Raum in seiner Oberfläche aufnimmt und somit unsichtbar wird.
Anstatt Rückbuffet hinter der Bar ist eine Wandstruktur entwickelt worden, speziell für den Zweck der variablen Dekoration. Im Vergleich zur sonst farblich sehr neutral gehaltenen Umgebung im Bereich der Tanzfläche kann dort Mut und Fantasie voll zum Ausdruck gebracht werden. Diese Details sind Heike Schaffernicht wichtig, um in der streng meist sehr konsequenten Gestaltung der heutigen Zeit auch Raum für Emotionen und Veränderbarkeit zu schaffen.
Gegenüber dem Tresen ermöglichen Podestanlagen einen Überblick über den Club. Entlang der Wand installierte Sitze von Achille Castiglioni in klassischer Treckeroptik laden zum Beobachten ein und bilden wieder einen Kontrast zu den sonstigen Sitzelementen, die von der Formsprache eher monolithisch beschrieben werden können.
In der Mitte des Nachtclubs, direkt hinter der Tanzfläche thronen DJ und VJ. Videobilder, gemischt mit digitaler Technik werden via Rückprojektion auf große wandfüllende Projektionsflächen gebeamt. Auch die Beleuchtung der Tanzfläche wird rein digital über Videotechnik gesteuert.
Die gesamte Farbe und Anmutung des Raums wird von den bewegten Bildern der Projektionen beeinflusst. Diese Kombination aus Technik, Musik und Bildern ermöglicht es, die Stimmung in dem rund vierhundert Menschen fassenden Objekt aufzunehmen, zu spiegeln und zu steuern.
Relaxen im kuriosen Stilmix
Hinter dem DJ-Pult ist eine weitere Lounge angesiedelt, die durch charmante Details den Charakter des gesamten Konzepts widerspiegelt. Teaksessel im Look der Wohnzimmer der 60er Jahre werden amüsant kombiniert mit seltsam schräg stehenden Stehleuchten.
Wie Pilze wachsen sie aus dem Boden. Große Teile der Wandflächen sind belegt mit unterschiedlich farbigen Flächen, die an Fischschuppen oder Schindeln erinnern: Kuriose Stilelemente, die in der Summe den Charme des Objektes ausmachen.
Innenarchitektin: Heike Schaffernicht, noumenon gmbh, Hamburg
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