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Komplett neues Berechnungsverfahren

Weiterentwicklungen des baulichen Schallschutzes
Komplett neues Berechnungsverfahren

Dipl.- Ing. (FH). Thomas Hanold, Bundesverband Kalksandsteinindustrie Hannover, und Dipl.- Ing. Architekt Bernd Niebuhr

Neue Wege im Schallschutz ergeben sich durch das neue europäische Rechenverfahren der zukünftigen DIN 4109.
In der Planungs- und Ausführungspraxis wird ein komplett neues Berechnungsverfahren für größere Sicherheit sorgen. Insgesamt erhöht sich die Transparenz im schalltechnischen Gesamtkonzept des Gebäudes.
Vereinheitlichung der technischen Regelwerke
Die Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes hat für den Bausektor eine Vereinheitlichung der technischen Regelwerke – der Normen – zur Folge.
In diesem Zusammenhang wird zur Zeit auch die Schallschutznorm DIN 4109 überarbeitet.
Beschlossene Sache ist inzwischen die Einführung eines komplett neuen, genaueren Berechnungsverfahrens.
Das zukünftige Konzept beinhaltet wesentliche Veränderungen mit weit reichenden Chancen für Planung, Konstruktion und Ausführung sowie zahlreiche Weiterentwicklungen des baulichen Schallschutzes.
Ein umfangreiches Untersuchungsprogramm wurde an der Fachhochschule Stuttgart, Lehrgebiet Bauakustik, unter Leitung des renommierten Akustik-Experten Prof. Dr.-Ing. Heinz-Martin Fischer in Zusammenarbeit mit der Kalksandsteinindustrie durchgeführt. Anhand umfangreicher, praxisgerechter Prüfstandmessungen, Schallmessungen an ausgeführten Bauten mit Kalksandstein-Wandkonstruktionen und theoretischen Ansätzen wurden unter anderem folgende Ergebnisse ermittelt:
• Der Schallschutz wird sich in Zukunft genauer planen und ausführen lassen, so dass sich für die Praxis deutlich mehr Sicherheit ergibt. Die „theoretischen“ Rechenwerte des neuen Verfahrens stimmen besser mit den „praktischen“ Ergebnissen von Baustellenmessungen überein. Insbesondere bei der Schallübertragung über leichte flankierende Wände liefert das neue Verfahren exaktere Werte.
• Die Schallübertragungsmechanismen werden wesentlich transparenter, so dass Bauteile unter schalltechnischen Gesichtspunkten leichter optimiert werden können. Die neuen Berechnungen sind allerdings nur noch mit entsprechender Software durchführbar. Hier hat die KS-Industrie in Zusammenarbeit mit Prof. Fischer ein neues, leistungsfähiges, Softwareprogramm entwickelt. Planer können mit dem „KS-Schallschutz-Rechner“ Berechnungen nach dem neuen europäischen Rechenverfahren auf einfache Weise durchführen.
• Eine neue Kalksandstein-Stumpfstoßkonstruktion erhöht Planungs- und Ausführungssicherheit.
• Der Konflikt zwischen Wärmeschutz und Schallschutz ist mit KS-Konstruktionen praxisgerecht gelöst.
• Die Planung des Schallschutzes erhält einen höheren Stellenwert.
Die Neuerungen im Rechenverfahren nachfolgend im Überblick.
Berücksichtigung der Flankenübertragung
Die im Einzelfall vorhandene Bauteilsituation wird wesentlich genauer erfasst. Neben dem eigentlichen Trennbauteil, zum Beispiel der Wohnungstrennwand, werden zur exakten rechnerischen Berücksichtigung alle Schallübertragungswege betrachtet und in die Berechnung einbezogen.
Eine entscheidende Rolle spielt dabei die flankierende Schallübertragung, beispielsweise über Außen- und Innenwände, sowie Decken (Bild 1).
Jedem an der Schallübertragung beteiligten flankierendem Bauteil wird ein Flankendämm-Maß zugeordnet. Auf diese Weise kann sein Anteil an der gesamten Schallübertragung besser ermittelt werden.
Ein Beispiel: Für eine Wohnungstrennwand aus Kalksandstein (24 cm, Rohdichteklasse (RDK) 2,0) ergibt sich ein Direktschalldämm-Maß von 58,7 dB.
Die zwei flankierenden KS Wände (beide 17,5 cm und RDK 1,8) sind mit einem resultierendem Flankendämm-Maß von 66,1 dB an der Schallübertragung beteiligt. Die Stahlbetondecke (18 cm) erreicht 66,1 dB.
Die gleich dicke Stahlbetonsohle mit schwimmendem Estrich ist mit 73,0 dB dabei. Aus diesen fünf Einzelwerten ergibt sich das Gesamtschalldämm-Maß zu 56,7 dB. Die schwere KS-Wohnungstrennwand liefert hier einen sehr hohen Wert für die Direktschalldämmung, das heißt, auch an die Flanken sind erhöhte Anforderungen zu stellen. Denn häufig wird über die flankierende Bauteile ebensoviel Schall übertragen, wie über die Trennwand selbst.
Wie das Beispiel zeigt, liegt das Gesamtschalldämm-Maß nur zwei dB unter dem hohen Direktschalldämm-Maß der Trennwand. Das bedeutet, dass in diesem Fall auch die Schallübertragung über die Flanken gering ist. Erreicht wird dies durch die schwere Ausführung insbesondere der Außen- und Innenwand in Kalksandstein.
Somit kann sichergestellt werden, dass die Anforderungen an den erhöhten Schallschutz nach Beiblatt 1 der DIN 4109 auch erreicht werden können.
Fazit: Wenn wie im vorliegenden Beispiel ein erhöhter Schallschutz verwirklicht werden soll, ist es besonders wichtig, auch die flankierende Übertragung sorgfältig zu planen, damit die geforderten Werte in der Praxis auch erreicht werden können. Grundsätzlich gilt: Das schwächste Bauteil bestimmt das resultierende Schalldämm-Maß.
Auf diese Weise macht das neue Rechenverfahren Zusammenhänge der Schallübertragungswege und des Schallschutzes transparenter, so dass Schadensfälle in Zukunft sicherer vermieden werden können.
Stoßstellendämmung
Als neuer Kennwert geht das Stoßstellendämm-Maß in die Berechung ein. An den jeweiligen Stoßstellen der Bauteile – zum Beispiel Knotenpunkt zwischen Trennwand und flankierender Außenwand oder Decke – wird Schallenergie von einem Bauteil auf das andere übertragen.
Die einzelnen Bauteile beeinflussen sich gegenseitig. Die Ausbildung des Anschlusspunktes kann für das flankierende Bauteil Veränderungen der Flankenschalldämmung um mehr als 15 dB bedeuten.
Die Höhe der Schallenergieübertragung im Einzelfall hängt ab von der Geometrie der Stoßstelle – Kreuzstoß oder T-Stoß, den jeweiligen Massen der Bauteile und der Art der Anbindung (biegesteif oder mit Trennfuge).
Keine einheitliche Massenkurve mehr
Der Zusammenhang zwischen Schalldämmung und flächenbezogener Masse wird nicht mehr für alle Baustoffe gleich ermittelt. Zukünftig besteht die Möglichkeit, für verschiedene Baustoffe eine eigene Massenkurve zu verwenden.
Die umfangreichen Messungen führten dabei für Kalksandstein zu deutlich verbesserten Werten gegenüber der pauschalen Massenkurve der europäischen Norm (Bild 2).
Auswirkungen auf die Praxis
Das Rechenverfahren wird deutlich aussagekräftiger – aber auch komplizierter. Deshalb ist die Durchführung der Berechungen praktisch nur noch mit geeigneten Rechenprogrammen möglich.
Durch die erhöhte Transparenz im Rechenverfahren wird der bauliche Schallschutz noch besser planbar als bisher.
Der Schallschutz wird somit eindeutig dem Zuständigkeitsbereich des Planers zugeordnet, der nun die Aufgabe hat, die flankierende Übertragung in das schalltechnische Gesamtkonzept einzubinden.
Es geht nicht mehr nur um den Nachweis der Eignung der Bauteile, sondern um den Nachweis des Schallschutzes im Gebäude für den konkreten Einzelfall.
Bis zur baurechtlichen Einführung der neuen DIN 4109 ist für den öffentlichen Nachweis noch nach alter Systematik zu rechnen.
Für die bauakustische Planung sollte allerdings schon jetzt das neue Rechenverfahren angewendet werden, um die Vorteile der genaueren Ergebnisse zu nutzen und um die Sicherheit bei Planung und Ausführung zu erhöhen.
Von der Einführung der europäischen Normung werden die Anforderungswerte an den Mindestschallschutz, (z. B. 53 dB für Wohnungstrennwände nach DIN 4109) nicht berührt.
Über eine Änderung der Anforderungswerte für den erhöhten Schallschutz wird derzeit im zuständigen Normenausschuss diskutiert.
Schallschutzrechner
Mit dem neuen KS-Schallschutz Rechner ist es möglich, auf schnelle Weise Berechungen nach dem neuen europäischen Rechenverfahren durchzuführen. Er kann unter www.kalksandstein.de kostenlos heruntergeladen werden.
In der ausführlichen Programmbeschreibung werden die Grundlagen und Auswirkungen des neuen Rechenverfahrens ebenso wie die Handhabung des Programms anschaulich erläutert. Durch die übersichtliche Eingabemaske ist es möglich, schnell Variantenvergleiche durchzuführen und das Gebäude schalltechnisch zu optimieren.
Das Programm liefert übersichtliche Ergebnisausdrucke für alle an der Schallübertragung beteiligten Bauteile, so dass der jeweilige Anteil an der gesamten Schallübertragung ermittelt werden kann.
Die Ausführung der Stoßstellen der Bauteile kann per Mausklick variiert werden. Eine erweiterbare Datenbank erlaubt die Berechnung von Vorsatzschalen, abgehängten Decken und schwimmenden Estrichen.
Das Programm eignet sich für die Berechung der Luftschallübertragung von einschaligen Massivbauteilen. Zur Zeit sind Kalksandsteinkonstruktionen erfasst.
Eine Erweiterung auf andere Baustoffe ist vorgesehen.
Empfehlungen für die Praxis
Im Massivbau wird Schallschutz im Wesentlichen durch Masse erreicht. Vergleichsrechnungen haben ergeben, dass es bei Gebäuden mit leichten Flanken zu einer um mehr als 3 dB geringeren Gesamtschalldämmung kommen kann. Dies gilt auch für die vertikale Schallübertragung über Wohnungstrenndecken.
Eine sichere Lösung stellt daher die Ausführung aller Innen- und Außenwände in Kalksandstein dar. Prof. Fischer führt dazu aus: „Flankierende Bauteile sollen also ausreichend schwer sein. Vorteilhaft sind dabei große Rohdichten, um die Wanddicken trotz großer flächenbezogener Masse gering zu halten.
Diese Aussage gilt gleichermaßen für Innenwände wie für Außenwände.“
Die neue Stumpfstoßlösung
Die Ausbildung der Stoßstelle von Bauteilen hat erheblichen Einfluss auf die gesamte Schallübertragung der Konstruktion. Die heute übliche Stumpfstoßtechnik ist bei kraftschlüssiger Anbindung der traditionellen Verzahnung des Knotenpunktes gleichzusetzen. Kommt es jedoch zu Rissen im Anschlussbereich, so kann die Schallübertragung über die Längswand deutlich zunehmen und den Schallschutz verschlechtern.
Bei leichten Flanken kann die Gesamtschalldämmung der Konstruktion um mehr als 10 dB verringert werden.
Es liegt dann ein schalltechnischer Schadensfall vor.
Massive Kalksandsteinlängswände sind deutlich sicherer. Die Empfehlung der Kalksandstein-Industrie ist die Ausführung des Knotenpunktes mit durchstoßender Trennwand – zum Beispiel Wohnungstrennwand durchstößt Außenwand (Bilder 3 und 4).
Selbst im Falle eines Abreißens des Stumpfstoßes werden mit dieser neuen Stumpfstoßkonstruktion statt einer Verringerung bessere Werte der Gesamtschalldämmung durch behinderte Flankenübertragung erzielt.
Die neue Stumpfstoßvariante stellt somit eine dauerhafte, verlässliche Lösung dar und sorgt damit für noch mehr Planungs- und Ausführungssicherheit. Durch eine außenliegende Thermohaut ergibt sich auch wärmetechnisch eine einwandfreie Lösung.
Planung von Außenwänden
Bei der Bemessung von Außenwänden ist der Schallschutz als Bemessungsgrundlage ebenso wichtig wie Statik und Wärmeschutz und muss deshalb von Anfang an in die Planung einbezogen werden.
Hier ist nicht nur die Schutzfunktion gegen Außenlärm von Interesse, sondern insbesondere auch die Berücksichtigung der Außenwand als flankierender Schallübertragungsweg in technischen Gebäudekonzepten – in horizontaler wie auch vertikaler Richtung (Bild 5).
Für die Außenwand besteht ein Zielkonflikt bezüglich wärmetechnischer Verbesserungen (Baustoffe müssen möglichst leicht sein) und damit verbundenen schalltechnischen Verschlechterungen (leichte Baustoffe haben eine geringere Schalldämmung).
Schon vor Jahren hat die Kalksandsteinindustrie auf diesen Zusammenhang reagiert und die Philosophie der „Funktionstrennung“ entwickelt. Statt zu versuchen alle sich oftmals konträr verhaltenden Anforderungen an Statik, Brand-, Wärme- und Schallschutz mit einem Baustoff zu verwirklichen, setzt die KS-Industrie auf die Kombination von zwei auf die jeweiligen Anforderungen optimierten Baustoffen. Dabei spielt der massive Kalksandstein seine statische Belastbarkeit und seine Vorteile im Schall- und Brandschutz voll aus. Bestmöglicher und lückenlose Wärmeschutz wird durch die Lösung KS-Thermohaut sichergestellt.
Prof. Fischer: „Die konstruktive Trennung von Wärmeschutz (durch das WDVS) und Schallschutz (durch die Massivwand) erweist sich schalltechnisch als sinnvoll. Ausreichend schwere Wände mit WDVS sind damit in der Lage, auch erhöhten Anforderungen an die Luftschalldämmung und damit auch an die flankierende Übertragung gerecht zu werden. Der Zielkonflikt zwischen Schall- und Wärmeschutz ist durch die funktionale Trennung beider Bereiche aufgehoben“.
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