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Kontrastreiches Zusammenspiel

Einfamilienhaus in Hoofddorp
Kontrastreiches Zusammenspiel

Robert Uhde

Mit insgesamt etwa 7 000 neuen Wohnungen ist das rund zehn Kilometer westlich vom Flughafen Amsterdam-Schiphol gelegene Quartier „Hoofddorp-Floriande“ eines der größten aktuellen Neubauviertel der Niederlande. Wo bis vor kurzem nichts als eine grüne Wiese lag, entsteht seit einigen Jahren auf insgesamt 14 dicht aneinander gereihten „Wohninseln“ ein staatlich geförderter Stadtteil für mehr als 20 000 Menschen.
Einer der spannendsten Blickpunkte aus architektonischer Sicht ist dabei das im Zentrum des Areals, in der Straße Statendam, neu errichtete Einfamilienhaus des im letzten Jahr im Alter von 57 Jahren unerwartet verstorbenen Amsterdamer Architekten Paul Verhey. Der kubusförmige Bau überzeugt vor allem durch seine minimalistische Formensprache und sein kontrastreiches, fast asketisch detailliertes Zusammenspiel von massivem Sichtbeton und transparenten Glasflächen.
Anders als die überwiegend mit Reihenhäusern bebauten anderen Wohninseln in Floriande sind im Bereich des Statendams ausschließlich frei stehende Einfamilienhäuser entstanden. Die meisten dieser Neubauten präsentieren sich als eher konventionelle Lösungen von der Stange, bisweilen finden sich sogar kleine neoklassizistische Villen oder Imitationen adliger Herrenhäuser.
Vorne zu, hinten offen
Um so überraschender fällt der Anblick des Projekts von Paul Verhey aus: Um an diesem nicht ganz einfachen Standort den Wunsch der fünfköpfigen Bauherrenfamilie nach einem modern gestalteten Einfamilienhaus mit möglichst großem Garten zu realisieren, das neben viel Offenheit und Transparenz auch ausreichend Privatheit ermöglicht, entwickelte der Architekt einen klar und einfach strukturierten Kubus, dessen zunächst sichtbare Fassaden in Richtung Westen, Osten und Norden als nahezu geschlossene Sichtbetonwände mit nur wenigen horizontalen und vertikalen Fensterbändern gestaltet wurden. Das komplette Gegenbild zu diesem ganz bewusst hermetisch gestalteten ersten Eindruck bietet die vollständig geöffnete Südseite zum rückwärtigen Garten, wo eine großflächige, mit breiten Schiebetüren und Sonnenschutz-Paneelen aus rötlichem Zedernholz ausgebildete Glasfassade einen fließenden Übergang zwischen Innen und Außen schafft. Die einzelnen Elemente lassen sich unabhängig voneinander öffnen oder schließen, so dass die Bewohner Ein- bzw. Aussicht, Licht sowie Frischluftmenge vollkommen flexibel und je nach Funktion des dahinter gelegenen Raumes bestimmen können.
Im Erdgeschoss ermöglichen die mit eleganten Aluminium-Profilen ausgestatteten Schiebetüren einen direkten Zugang zum Garten. In den darüber gelegenen Ebenen wurden Französische Balkone integriert, um einen maximalen Bezug zwischen Innen und Außen zu erzielen.
Zusätzliche Privatheit bietet den Bewohnern die ebenfalls durch Paul Verhey konzipierte Randbepflanzung des Grundstücks, die in einigen Jahren die Innenräume und den mit einer breiten Terrasse und einem kleinen Wasserbecken gestalteten Garten von der umliegenden Bebauung abschirmen sollen.
Split-Level
Um ein offenes und fließend ineinander übergehendes Raumkontinuum mit optimaler Nutzung der zur Verfügung stehenden Fläche bei möglichst großem Garten zu schaffen und um gleichzeitig die Materialität der Außenhülle zu betonen, entschied sich Paul Verhey bei der Organisation des Innenraumes für eine Split-Level-Einteilung mit einem teilweise unter der Erde platzierten – und über eine schlichte Treppe mit Betonstufen erschlossenen – Eingangsbereich sowie einer ebenfalls leicht versenkten Garage.
Bewohner und Besucher treffen so beim Betreten des Hauses auf eine nahezu verschlossene Frontfassade aus Sichtbeton, die durch ihre abstrakte Gestaltung mit den wenigen schmalen Fensters sowie den auf der Betonoberfläche sichtbar gebliebenen Gusspunkten und der Maserung der Holzverschalung keinerlei Rückschlüsse auf die Grundrissaufteilung im Inneren des Hauses erlaubt. Die Idee zu dieser Lösung kam Paul Verhey beim Anblick von Wohnungen im Jemen, den er während des Planungsprozesses bereist hatte.
Die gesamte vertikale Erschließung erfolgt über Betontreppen im vorderen nördlichen Bereich des Hauses. Im Inneren des Wohnbereiches angelangt, trifft der Blick dann zunächst auf das 4,50 Meter (!) hohe Wohnzimmer im leicht erhöhten östlichen Teil des Erdgeschosses. Offen mit dem Wohnzimmer verbunden sind die im Halbgeschoss darunter angesiedelte Essküche mit ebenerdigem Zugang zur Gartenterrasse sowie das auf der ersten Ebene platzierte und mit einer offenen Galerie gestaltete Arbeitszimmer für den freiberuflich als Account-Manager tätigen Bauherrn.
Direkt dahinter liegt der Elternbereich mit Schlafzimmer, Badezimmer sowie Umkleidezimmer. In dem für die drei Kinder reservierten zweiten Obergeschoss schließen sich drei helle Schlaf- und Wohnzimmer, ein Badezimmer und ein Wohn-/Studier-/Gästezimmer an. Darüber hinaus steht hier eine Außenterrasse mit separatem Außenzugang über eine an der Ostseite des Hauses verlaufende Außentreppe zur Verfügung, so dass die Eltern die gesamte Etage nach dem Auszug der drei Kinder ohne weitere Umbauten getrennt vermieten könnten.
Innere Konsequenz
Der nach außen hin formulierte Anspruch an Reduktion und Einfachheit findet im Inneren des Hauses seine konsequente Fortführung. Das durch Paul Verhey gemeinsam mit dem befreundeten Innenarchitekten Paulus Egers aus Apeldoorn entwickelte Interieur zeigt eine zurückhaltende, aber eindeutig formulierte Materialsprache mit Terrazzo- und Holzböden sowie lasierten Sichtbetonwänden, auf denen wie im Außenbereich noch die Gusspunkte und die Maserung der Holzverschalung sichtbar geblieben sind.
Gemeinsam mit den mit den zum Teil selbst entworfenen Möbeln – neben seinem Architekturstudium an der Akademie für Baukunst in Amsterdam hat Paul Verhey auch Innenarchitektur an der Akademie der Bildenden Künste in Utrecht studiert –, sowie weiteren gezielt eingesetzten Detaillösungen entstand eine kontrastreiche Kulisse für das lebhafte Lichtraster, das im Verlauf des Tages durch die Sonnenschutz-Paneele hindurch auf die Innenwände des Hauses geworfen wird. Ein gelungener Kunstgriff, der das Leben und Wohnen in der Villa ganz unverhofft zum bewegten Erlebnis werden lässt.
Weitere Informationen
Isolierglas bba 501
Alu-Fassadenprofile bba 502 Glasschiebetüren bba 503
Architekten: Entwurf: Paul Verhey Architecten, Amsterdam Projektarchitekt: Paul Verhey Mitarbeit: Martijn Anhalt Statik: Duyts Bouwconstructies b.v. Amsterdam Interieur: Paul Verhey, Amsterdam; Paulus Egers, Apeldoorn Landschaftsarchitekt: Paul Verhey, Amsterdam
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