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Dezent zitiert, nicht imitiert

Umbau einer Kaserne und Neubau als Firmensitz in Düsseldorf
Dezent zitiert, nicht imitiert

Werbeagenturen stehen für moderne Kommunikation, für Jugendlichkeit und Dynamik. Folgt man diesem Klischee, dann müssen die Gebäude einer solchen Agentur jung und dynamisch, frech und modern erscheinen. Doch in Düsseldorf steht der Gegenbeweis. Mit der Ulanenkaserne aus wilhelminischer Zeit wählte die weltweit aktive Agentur Grey Worldwide GmbH genau das Gegenteil von Jugendlichkeit und Moderne. Was an der Düsseldorfer Rossstraße nach Plänen von Petzinka Pink Architekten entstand, kommt aber keineswegs altmodisch oder gar anbiedernd historisch daher.

Marc Nagel/jo

Wie in vielen Städten, so stehen auch in Düsseldorf vielerlei Konversionsflächen zur Disposition, deren ursprüngliche Nutzung keine Rolle mehr spielt oder die schlicht einen Dornröschenschlaf im Stadtleben hinter sich haben. Zu den Beispielen der ersten Kategorie gehört mit Sicherheit der Düsseldorfer Medienhafen, an dem bekanntlich gezeigt wird, wie eine moderne Umnutzung aussehen kann. Zur zweiten Kategorie aber gehört neben anderen Beispielen die Ulanenkaserne im Düsseldorfer Norden. Diese ehemalige Reiter- und Kavaleriekaserne, entstanden in den 1890er Jahren, stand lange leer und wurde durch die LEG Standort- und Projektentwicklung Düsseldorf GmbH (LEG) übernommen und umgenutzt.
Seite an Seite: Historisches und Neues
Neben Büro- und Wohnprojekten entstand auf dem Areal ein Ensemble aus vier Gebäuden, dass von der Düsseldorfer Werbeagentur Grey Worldwide GmbH genutzt wird, die so genannte Ideen-Botschaft. Bestehend aus historischem Mannschaftsgebäude, Verheiratetenhaus und Latrinengebäude sowie einem Büroneubau, bilden die Gebäude einen eigenen kleinen Campus mit öffentlichem Platz, der von den drei Hauptgebäuden Mannschaftsgebäude, Verheiratetenhaus und Neubau sowie durch angrenzende Wohnbauten umschlossen wird und sich nur zu einer Seite, zur Rossstraße hin, öffnet.
Der Platz steht dabei den Mitarbeitern von Grey ebenso zur Verfügung wie den anderen Nutzern des Areals und trägt den Namen Platz der Ideen. Hier soll ein Austausch, soll Nachdenken und Ausspannen möglich sein – wie dies ein Kreativbetrieb wie eine Werbeagentur erfordert.
Betrachtet man die Gebäudegruppe, so stechen vor allem zwei Bauten ins Auge. Das Mannschaftsgebäude mit seinen vier Stockwerken und dem angebauten „Rucksack“ im Norden, einem Anbau, der zu den Flächen des historischen Baus weiteren Raum für Büros und Konferenzräume bietet. Ihm gegenüber befindet sich der Neubau des Grey-Campus. Dieser, mit fünf Vollgeschossen versehen, bietet weitere 4 500 m2 Raum für Büroflächen und ca. 350m2 für ein Archiv der Agentur.
Doch zunächst zum ehemaligen Mannschaftsgebäude. Dieser ursprünglich U-förmige Bau bestand aus zwei viergeschossigen Seitenflügeln und einem dreigeschossigen, später aufgestockten Mittelbau mit Dachgeschoss, dass die gesamte Anlage bekrönte. Die Planer von Petzinka Pink Architekten bauten den Mittelbau auf seine ursprüngliche Höhe von drei Vollgeschossen zurück und ergänzten ihn durch einen modernen Aufbau. Zusätzlich erneuerten sie das gesamte Dachgeschoss und schufen hier Platz für wichtige technische Anlagen. Zusätzlich entstand an der Nordfassade des Mannschaftsgebäudes ein Anbau, der so genannte Rucksack, der als moderner Stahlbetonbau zusätzlichen Raum bietet. Da es sich um ein unter Denkmalschutz stehendes Gebäude handelt, musste bei der Planung ein enger Kontakt mit der Denkmalpflege gehalten werden. So wurden die historischen Holzrahmenfenster restauriert oder gegen neue, originalgetreu bemusterte Fenster ausgetauscht. Vor allem die neuen Zweischeiben-Sicherheitsgläser mit einem U-Wert von 1,8 W/m2K konnten dazu beitragen, dass der Baubestand den neuen Nutzungsbedingungen angepasst wurde. Gefertigt wurden die Holzfenster von der Tischlerei Anton Lütkefedder GmbH & Co. KG aus Paderborn.
Aber auch die Ziegelfassade, die im Torboverfahren gereinigt wurde und teilweise neu erstellt werden musste, wurde denkmalpflegerisch betreut. So wurden für die Bereiche, in denen Lücken im Mauerwerk entstanden waren, weil hier ein alter Aufzug entfernt werden musste, nicht nur auf neue Ziegelsteine gesetzt. Stattdessen wurden alte, aus den im Bereich des Anbaus erforderlichen Maueraufbrüchen stammende Materialien verwendet. So entstand aus den Ziegelsteinbereichen und den ebenfalls im Torboverfahren gereinigten Natursteinelementen eine homogene und dem Originalzustand in nichts nachstehende Fassade. Gedämmt wurde in diesem Fall nicht außenseitig, da dies mit dem Denkmalschutz nicht vereinbar war. Stattdessen verwendeten die Architekten einen Aisit Schimmel-Sanierputz von Remmers mit einer Dicke von 3 cm, der die dämmenden Eigenschaften des Ziegelmauerwerks zusätzlich verstärkt.
Wechselndes Fassadenbild
Im Norden, dem Bereich, an dem das Mannschaftsgebäude durch den so genannten Rucksack ergänzt wurde, wechselt das Bild der Fassade jedoch. Statt beim Anbau eine Imitation der historischen Fassade vorzunehmen, entschied man sich bei Petzinka Pink Architekten dafür, eine Pfosten-Riegel-Fassade zu verwenden. Das Achsmaß der Fassade, die von Haskamp Fassadentechnik GmbH & Co. KG erstellt wurde, wechselt dabei zwischen 81 cm breiten, verglasten und 44 cm breiten geschlossenen, wärmegedämmten Elementen und ergibt eine Rasterung von 1,25 m pro Feld.
Dabei wurde jedes zweite Glaselement als öffenbarer Flügel mit Hoppe Beschlägen des Typs Amsterdam ausgebildet. Die Gläser stammen dabei von der Carl Abel Glas GmbH aus Euskirchen. Im Wechsel mit den nicht transparenten Elementen aus rotem Blech, die als Zitat der umgebenden Backsteinfassaden angenommen werden können, und den Festverglasungen entsteht so ein Wechsel von transparenten Flächen mit 75 Zentimeter Breite und geschlossenen Flächen mit 50 Zentimeter Breite. Die gesamte Fassade des Anbaus, wie auch die des Neubaus, wurde vom Metall- und Elementbau Haskamp GmbH & Co. KG aus Edewecht ausgeführt.
Auch die Aufstockung, in der gleichen Gestaltung wie der Anbau ausgeführt, wurde sorgsam an das historische Gebäude angepasst und nimmt ebenfalls mit seinen roten Elementen Anleihen bei den Backsteinfassaden des Ensembles. Gekrönt wird der Aufbau wie die Seitenflügel von einem Dachgeschoss mit Walmdach.
Neubau: Raum für Kreativität
Blickt man vom Mannschaftsgebäude über den Platz der Ideen, dann sieht man auf die beiden anderen Hauptgebäude. Das kleine, ehemalige Verheiratetenhaus der Kaserne ist dabei ebenfalls nahezu im Originalzustand belassen worden, wurde wie das Mannschaftsgebäude jedoch auch gereinigt und teilweise restauriert. Auch hier schließt das dreigeschossige Gebäude mit einem Dachstock und einem Walmdach ab.
Anders als die historischen Bauten zeigt sich er Neubau in seiner Architektursprache modern. Anstelle von verschiedenen kleineren Wirtschaftsgebäuden entstand ein klarerer und unspektakulärer Baukörper, der den Campus von Grey im Süden maßgeblich begrenzt. Auch bei diesem, in Stahlbeton-Bauweise erstellten Gebäude, wurde Wert darauf gelegt, dass die Fassade ins historische Umfeld integriert wird. So wurde hier mit verklinkerten Fassadenteilen gearbeitet, die jedoch in einer besonderen Bauweise angeordnet wurden. Die gesamte Außenhaut des Gebäudes wird von den Stahlbetonstützen, die in einem Raster von 1,25 m angeordnet sind, bestimmt. Sie geben den Rhythmus der Fassade vor, da zwischen sie die Glaselemente gesetzt wurden. Wie beim Anbau des Mannschaftsgebäudes ist hier jedes zweite verglaste Element öffenbar.
Um aber der Fassade die Strenge zu nehmen, wurde vor die Fensterebene eine Art Grid, ein Raster gesetzt. Dieses variiert von Stockwerk zu Stockwerk und sorgt so für eine wechselnde und heterogene Ansicht. Die Fassade, wie schon die des Anbaus, von Haskamp Fassadentechnik GmbH & Co. KG erstellt, ist somit in drei Ebenen gestaffelt. In jeder Achse ist eine tragende Betonstütze angeordnet, an die die Aluminium-Fenster in Elementbauweise gesetzt wurden, davor liegt das Raster. Dieses besteht aus vertikalen Betonfertigteilen, in die Klinker in Sonderlänge eingelassen sind. Begrenzt werden die Klinkerfelder von schmalen, horizontalen Fertigteilelementen, die sich pro Stockwerk links oder rechts vom Klinkerfeld befinden.
Die gesamte Fassade, die auf der Decke der Tiefgarage aufsteht, erhält so ihr abwechslungsreiches Bild. Die Wärmedämmeigenschaften dieses Gebäudes sind in den Bereichen der Fenster natürlich wesentlich besser als bei den Holzfenstern der historischen Nachbarn. So haben diese, die ebenfalls von der Carl Abel Glas GmbH stammen, insgesamt einen U-Wert von 1,5 W/m2K bei 1,1 W/m2K der Zweischeiben-Sicherheitsverglasung. Insgesamt überzeugt der Neubau auf dem Grey-Campus nicht nur durch seine Fassade, sondern auch durch seine ins Umfeld passende Gesamtarchitektur. Das U-förmige Hauptgebäude umschließt ein großzügiges und als Haupteingang fungierendes Foyer und ist mit seinen fünf Vollgeschossen in seiner Baumasse nicht zu dominant. Zudem bietet das Gebäude eine 110 Stellplätze große Tiefgarage an.
Campus für Ideen
Komplettiert wird die Anlage durch das so genannte Latrinengebäude. Wenn auch vom Namen her nicht attraktiv, wird es für Präsentationszwecke der Agentur genutzt und wurde ebenfalls unter Aufsicht der Denkmalpflege restauriert. Dieser Bau und die gesamte Anlagen bieten so dem weltweit agierenden Kreativ-Unternehmen Grey einen Campus, der es möglich macht, Synergien zu nutzen und die vormals über verschiedene Standorte in Düsseldorf verstreuten sieben Agenturen an einem Ort zusammen zu fassen. So finden ca. 600 Mitarbeiter einen geeigneten Standort, an dem neue Ideen entstehen können und an dem der Kreativität freien Lauf gelassen werden darf.
Das gilt auch für die Innenräume. Mit neutralem Weiß und warmen Rottönen bei den Bodenbelägen ist es gelungen, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen. Eine Atmosphäre, zu der die hellen Räume, vor allem im Bereich der Neu- und Anbauten, ebenfalls ihren Teil beitragen.
Petzinka Pink Architekten aus Düsseldorf ist es mit dem Ensemble auf dem Gelände der ehemaligen Ulanenkaserne somit durchaus gelungen, den Spagat zwischen der Erhaltung von historischer Bausubstanz und der Schaffung einer modernen Arbeitsumgebung zu vollziehen. Gerade der Neubau auf dem Gelände zeigt, wie der Umgang mit historischen Vorbildern gelingen kann: Wenn man nicht imitiert, sondern dezent zitiert.
Architektin Ulla Wrobel: „Unser Auftrag bestand darin die denkmalgeschützte Wilhelminische Ulanenkaserne von 1890 durch Umnutzung, Revitalisierung und Erweiterung zum prägnanten neuen und zentralen Standort der Werbeagentur GREY Worldwide GmbH umzuplanen. Zusammen mit dem Auftraggeber LEG Standort- und Projektentwicklung Düsseldorf GmbH haben wir durch Ergänzung der vorhandenen Ziegelbauten einerseits und Neuinterpretation der verwendeten Materialien Ziegel, Naturstein und Glas andererseits eine spannende Architektur geschaffen.“
Architekten: Petzinka Pink Architekten, Düsseldorf
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