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Einheitlich uneinheitlich

Lasuranstriche an der Fassade
Einheitlich uneinheitlich

von Peter Hagen, Anwendungstechnik CD-Color GmbH & Co. KG, Herdecke / red.

Lasuranstriche an der Fassade gehören zu den Ausnahmeerscheinungen. Damit bleiben jedoch viele Chancen zur innovativen Gestaltung eines Gebäudes ungenutzt.
Der Vorbehalt, dass diese Technik schwer zu beherrschen sei, beruht meist auf mangelnder Kenntnis der Besonderheiten und der Ansprüche von lasierenden Beschichtungen.
Im Ergebnis unberechenbar
Während Lasureffekte zu den beliebtesten dekorativen Maltechniken im Innenraum gehören, werden sie auf großen Fassadenflächen bisher kaum eingesetzt.
Das hat zum einem damit zu tun, dass die tragenden Außenwände heute in den seltensten Fällen auch die Fassade eines Gebäudes bilden. Meist werden industriell vorgefertigte Elemente aus Stein, Stahl oder Glas vorgehängt.
Dies hat dazu geführt, dass die Fassadengestaltung mittels Farbe insgesamt ins Hintertreffen geraten ist. Die Gestaltung in Lasurtechnik im Speziellen gilt unter Architekten und Planern – sofern ihre Möglichkeiten überhaupt bekannt sind – als ausgesprochen schwierig und im Ergebnis eher unberechenbar.
Dies hängt jedoch damit zusammen, dass die Eigenschaften der Materialien und ihre Ansprüche an die Verarbeitungsparameter zu wenig bekannt sind.
Einflussfaktoren
Das Ergebnis einer Lasurtechnik wird bestimmt vom Untergrund, der angewandten Technik und natürlich vom verwendeten Beschichtungssystem.
Das klassische Material für die Lasurtechnik ist die Kalklasur, die im Stil des Fresco Secco auf den trockenen Kalkputz aufgebracht wird. Sie hat den klaren Vorteil, historisch authentisch zu sein, ist aber in der Ausführung nicht unkompliziert.
Sehr natürlich und nah am historischen Vorbild sind rein mineralische Lasuren wie die Reinsilikatfarben. Alle mineralischen Systeme müssen abschließend durch eine nichtfilmbildende Hydrophobierung gegen Wetterbelastungen geschützt werden.
Zur dritten Gruppe gehören die Dispersionssilikat-, Siliconharz- und dispersionsgebundenen Systeme, die deutlich einfacher zu verarbeiten sind, jedoch im Ergebnis etwas weniger transparent wirken als ein rein mineralischer Aufbau.
Untergrund als Malgrund
Der zweite wichtige Faktor für das Beschichtungsergebnis ist die Art und die Beschaffenheit des Untergrundes.
Während es bei deckenden Anstrichen vor allem auf Festigkeit, Haftung und Saugverhalten des Untergrundes ankommt, spielt er bei den lasierenden Techniken eine entscheidende Rolle als Malgrund. Denn die transparente Wirkung dieser Technik erhält und verstärkt die farbliche und plastische Struktur des Untergrundes. Dadurch können Teile einer Fassade in ihrer Wirkung betont oder optisch zurückgenommen werden.
Am effektvollsten wirken Lasurtechniken auf einem feinkörnigen abgefilzten Mineralputz. Die Körnigkeit des Putzes und die Wolkigkeit der Lasur unterstützen sich dabei wechselseitig in ihrer Wirkung.
Aber auch Sichtbetonuntergründe können durch lasierende Anstriche aufgewertet werden. Der transparente Farbauftrag erhält dem Betonuntergrund seine durch die Schalung geprägte Oberfläche und lässt das Material in seinen speziellen Eigenschaften wirken. Dabei ist eine dezente, dem Werkstoff angepasste Farbgebung in den meisten Fällen ein Gewinn, da das Material eben nicht so ansprechend altert wie zum Beispiel Naturstein. Durch die farbliche Gestaltung können zudem bestimmte Partien der Fassade oder einzelne Bauteile ihrer architektonischen Aufgabe entsprechend interpretiert werden.
Fassadengliederung
Überhaupt ist die strukturelle Gliederung einer Fassade mit entscheidend darüber, ob eine Lasurtechnik zu einem befriedigenden Ergebnis führt oder nicht.
So widersprechen stark symmetrische Strukturen eigentlich dem raumübergreifenden Charakter lasierter Flächen, die scheinbar unabänderliche Flächenbegrenzungen optisch erweitern oder sogar auflösen können.
Auf der anderen Seite können attraktive Farbverläufe bestimmte Fassadenabschnitte wirkungsvoll betonen. Hier ist der Planer in seiner ganzen Kreativität gefordert, um Lasurbild und formale Gegebenheiten auf einander abzustimmen.
Auch sollte bei der Planung bedacht werden, dass Lasuranstriche nicht ausgerechnet an exponierten, stark belasteten Flächen eingesetzt werden. Die Ausbesserung bei mechanischen Verletzungen ist zwar grundsätzlich möglich; sie erfordert jedoch viel Geschick und Einfühlungsvermögen in das bestehende Lasurbild.
Wetterabhängig
Der dritte Aspekt, der die Optik eines Lasuranstriches entscheidend prägt, ist die Verarbeitung. Wie bei keiner anderen Technik kann sich der Verarbeiter hier als Maler im eigentlichen Sinne beweisen.
Denn sein Können prägt das Ergebnis entscheidend mit. Doch was eines der Hauptmerkmale und auch das besonders Reizvolle dieser Technik ist – die persönliche Handschrift des Malers -, kann beim Einsatz von mehreren Verarbeitern an einer großen Fläche zum Problem werden.
Schließlich soll bei aller Kreativität ein harmonischer Gesamteindruck entstehen. Wichtig für den Planer ist es deshalb, ein Malerteam zu beauftragen, das Erfahrungen mit der Lasurtechnik auf großen Flächen und vor allem im Außenbereich aufweisen kann.
Denn während Lasuren im Innenraum relativ problemlos zu verarbeiten sind, stellen sich an der Fassade völlig andere Rahmenbedingungen. Was für eine normale Fassadenbeschichtung im Hinblick auf das Trocknungsverhalten als ideal gilt – also sommerliches Wetter mit Temperaturen um die 25° und ein leichter Wind -, kann für einen Lasurauftrag schon das „Aus“ bedeuten.
In den meisten Fällen können noch nicht einmal die relativ langen Offenzeiten der dispersionsgebundenen Systeme mit diesen Parametern mithalten.
Effekte erzielen
Damit stellt sich die Frage: Wie werden Lasuranstriche überhaupt aufgebaut und appliziert? Beim Außeneinsatz ist es immer ratsam, die genaue Schichtenfolge beim Hersteller des Beschichtungsmaterials zu erfragen.
Der Aufbau für ein dispersionsgebundenes System wie ArtLine Lasura Antica könnte zum Beispiel aus einem Basisanstrich mit einer extrem dünnschichtigen Dispersion wie Lucite® Hausfarbe und einem zweimaligen Lasurauftrag bestehen.
Die Dispersion sorgt für den eigentlichen Schutz der Fassade vor Witterungs- und Umwelteinflüssen. Darüber hinaus egalisiert sie das unterschiedliche Saugverhalten beispielsweise eines Betonuntergrundes, das sonst zu einem unerwünschten scheckigen Effekt führen könnte.
In aller Regel wird man Weiß oder einen anderen hellen Farbton für die Basisbeschichtung auswählen, da so die Leuchtkraft des Lasuranstrichs noch intensiviert wird.
Auf die trockene Dispersionsbeschichtung wird die Lasur zweimal nass in nass aufgetragen. Dabei ist es auch möglich, mit zwei abgestuften oder kontrastierenden Farbtönen zu arbeiten, um attraktive Effekte zu erzielen. Bei besonders intensiven oder dunklen Farbtönen sollte der Planer sich aber zuvor über die UV-Beständigkeit des Materials beim Hersteller Gewissheit verschaffen. Die Lasur wird zunächst mit der Rolle aufgebracht und mit der Fassadenstreichbürste anschließend der gewünschte Effekt herausgearbeitet.
Die Offenzeit des Lasurauftrags kann dabei durch das Feuchthalten der Fläche mit einer Pumpspritze deutlich verlängert werden. Um ein „einheitlich uneinheitliches“ Bild auf einer großen Fläche zu erzielen, hat sich der Lasurauftrag in Patchwork-Technik bewährt.
Dabei wird das Material zunächst in großen einzelnen Flecken auf die Wand gebracht und die Leerstellen dazwischen anschließend immer weiter zugelegt.
So entsteht ein lebhaftes, aber einheitliches Bild, das weder von schnellen Trockenzeiten noch von Gerüstlagen oder einzelnen Verarbeiter-Handschriften beeinträchtigt wird.
Die Methode ist zudem auch besonders wirtschaftlich: Da nicht mehr gegen die Zeit gearbeitet werden muss, kann die Aufgabe auch von wenigen Verarbeitern bewältigt werden.
Rahmenbedingungen
Der Planer, der sich für eine lasierende Fassadenbeschichtung entscheidet, muss bedenken, dass die Technik schnell an physikalische Grenzen stoßen kann.
Er sollte deshalb seine Terminplanung so einrichten, dass das Maler-Team nicht – wie es leider oft der Fall ist – gegen den Fertigstellungstermin anarbeiten muss. Kreative Maltechniken brauchen Zeit.
Und das betrifft auch die Vorleistungen und die Abstimmungen mit dem Bauherrn. Wie bei keiner anderen Technik ist die Beurteilung des Ergebnisses vom persönlichen Geschmack abhängig.
Deshalb ist es ratsam, realistische Musterflächen anzulegen, um die oft unterschiedlichen Vorstellungen von Planer, Verarbeiter und Bauherr mit einander abzustimmen.
Oft ist es auch notwendig, dem Bauherrn die spezifischen Eigenschaften eines Lasurauftrags erst einmal genau zu erklären. Dazu gehört auch, dass ein ausgewählter RAL-Farbton bei dieser Technik immer nur ein Näherungswert sein kann. Präzise kann ein Farbton nur mit einem deckenden Anstrich getroffen werden.
Wer als Architekt die speziellen Eigenschaften und Ansprüche der Lasurtechnik kennt und ihnen bei der Planung den nötigen Raum lässt, wird schnell feststellen, mit welch einfachen Mitteln oft völlig neue Ausdrucksformen erreicht werden können.
Die Begrenzungen, die herkömmliche Fassadensysteme aus Stein, Stahl oder Glas dem Planer zwangsläufig auferlegen, lässt man damit weit hinter sich. Ein wenig Mut zum Wagnis gehört allerdings dazu.
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