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Sicher hoch hinaus

Besondere Anforderungen an die Konstruktion von Ganzglastreppen
Sicher hoch hinaus

Treppen können weit mehr sein als notwendige Verbindungen zwischen zwei Ebenen. Ganzglastreppen beispielsweise setzen auch gestalterische Akzente. Bei ihrer Konstruktion müssen jedoch hinsichtlich der Tragfähigkeit und der Bruch-sicherheit wichtige Aspekte berücksichtigt werden.

Daniela Siegel, Anwendungstechnik/Produktmanagement Schallschutz- und Sicherheitsglas Saint-Gobain Glass Deutschland GmbH | be

Glas ist als nicht alltäglicher Werkstoff für Treppen von großem Interesse: Es ermöglicht leicht wirkende Konstruktionen. Glas bringt Licht in dunkle Treppenhäuser oder verwandelt unscheinbare Treppen in architektonische Schmuckstücke. Zudem ist es trotz schwereloser Wirkung extrem robust und widerstandsfähig. Besonders eindrucksvoll lässt sich das Material verwenden, wenn der schwebende Eindruck durch eine Konstruktion hervorgehoben wird, bei der Glas im Mittelpunkt steht – wie bei der punktgehaltenen Treppe mit SGG Stadip Lite Floor von ClimaplusSecurit-Partner sitec.glas.
Was ist baurechtlich zu beachten?
Bei der Konstruktion einer Ganzglastreppe müssen statische oder Sicherheitsaspekte ebenso berücksichtigt werden wie die zugehörigen jeweiligen Verordnungen und Normen. Dazu gehören auch die Art der Verglasung und die Beschläge sowie die Bedingungen, denen eine Ganzglastreppe ausgesetzt ist, da die komplexen Materialeigenschaften des Baustoffes Glas wesentlichen Einfluss auf die Konstruktion haben.
In Deutschland ist eine begehbare Verglasung kein geregeltes Bauprodukt nach Bauregelliste (BRL). Das heißt, der Bau einer Ganzglastreppe ist mit der zuständigen Obersten Baubehörde abzustimmen; eine Zustimmung im Einzellfall (ZIE) ist erforderlich – es sei denn, der Hersteller verfügt über eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ), erteilt vom DIBt (Deutsches Institut für Bautechnik). Eine Alternative ist die Ausführung der Treppenstufen oder begehbaren Verglasung als allseitig liniengelagerte begehbare Verglasung nach Technischen Regeln für Verwendung von linienförmig gelagerten Verglasungen (TRLV 08–2006) Punkt 3.4.
Vor der Konstruktion einer Treppe müssen die baulichen Gegebenheiten vor Ort geprüft werden, z. B. ob es sich um einen kompletten Neubau handelt oder ob die Treppe in ein bestehendes Gebäude eingebaut werden soll. Dafür sollte eine erste Abstimmung mit einem Statikbüro stattfinden, das vorzugsweise Erfahrung bei Berechnung von Ganzglas-Konstruktionen hat. In der Regel erhält der Hersteller der Treppe hier schon erste hilfreiche Empfehlungen für die Planung, wie die für Stufen und Wangen zu wählenden Glasarten und Dicken und u. U. die Folien für das Glaslaminat. Anhand Empfehlung und statischer Dimensionierung durch den Prüfstatiker kann die Treppe geplant werden. Ziel der statischen Berechnung ist der Nachweis für die Standsicherheit, Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit der Glastreppe.
Statische Lasten
Die Berechnung der Lastannahmen erfolgt nach DIN 1055–3. Danach ist die Verglasung für die Einzel-, Verkehrs- und Nutzlast zu bemessen. Die Eigenlast-Bemessung erfolgt über das Eigengewicht des Glasverbundes Glas = 25 kN/m³. Die Verkehrslast entspricht der Flächenlast. Die Einzellast (Aufstandsfläche 50 x 50 mm) wird in ungünstigster Laststellung bemessen, z. B. in der Scheibenmitte. Die Größen der anzusetzenden Flächen und Einzellasten richten sich nach der jeweiligen Nutzungskategorie aus Tabelle T2 DIN 1055–3. Bemessen wird die Nutzlast der Treppe nach Tabelle 1 DIN 1055–3 Kategorie T 2.
Für die statische Dimensionierung der Treppe sind die Beanspruchung und Deformation erhöhenden Einflüsse wie z. B. Lochbohrungen, Ausschnitte, Eckrundungen, Deformation der Stützkonstruktion, Temperaturausdehnungen der angrenzenden Materialen, Montagezwängungen und Toleranzen bei Verglasung zu berücksichtigen. Der Nachweis der Tragfähigkeit der begehbaren Verglasung muss nicht nur für den intakten Zustand des Glasverbundes, sondern auch bei zerstörter oberster Glasschicht berechnet werden. Für den Nachweis der Tragfähigkeit der intakten Verglasung werden zulässige Biegezug-spannungen der TRLV bzw. allg. bauaufsichtlichen Zulassung angesetzt, wie z. B. für das teilvorgespannte SGG Planidur.
Die Durchbiegung der intakten Verglasung darf L/200 als Stützweite des Glasverbundes in Haupttragrichtung nicht überschreiten. Das bedeutet für eine 300 mm breite Glasstufe eine Durchbiegung von max. 1,5 mm. Die Haupttragrichtung ist in der Regel die kurze Kante der Treppenstufe. Für den Fall der zerstörten obersten Glasschicht darf für die Durchbiegung nur noch L/100 als Stützweite des Glasverbundes in Haupttragrichtung angesetzt werden. Günstig wirkende Schubverbunde dürfen nicht angesetzt werden. Die Punkthalter zur Befestigung der Verglasung an der Stützkonstruktion sind ebenfalls nach der Vorschrift für die auftretenden statischen Lasten nachzuweisen. Ist das nicht möglich, so muss der Nachweis über die Tragfähigkeit der Punkthalter versuchstechnisch von einem im Zustimmungsverfahren anerkannten Prüfinstitut erbracht werden. In der Regel liegen diese beim Hersteller der Punkthalter vor.
Nachweis von Stoßsicherheit und Resttragfähigkeit
Der Nachweis für Stoßsicherheit und Resttragfähigkeit bei Glasbruch wird im Allgemeinen durch einen Bauteilversuch nachgewiesen. Einen wesentlichen Einfluss auf das Tragverhalten der begehbaren Verglasungen haben die verwendeten Arten und Dicken der Zwischenschichten (PVB Folie, SG Folie).
Für den experimentellen Nachweis muss ein Stoßkörper mit der Masse 40 kg, im unteren Bereich kegelförmig 45°, größter Durchmesser 50 mm mit eingedrehter M 8 Schraube als Aufschlagfläche, im oberen Bereich zylindrischer Stahlkörper, Durchmesser 120 mm verwendet werden. Die Stoßkörperfallhöhe beträgt 80 cm. Auftreffpunkte sind mit der zu prüfenden Stelle und zuständigen Bauaufsichtsbehörde abzustimmen. Sie sind so zu wählen, dass eine maximale Glas- und Halterschädigung erzielt wird. Vor dem Stoßversuch muss die begehbare Verglasung zusätzlich durch Aufbringung von Einzellasten in ungünstigster Laststellung beschwert werden. Dafür wird die Hälfte der planmäßig verteilten Verkehrslast in Form von Einzellasten auf je 200 x 200 mm Fläche auf die Verglasung verteilt. Dabei ist von 1 kN pro Personenersatzlast auszugehen, wobei der Mindestwert für die Einzellast mit 1 kN anzusetzen ist.
Der experimentelle Versuch wird i. d. R. bei Raumtemperatur durchgeführt, je nach Einbausituation der begehbaren Verglasung sind ggf. auch höhere Temperaturen (Sonneneinstrahlung) bzw. sehr niedrige Temperaturen zu berücksichtigen. Pro untersuchte Variante sind ausreichend Versuchskörper zu prüfen, mindestens jedoch zwei. Die Anzahl der Versuchskörper kann reduziert werden, indem der Stoßkörper auf kritische Punkte der gleichen Scheibe abgeworfen wird. Mit dem experimentellen Nachweis wird das Tragverhalten bei Bruch der Verglasung simuliert. Der Stoßversuch gilt als bestanden, wenn die begehbare Verglasung SGG Stadip Lite Floor nicht aus der Punkthalterung rutscht, die Einheit vom Stoßkörper nicht vollständig durchbrochen wird und keine Bruchstücke – angrenzende Verkehrsflächen könnten gefährdet werden – herunterfallen.
Ist der Stoßversuch an der begehbaren Verglasung abgeschlossen, wird das durch den Stoßversuch geschädigte VSG unter halber Verkehrslast untersucht. Einzelgläser des Verbundes, die nicht defekt sind und mit ungeschützter Kante verbaut werden, sind mit gezielten Schlägen auf die Glaskante zu zerstören. Der Versuch gilt als bestanden, wenn die Standzeit der zerstörten begehbaren Verglasungseinheit mindestens 30 Minuten beträgt. Je nach Einbausituation kann die zuständige Baubehörde eine höhere Standzeit fordern. Sind die Versuchsreihen erfolgreich abgeschlossen, kann die statische Dimensionierung für flächenmäßig kleinere Gläser, bei gleicher Punkthalterzahl, anhand der Versuchsergebnisse berechnet werden.
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