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Effizienter

Erweiterung der Albert-Schweitzer-Schule in Frankfurt am Main
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pro publica / red.

Seit der ersten PISA-Studie steht das deutsche Bildungssystem in der Kritik. Aktuelle Untersuchungen belegen: Die schlechten Schulleistungen sind unter anderem auch auf raumakustisch mangelhaft ausgeführte Klassenzimmer zurückzuführen. Lernen und Kommunikation werden behindert, wenn die Akustik für Beeinträchtigungen sorgt.
Wie der Holzbau mit spezialisierten Baukonstruktionen die Akustik von Schulräumen und somit die Wissensaufnahme der Schüler verbessert, zeigt das Beispiel der Erweiterung der Albert-Schweitzer-Schule in Frankfurt am Main.
Jede Art Geräusch stört. In der Süddeutschen Zeitung vom 2.9.2006 verweist Dr. Elke Brüser auf Bremer Wissenschaftler, die die Lautstärke in Klassenräumen gemessen haben. Dabei erreichte der Schalldruckpegel im Durchschnitt 65 Dezibel (dB), in der Spitze sogar 85 dB, ein Wert bei dem an Arbeitsstätten bereits ein Gehörschutz gefordert wird. Gespräche unter Erwachsenen liegen im Mittel bei rund 50 dB.
Aber nicht die Lautstärke, gemessen als Schalldruckpegel in der Klasse, ist das entscheidende Kriterium, sondern die Nachhallzeit. Wenn Sprache und andere Geräusche, also der Schall, an den Wänden und Decken mehrfach reflektiert werden, wird es insgesamt lauter. „Bei zu langer Nachhallzeit werden beim Sprechen die nachfolgenden Silben durch vorhergehende, die noch weiter nachklingen, verdeckt“, weiß die Psychologin Dr. Maria Klatte von der Universität Oldenburg. Dies bereitet besonders Grundschülern Probleme, da ihre Hörkompetenz und damit die Fähigkeit zum Unterscheiden von Frequenzen noch nicht endgültig entwickelt ist. Männerstimmen klingen tiefer als die von Frauen, Dialekte erzeugen unterschiedliche Klangbilder und nicht zuletzt unterscheidet sich die Sprachaufnahme bei Muttersprachlern und Kindern, für die Deutsch Fremdsprache ist. Kommt mangelhafte Raumakustik in den Klassenzimmern hinzu, ist das für Lernen unentbehrliche verstehende Hören zusätzlich erschwert.
Die Einflüsse des Nachhalls untersucht Klatte mit Kollegen der Universität Eichstätt und Akustikern des Fraunhofer Instituts für Bauphysik in Stuttgart an acht Grundschulen. Die Auswertungen zeigen, dass bei Erst- und Zweitklässlern das so genannte Hörverstehen in Klassenräumen mit geringem Nachhall sehr viel besser ist.
„Klassenräume müssen so beschaffen sein, dass sie Kommunikation und fortschrittliche Unterrichtsformen fördern, wie z. B. selbst bestimmtes Lernen und Freiarbeit, statt sie baulich zu behindern“, resümiert die Psychologin.
Bewusstsein schärfen
Die akustische Ausgestaltung von Räumen wird häufig erst nach ihrer Fertigstellung thematisiert, was naturgemäß zu Mehrkosten führt. Dabei lassen sich Lärm und Nachhall mit Holzbauweisen schon bei der Entwicklung der statischen Konstruktion bautechnisch einfach in den Griff bekommen. Am besten wirken schallabsorbierende Decken- und Wandbauteile gegen Nachhall.
Experten fordern seit längerem, die Raumakustik in Schulen dem Stand der Technik entsprechend zu verbessern. Eine erste Grundlage dazu ist die Neufassung der DIN 18041 „Hörsamkeit in kleinen und mittelgroßen Räumen“. Nun muss das Bewusstsein bei Planern und Behörden geschärft werden, dass Kinder durch gute Akustik in Klassenzimmern erfolgreicher lernen und in ihrer Entwicklung gefördert werden. Akustik gehört zu den zwingend notwendigen Bestandteilen jeder Planung und Realisierung von Vortragsräumen.
Nachhaltiges Hörverstehen
Eine innovative bautechnische Lösung mit der richtigen Akustik für nachhaltiges Lernen und Hörverstehen gelang bei der Erweiterung der Albert-Schweitzer-Schule am Frankfurter Berg. Das Hochbauamt der Stadt Frankfurt am Main beauftragte den Architekten Marcus Schmitt, eine städtebaulich wirtschaftlich und funktional optimale Lösung dieser Bauaufgabe zu finden.
Das in den 1950er Jahren erstellte „Haus Pelikan“ wurde nach Westen erweitert. „Vier Klassen- und drei Gruppenräume ordnen sich linear um kleine begrünte Innenhöfe, die das Sonnenlicht in die Unterrichtsräume lassen“, erläutert der Architekt sein Konzept. Die Angliederung an den bestehenden, einbündig organisierten Flur war sehr wirtschaftlich, da dieser mitgenutzt werden konnte. Die Schüler gelangen über von oben belichtete Garderobenzonen in die neuen Klassenzimmer. Die Verwendung von Holz als Konstruktionselement sollte in den Innenräumen wahrgenommen werden, deshalb wurden die Wände mit gewachsten Mehrschichtplatten aus Fichte bekleidet.
Die hölzernen Wandflächen wechseln sich mit großzügigen Glasflächen ab und schaffen so eine behagliche Atmosphäre.
Wirtschaftliche Bauweise
Der rechteckige, 45,50 m lange und 11,30 m breite Anbau besteht aus einer gemischten Holzrahmen- bzw. Massivholzkonstruktion auf Stahlbeton-Bodenplatte. Während die Außenwände in Holzrahmenbauweise mit innenliegender Wärmedämmung konstruiert sind, besteht die Fassade aus zwei verschiedenen Materialien: Die zurückspringende Fassade unter dem langen Vordach sowie zu den Innenhöfen ist zweischalig und hinterlüftet ausgebildet und mit Douglasie-Dreischichtplatten bekleidet.
Die „äußere“ Fassade und das Vordach wurden mit farbigen Harzkompositplatten beplankt, wodurch ein spannungsvoller Kontrast zur anderen Fassade entsteht. Die 2,30 m hohen Fenster sind über die Ecke geführt und ermöglichen, dass – obwohl der Baukörper nach Westen orientiert ist – schon in den Vormittagsstunden Sonnenlicht in die Klassenräume gelangt. Das großzügig dimensionierte Vordach hält formal die vier einzelnen Klassenräume zusammen, zugleich ist es ein wirksamer Sonnenschutz. Vor den Innenhöfen wurden drei Filter aus geschosshohen Bambusstäben angeordnet; so sind die Innenhöfe zum großen Schulhof hin räumlich und optisch abgeschirmt.
Die vorhandenen haustechnischen Anlagen des Bestands konnten problemlos und kostengünstig erweitert werden. Im Sommer wird jeder Klassenraum nachts über zwei geöffnete Lüftungsklappen heruntergekühlt. Die massive Bodenplatte und der Estrich dienen dabei als thermische Speichermasse.
Akustisch wirksam
Um die hohen raumakustischen Anforderungen und verringerte Nachhallzeiten in den Klassenräumen zu erreichen, wurden tragende Dachbauteile von Lignotrend verwendet, in denen bereits effiziente Holzfaser-Schallabsorber integriert sind. Die Massivholzelemente haben ab Werk eine gestalterisch anspruchsvolle, endgefertigte Holzoberfläche. Eingebaut wurde das System LIGNO Akustik klassik.
Hierbei handelt es sich um selbst tragende Brettsperrholz-Elemente mit hoher akustischer Wirksamkeit. Mit 262 mm Höhe tragen sie die Last aus dem begrünten Dach und überspannen frei die 8,00 m breiten Klassenzimmer. Sie wurden mit Absorber und einem Teil der Wärmedämmung im Werk gefertigt, zur Baustelle transportiert und vor Ort in wenigen Stunden montiert.
Funktionaler Kern der Akustikelemente ist der hinter der Holzoberfläche liegende Holzfaserabsorber. Der Schall dringt durch 20 mm breite Fugen zwischen 105 mm breiten Brettstreifen und wird mit einem Absorptionsgrad von 0,50 (Schallabsorberklasse D nach DIN EN ISO 11654) geschluckt. Inzwischen wurde zusätzlich das Profil LIGNO Akustik alpha entwickelt, das mit schmalen Fugenbreiten von nur 4 mm zwischen 12 mm breiten Leisten den Wert von 0,75 erreicht (Klasse C).
In dieser tragenden Variante sorgen sie für hohe Absorption und verhindern zugleich den Eintrag von Außenlärm ins Klassenzimmer. Messungen, vom Fraunhofer Institut, Stuttgart, im Dezember 2006 vor Ort durchgeführt, belegen die akustische Qualität der am Frankfurter Berg eingebauten Dachelemente. Die Messergebnisse zu den Nachhallzeiten wurden dem Soll-Bereich der Norm sowie einem akustisch nicht ausgerüsteten Raum einer anderen Schule gegenübergestellt. Der Unterschied der Räume mit ansonsten in etwa identischer Geometrie war deutlich: Der Speech Transmission Index STI (Wert für Sprachverständlichkeit) liegt in den mit den Brettsperrholz-Elementen ausgerüsteten Klassenräumen etwa bei 0,75, also an der Grenze von gut zu sehr gut.
Weitere Informationen
Akustikdecke bba 525
Planung / Bauleitung: Marcus Schmitt Architekten BDA, Frankfurt am Main
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