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Bauphysik: Umgekehrte Verhältnisse

Indoor-Skihalle in Neuss
Bauphysik: Umgekehrte Verhältnisse

WinterWorld Neuss – das verspricht Skivergnügen an 365 Tagen im Jahr. Für optimale Schneeverhältnisse sorgt feinster Pulverschnee und eine konstante Lufttemperatur von minus 5 °C bei 80 % Luftfeuchtigkeit. Das Kühlhausklima stellt besondere Anforderungen an Konstruktion und Bauausführung. In den Niederlanden ist Indoor-Ski seit Jahren ein Renner. Jetzt gibt`s das ganzjährige Freizeitvergnügen auch in Deutschland und übertrumpft mit seinen Abmessungen alles, was in Europa bislang üblich war.

Ein Projekt davon ist Allrounder WinterWorld in Neuss. Dort lädt seit Mitte Dezember eine fast 300 Meter lange und über 50 Meter breite Piste zum Skifahren und Snowboarden ein. Pisten unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade mit 10 bis 26,5 % Gefälle sollen Anfänger wie Könner nach Neuss locken.
Für das richtige Alpenfeeling sorgt ein Vierer-Sessellift mit Berg- und Talstation, zum Aprés-Ski locken Bar, Almhütte oder internationales Spezialitätenrestaurant.
Beweglich bis ins Detail
Ungewöhnliche Lösungen, die sich aus den Anforderungen an das Bauwerk ergeben, kennzeichnen die Halle. Umfangreiche Gutachten waren notwendig, neue Konstruktionsweisen wurden erstmals angewandt, um die baulichen Aufgaben zu bewältigen.
Der größte Teil der Halle steht auf dem Gelände einer ehemaligen Mülldeponie. Um das notwendige Gefälle zu erhalten wurde die Halle teilweise aufgeständert.
Statt der sonst üblichen Pfahlgründung wurde eine Flachgründung gewählt, um die Deponieabdichtung nicht zu beschädigen. Setzungen im Untergrund erforderten eine flexible Konstruktion des Baus. Mit Längs- und Querbewegungen bis zu 15 cm ist zu rechnen.
In vier Dehnfelder eingeteilt
Der gesamte Bau ist daher in vier Dehnfelder eingeteilt, die sich horizontal und vertikal bewegen können.
Nachjustierbare Stützen, die wieder in ihre Ausgangsposition zurückgebracht werden können, erlauben einen Ausgleich in der Vertikalen.
Die Konstruktion besteht aus Stahlträgern, in die Isowand-Paneele mit speziellen Dichtungen beweglich eingehängt werden, sowie geschwungenen Stahlfachwerkträgern als Dachtragwerk. Dach und Fassade sind direkt unterhalb des Attikabereichs flexibel miteinander verbunden und gleichen dadurch Bewegungen aus, die der „arbeitende“ Untergrund verursacht.
Die Abdichtung der Wanddehnfugen wurde mit speziellen Lippendichtungen auf gleitenden Blechen, die Dämmung der Fugen mittels komprimierbarer Armaflex-Schläuche ausgeführt.
Die Tragdecke aus Stahltrapezblechen ist im Fugenbereich mit Schiebestößen konstruiert, die die Bewegungen des Bauwerks mitmachen.
Auch die Binder müssen den Bewegungen folgen können. Damit die Dachhaut dennoch dicht bleibt, ist auch die Dachfläche durch drei Dehnfugen in vier Felder eingeteilt.
Die Fugen wurden 20 cm über der wasserführenden Ebene angeordnet und sind diffusionsdicht ausgeführt. Sie fangen die planmäßig zu erwartenden Horizontalbewegungen ab.
Extreme Dachgeometrie
Die Dachfläche weist bis zu 26,5 Prozent Dachneigung in Längsrichtung auf und schwingt sich bis in 45 m Höhe empor, wo sie erhöhten Windlasten ausgesetzt ist.
Erhöhte Windbeanspruchung ergibt sich vor allem durch die exponierte Lage, die Verdrängungswirkung und die Höhe der Halle. Entlang der Dachkanten führen Strömungsablösungen in den Eck- und Randbereichen des Daches zu besonders hohen Windbelastungen.
Das gesamte Dach folgt in der Querachse einer Sinuswelle, ist also im Querschnitt S-förmig geschwungen. Zudem folgt das Hallendach in Längsrichtung unterschiedlichen Gefällen.
Das Dach ist Teil der Hallenarchitektur und aufgrund der Längs- und Querneigung einsehbar. Auf die Ausgestaltung der Abdichtung legte man besonderen Wert.
Die Oberfläche sollte optisch einwandfrei sein und dies auch dauerhaft bleiben. Außerdem hatte der Bauherr einen bestimmten Farbwunsch: Hellsilber ähnlich RAL 9006 sollte die Dachfläche glänzen.
Die Wahl fiel auf die älteste Kunststoff-Dachbahn aus deutscher Produktion. Rhepanol fk ist seit über 25 Jahren auch auf besonders windexponierten Gebäuden erfolgreich im Einsatz.
Aufgebaut ist das Dachpaket auf einer Tragdecke aus Stahltrapezprofilen 200/420/0,88 mm, verzinkt und beschichtet.
Als Windsperre wurden darauf 16.000 qm PVC Dachbahn Rhenofol CG 1,2 mm lose verlegt und im Saumbereich mittels Verbundblechstreifen direkt auf der Tragschale zwischenfixiert. Die Nähte der Windsperre wurden homogen mit Quellschweißmittel geschlossen.
2900 Kubikmeter Wärmedämmung sind zweilagig eingebaut. Als untere Lage wurden 130 mm PS 20 SE als Großformatplatten aufgebracht, als obere Lage Bitumenbahn-kaschierte und PE-folierte 50 mm dicke PS 20 SE Platten. Auf der Dämmung sind zur Fixierung der Dachabdichtung Klettbänder angebracht. Dazu wurden die 12 cm breiten Klettbänder durch das gesamte Dachpaket im Trapezblech mechanisch befestigt.
Der Abstand der Klettbänder und die Anzahl der Befestiger wurden im Rahmen einer Windlastberechnung ermittelt. Die Dachhöhe von bis zu 45 Metern sowie die Dachneigungen ergaben hohe Anforderungen an die Befestigung des Dachpakets. Im Dachinnenbereich sind die Klettbänder im 60 cm-Abstand verlegt, in den Randbereichen im 40 cm-Abstand, an den Ecken misst die Distanz nur 20 cm. Insgesamt wurden 27 km Klettbänder verlegt und 80.000 Edelstahlbefestiger eingesetzt.
Die eingesetzte Dachabdichtung, eine 1,05 m breite und 2,5 mm dicke PIB-Dachbahn Rhepanol fk, ist unterseitig mit einem Faservlies ausgerüstet. Sie wird quer zu den Klettstreifen verlegt und durch zweimaliges Überrollen mit diesen verklettet. Durch das Klettsystem bietet Rhepanol fk eine besonders günstige Windlasteinleitung.
So konnte das Dach schnell, weitgehend witterungsunabhängig und auf Dauer windsicher abgedichtet werden. Und die mechanische Befestigung ergibt einen beweglichen Dachaufbau; die Abdichtung bleibt von den darunter liegenden Schichten getrennt. Bewegungen des Untergrunds beanspruchen die Abdichtung nicht.
Besondere Dämm- Anforderungen
Für optimale Schneeverhältnisse in der Halle liegt die Raumtemperatur bei konstanten – 5°C und 80 % Luftfeuchtigkeit. Das stellt an das gesamte Gebäude besondere Anforderungen hinsichtlich Dämmung und Abdichtung.
Aus dem Kühlhausklima ergibt sich gegenüber der normalen Raumnutzung ein umgekehrter Temperatur- und Diffusionsverlauf. Die Dachabdichtung übernimmt auf der Skihalle die Funktion der Dampfsperre und weist einen hohen sd-Wert von 390 m auf.
Die innenliegende Windsperre hat einen vergleichsweise geringen Sperrwert von ca. 22 m. Die diffusionshemmende Eigenschaft der Kunststoff-Dachbahn Rhepanol fk ist Bestandteil der Materialgarantie.
Fazit
Dachneigung, Farbwunsch und die garantierte diffusionshemmende Eigenschaft sowie der Aspekt der Funktionssicherheit führten zu der Wahl der Dachabdichtung Rhepanol fk.
Die mechanische Befestigung im Klettsystem hat sich darüber hinaus bei der extremen Verarbeitungssituation als besonders geeignet erwiesen, da die Dachabdichtung sofort beim Anrollen auf den Klettstreifen windsicher liegt.
• Kunststoff-Dachbahn Rhepanol fk
Weitere Informationen bba 509
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Architekten:
Dr. Schrammen + Partner
Architekten BDA Stadtplaner, Ingenieure, Mönchengladbach
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