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Von der Raumfahrt inspiriert - Ressourcenschonende Kreislaufdusche

Von der Raumfahrt inspiriert
Ressourcenschonende Kreislaufdusche für Europäischen Erfinderpreis 2018 nominiert

Ressourcenschonende Kreislaufdusche für Europäischen Erfinderpreis 2018 nominiert
Die ressourcenschonende Kreislaufdusche "Oas" vom schwedischen Industriedesigner Mehrdad Mahdjoubi ist für den Europäischen Erfinderpreis nominiert.

Ein von der Raumfahrt inspiriertes Duschsystem, das vom Industriedesigner Mehrdad Mahdjoubi entwickelt wurde, benötigt 80 Prozent weniger Energie und 90 Prozent weniger Wasser. Damit bietet die ressourcenschonende Dusche überzeugende Vorteile für Dürre-Regionen, aber auch für Krankenhäuser, Sporthallen oder Energiespar-Häuser.

In den Industrienationen ist sauberes, keimfreies Trinkwasser jederzeit unbegrenzt verfügbar. Für zwei Milliarden Menschen jedoch ist das Lebenselixier purer Luxus: Sie leben in Regionen, in denen Wasser knapp ist. Selbst in Metropolen wie Kapstadt und Sao Paulo kann heute in Trockenzeiten die Wasserversorgung zusammenbrechen. Höchste Zeit also umzudenken: Die nachhaltige Nutzung dieser lebenswichtigen Ressource ist eine globale Herausforderung.

Der Schwede Mehrdad Mahdjoubi gehört zu den Vordenkern in diesem Bereich. Er hat die weltweit erste ressourcenschonende Kreislaufdusche für Wasser- und Energieeinsparung entwickelt. Sie hat ein immenses Potenzial, den globalen Wasserverbrauch erheblich zu reduzieren. „Oas“ – nach dem schwedischen Wort für Oase benannt – filtert das Wasser und bereitet es wieder auf. Dadurch senkt sie den Wasserverbrauch im Vergleich zu konventionellen Duschen um 90 Prozent.

Für diese Erfindung wurde Mehrdad Mahdjoubi als einer von drei Finalisten für den Europäischen Erfinderpreis 2018 des Europäischen Patentamts (EPA) in der Kategorie „Kleine und Mittlere Unternehmen“ nominiert. Die Gewinner des EPA werden am 7. Juni 2018 in Paris, Saint-Germain-en-Laye, bekannt gegeben.

„In Zeiten zunehmender Wasserknappheit zeigt Mehrdad Mahdjoubis Erfindung einen vollkommen neuen Weg des Wasserrecyclings auf“, sagte EPA-Präsident Benoît Battistelli bei der Bekanntgabe der Finalisten des Europäischen Erfinderpreises 2018. „Diese Erfindung ist ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, was patentierte Lösungen kleinerer Unternehmen für die Entwicklung und Verbreitung nachhaltiger Technologien leisten können.“

Neue Perspektive für ein globales Problem
Die Idee für die ressourcenschonende Oas-Kreislaufdusche entstand, als Mehrdad Mahdjoubi mit der NASA für das Projekt „Journey to Mars“ zusammenarbeitete. Der Schwede beschäftigte sich dabei mit Lösungen, wertvolle Ressourcen in der Raumfahrt zu schonen. Dabei wurde ihm immer deutlicher bewusst, wie wichtig wassersparende Technologien auch für das Leben auf der Erde sind. Er begann über ressourcenschonende Lösungen nachzudenken, um der Wasserknappheit in zahlreichen Regionen entgegen zu wirken.

„Wir fragten uns, ob wir wohl auf dem Mars auf die gleiche Art und Weise leben könnten wie auf der Erde“, erklärt Mahdjoubi. „Dabei wurde mir klar, wie umsichtig und klug wir mit unseren Ressourcen umgehen müssen.“

Die technologische Entwicklung bei Duschen lag seit einem halben Jahrhundert im Dornröschenschlaf. Während Haushaltsgeräte wie Wasch- und Geschirrspülmaschinen immer wasser- und energieeffizienter wurden, schlug der Wasserverbrauch konventioneller Duschen in Europa gleichbleibend mit etwa zehn Litern pro Minute zu Buche. Eine zehnminütige Dusche verbrauchte demnach jeweils 100 Liter Wasser. Aber nur zehn Prozent davon wurden benötigt, um Duschgel und Shampoo wegzuspülen. Der Rest – also etwa 90 Liter – wurde unter Einsatz erheblicher Energiemengen erwärmt und floss als Abwasser in die Kanalisation ab, obwohl es kaum verschmutzt war. Eine beträchtliche Verschwendung von Ressourcen.

Mahdjoubis ressourcenschonende Dusche dagegen benötigt pro Duschgang nur fünf Liter Wasser. Der Trick dabei liegt im geschlossenen Wasserkreislauf, in dem Wasser in „Echtzeit“ gereinigt wird: Das System analysiert zunächst die Qualität des Wassers, indem sie seine Leitfähigkeit misst. Je höher diese liegt, desto größer die Verunreinigung. Zunächst entfernt ein Mikrofilter größere Partikel wie Schmutz und Hautschuppen, danach neutralisiert ein UV-Filter Mikroorganismen. Bakterien, Viren oder auch Blut werden damit eliminiert. Zu stark verschmutztes Wasser wird vom System erkannt, automatisch ausgespült und ersetzt. Ein Heizelement erwärmt das Wasser auf seinem Weg zurück in den Duschkopf auf die gewünschte Temperatur. Der Clou: Das Element benötigt nur wenig Energie, um die geringe, frisch eingespeiste Wassermenge zu erwärmen. Der hauptsächliche Anteil des Wassers, der nämlich im Kreislauf verbleibt, verliert vom Austritt aus der Brause bis zum Abfluss nur wenig an Temperatur und muss deshalb nur minimal erwärmt werden.

Ist der Duschvorgang abgeschlossen, spült das System das Wasser vollständig aus. Der nächste Benutzer duscht also mit einer komplett frischen Ration an neuzugeführtem Wasser. Das System ist durch den geschlossenen Kreislauf nicht anfällig für Temperatur- oder Druckschwankungen. Es arbeitet zudem mit keimfreiem Wasser. Oas-Nutzer erhalten per App eine Benachrichtigung, wenn die Filter ausgetauscht und recycelt werden müssen. Sie können mit der App auch jederzeit ihren Wasser- und Energieverbrauch überwachen.

Solide Patentstrategie vonnöten
Als Mahdjoubi begann, an einem Basiskonzept für seine revolutionäre ressourcenschonende Kreislaufdusche zu arbeiten, erkannte er schnell, dass der  Schutz geistiger Eigentumsrechte aus seiner Entwicklung für die Vermarktung der Erfindung von entscheidender Bedeutung sein würde – schließlich bewegte er sich in einer von großen Unternehmen dominierten Branche. Diese würden nahezu jeden Schritt des Entwicklungsprozesses hinterfragen. Deshalb benötigte er eine grundsolide Patentstrategie, um zunächst die Technologie und spätere Erfindung zu schützen: „Wenn wir neue Technologien entwickeln, ist das Patent hierfür überaus wichtig für uns. Es schützt uns als Neulinge und Erfinder. Das ist im Grunde unser stärkster Hebel“, sagt er.

Unmittelbar nach der Entwicklung des Oas-Prototypen 2012 reichte er deshalb das erste Patent ein. Er erweiterte den Schutz anschließend auf die Schlüsselkomponenten des Systems. Oas ist heute durch verschiedene europäische und internationale Patentanmeldungen und Patente geschützt, die sich auf die Komponenten des Systems beziehen.

Weltweit erfolgreich Wassermangel bekämpfen
Im gleichen Jahr gründete Mahdjoubi sein Unternehmen Orbital Systems, das seit 2017 seine Kreislaufdusche vertreibt. Sie ist derzeit das einzige Produkt mit derart geringem Wasser- und Energieverbrauch am Markt. Von Südkalifornien bis Südafrika bewährt sich das System in allen Regionen rund um den Globus, die unter Wassermangel leiden. Aber auch in Gebieten, in denen das kostbare Nass ausreichend verfügbar ist, zahlt sich die Kreislaufdusche aus. Durch ihren nachhaltigen Umgang mit Ressourcen bewährt sich die Oas auch in Haushalten mit eingeschränktem Zugang zu Wasser, sowie an stark frequentierten Orten wie Sportvereinen und Schwimmbädern.

Die gründliche Filterreinigung des Wassers macht das System sogar für Krankenhäuser und Pflegeheime interessant. Oas zeigt bereits heute, nur ein Jahr nach Markteinführung, eine beeindruckende Bilanz: Orbital Systems schätzt, dass das System bisher mehr als 13 Millionen Liter Wasser eingespart hat.

First Mover in einem Markt mit globalem Potenzial
Der weltweite Markt für Duschköpfe und Duschpaneele wird bis 2024 voraussichtlich ein Volumen von 3,3 Milliarden Euro erreichen. Doch die Rolle als First Mover in einem neuen Markt erfordert starke finanzielle Unterstützung. Orbital Systems verband deshalb seine ausgeprägte IP-Strategie mit Investitionen in Höhe von rund 25 Millionen Euro. Zu den Investoren gehörten unter anderem Karl-Johan Persson, CEO von Hennes & Mauritz AB (H & M), und Niklas Zennström, Mitbegründer von Skype Technologies S.A.R.L.

Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz in Malmö, Schweden, und unterhält Niederlassungen in den USA. Mit mehr als 50 Mitarbeitern produziert es gegenwärtig noch weniger als tausend Oas-Einheiten pro Jahr zum Stückpreis von 3 000 Euro. Doch Mahdjoubi ist überzeugt, dass mit steigender Nachfrage der Preis für die Dusche deutlich sinken wird. Das System könnte dann für etwa 500 Euro erhältlich sein. Orbital Systems konzentriert sich ausschließlich auf die Entwicklung der Schlüsseltechnologie. Der verantwortungsvolle Umgang mit Ressourcen ist für das Unternehmen wichtiger als die Ausgestaltung von Armaturen. Gerade in Entwicklungsländern hat der Preis höchste Priorität. Deshalb setzt Orbital Systems auf funktionales, einfaches Design und legt den Fokus auf die Weiterentwicklung der Schlüsseltechnologie der Dusche. Mit dieser Strategie hoffte er den Preis weiter senken zu können: „In Zukunft sehe ich das Unternehmen eher als ein ‚Intel Inside‘-Geschäft, in dem wir die Kerntechnologie zur Verfügung stellen. Die Duschköpfe und Armaturen könnten von  etablierten Herstellern kommen“, sagt Mahdjoubi. „Ich möchte das Potenzial der Technologie nicht dadurch begrenzen, dass auch schwedisches Design nur Geschmackssache ist.“

Leidenschaft für ganzheitliche Problemlösungen
Der 28-jährige Mahdjoubi, Sohn iranischer Eltern, begeisterte sich zunächst für Baukunst und -gestaltung. Im Industriedesign entdeckte er jedoch ein größeres Potenzial an Möglichkeiten. Er studierte Industrial Design an der schwedischen Universität Lund und schloss mit dem Master of Fine Arts (MFA) ab.

Das Forbes Magazine nahm Mahdjoubi 2016 in die Liste der „30 unter 30” der erfolgreichsten jungen Unternehmer und Geschäftsleute auf. Für das Oas-System wurde er vielfach ausgezeichnet, darunter mit dem angesehenen schwedischen SKAPA-Entwicklungspreis 2014. Im selben Jahr wurde er von der schwedischen Handelskammer zum Technologen des Jahres ernannt.

Die ressourcenschonende Oas wurde 2015 von der Space Foundation, einer Non-Profit-Organisation mit Sitz in Colorado/USA, mit dem Space Technology-Siegel ausgezeichnet. Das System erhielt 2018 den German Design Award für Excellent Product Design in der Kategorie Bath & Wellness.

„Es gibt einen gesellschaftlichen Einfluss auf Aspekte der Nachhaltigkeit – zum Beispiel auf Wasser- und Energieverbrauch. Aber ich denke, dass es heutzutage nicht mehr reicht, lediglich ein umweltfreundlicheres Produkt zu entwickeln. Alle Eigenschaften des Produkts müssen verbessert werden. Das ist einer der Hauptgründe, warum wir mit der Oas kommerziell erfolgreich sind”, sagt Mahdjoubi.

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