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Engmaschiges Raster

Neubau eines Hochschulgebäudes im niederländischen Zwolle
Engmaschiges Raster

Auf dem Campus der Christlichen Hochschule Windesheim im niederländischen Zwolle ist das „Gebäude X“ für Journalistik und Ökonomie fertig gestellt worden. Ungewöhnliches Detail des fünfgeschossigen Neubaus der Architekten Broekbakema ist die seriell gerasterte Fassade aus 12 m langen Kunststoff-Elementen und eingearbeiteten dreieckigen Glasflächen.

Robert Uhde

Mit rund 20 000 Studenten gehört die Christliche Hochschule Windesheim in Zwolle zu den größten Hochschulen in den Niederlanden. Die Einrichtung war 1986 aus der Fusion mehrerer Akademien in der Region hervorgegangen. Aufgrund steigender Studentenzahlen hatte die Leitung der Hochschule 2005 den Neubau eines Lehrgebäudes für die Fächer Journalistik und Ökonomie beschlossen. Den europaweit ausgeschriebenen Wettbewerb für das sogenannte „Gebäude X“ hatte schließlich das Rotterdamer Büro Broekbakema für sich entschieden. Im Verlauf der Planung wurden die Architekten zusätzlich auch mit der Umsetzung des städtebaulichen Masterplanes für die künftige Erweiterung des Campus beauftragt.
Begrüntes Sockelgeschoss
Broekbakema war im Frühjahr 2005 aus einer Fusion zwischen dem jungen Rotterdamer Büro SAAS und dem Büro Van den Broek en Bakema hervorgegangen, das in den 1950er- und 1960er-Jahren federführend die Architektur der niederländischen Nachkriegsmoderne geprägt hatte. Ausgehend vom Wunsch der Hochschule nach einem flexiblen Gebäude, das gleichzeitig einen wichtigen Impuls für die weitere Entwicklung des Campus ermöglicht, realisierten die Planer einen kompakten fünfgeschossigen Bau, der mit seiner betont eigenständigen Architektur einen bewussten Kontrapunkt zur bestehenden Bebauung am Standort schafft.
Ein zentrales Element des Neubaus ist der durchgehend begrünte Sockel. „Die hügelige Rasenfläche bietet eine attraktive Freifläche für die Studenten“, erklärt Projektarchitekt Aldo Vos. „Gleichzeitig soll sie das Gebäude fließend mit den künftig geplanten Gebäuden am Standort verbinden.“ Im Erdgeschoss unterhalb des Sockels schafft das so genannte „Forum“ einen Anschluss an die bestehenden Gebäude am Campus. Neben Treffpunkten und einzelnen Lehrräumen stehen hier auch Parkgelegenheiten für 260 PKW und 600 Fahrräder zur Verfügung.
Markante Fassadenstruktur
Zusätzliche Präsenz erhält das „Gebäude X“ durch seine netzartige Fassadenstruktur, die dem Gebäude seinen Namen gegeben hat und die im Innenraum eine offene und lichte Atmosphäre mit lebendigen Licht- und Schattenspielen erzeugt. Die flexible Hülle besteht aus 12,70 m langen, 3,60 m breiten und 200 mm dicken vorgefertigten Kunststoff-Elementen (Holland Composites Industrials), in die jeweils 18 dreieckige Glasflächen mit einer Kantenlänge von 1,50 m eingearbeitet sind.
„Die Elemente bestehen aus glasfaserverstärktem Kunststoff, PIR-Hartschaum und Faserzement“, berichtet Aldo Vos. „Bei der Montage der Fassade wurden insgesamt 130 Elemente mit insgesamt 3 000 Dreiecksfenstern eingesetzt. Im Zusammenspiel der unterschiedlichen Elemente ergibt sich eine seriell gerasterte Fassadenstruktur, die sich im Prinzip endlos wiederholen lässt und die zunächst keinerlei Rückschlüsse auf die Funktion des Gebäudes ermöglicht.“ Die Gestaltung des engmaschiges Fassadenrasters folgt aber nicht nur ästhetischen Gesichtspunkten, sondern basiert vor allem auf einer Optimierung der Faktoren Klimatisierung und Tageslichtnutzung.
„Ausgehend von den Dämmeigen-schaften der verwendeten Materialien haben wir schließlich einen Glasanteil von 50 % als optimal berechnet“, so Aldo Vos. „Das darauf aufbauend entwickelte x-förmige Gestaltungsraster wirkt maximal transparent, ermöglicht aber andererseits einen ausreichend hohen Wärmeschutz.“
Die Basis für diese hohe thermische Qualität der Fassade sind die hervorragenden Dämmeigenschaften der verwendeten Kunststoffpaneele sowie der Einsatz von Isolier- bzw. Sonnenschutzglas für die dreieckigen Glaselemente (Pilkington). Um einen zügigen und kostengünstigen Baufortschritt zu erreichen, wurden die extrem leichten Kunststoffpaneele komplett vorgefertigt auf die Baustelle geliefert.
Offenes Atrium im Kern
Für eine optimale Orientierung haben die Architekten sämtliche Lehrräume auf zwei verschieden große Gebäudeflügel verteilt. „Die moderne Tragwerksstruktur mit Überspannungen von 16,20 m sowie die leichte Bauweise ermöglichen dabei in sämtlichen Bereichen flexibel einteilbare Grundrisse“, erklärt Aldo Vos das Konzept. „Das Gebäude kann so zu einem späteren Zeitpunkt ohne größere Umbauten umgebaut oder umgenutzt werden.“ Eine Besonderheit der Konstruktion sind dabei 45 cm dicken Deckenelemente aus Beton (BubbleDeck), in denen kugelförmige Hohlkörper aus Kunststoff für 30 % geringere Lasten sorgen.
Intelligentes Energiekonzept
Im Zentrum des Gebäudes werden beide Flügel durch ein lichtdurchflutetes Atrium mit angrenzenden Lesesälen und Arbeitsplätzen miteinander verbunden. Die Gestaltung des Glasdaches im gleichen Raster der Außenfassade schafft dabei einen homogenen Gesamteindruck und fügt die unterschiedlichen Bereiche des Neubaus optisch zusammen. Eine weitere Besonderheit ist die Erschließung der jeweils um ein Halbgeschoss gegeneinander versetzten Ebenen über langgestreckte Außengalerien, die durch frei tragende Brücken miteinander verbunden werden. „So können die Studenten und Lehrenden schnell und ohne Umweg den gegenüberliegenden Gebäudeflügel erreichen“, so Aldo Vos. Die großzügig verglasten Innenwände in Richtung des Atriums betonen den transparenten Gesamteindruck und ermöglichen gleichzeitig eine Vielzahl von Blickbeziehungen zwischen den beiden Trakten.
Neben seinen ästhetischen und räumlichen Qualitäten überzeugt der Neubau auch durch seinen nachhaltigen Betrieb. Als wichtigste Elemente zur Reduzierung des Energieverbrauches wurde eine Wärmepumpe sowie eine bedarfsorientierte natürliche Belüftung mit Wärmerückgewinnung und CO2-Sensor integriert. Darüber hinaus stehen eine tageslichtabhängige Beleuchtung sowie wasserlose Toiletten zur Verfügung.
Kein Wunder deshalb, dass das Gebäude inzwischen mit dem vom Bund Niederländischer Architekten verliehenen BNA-Preis 2011 ausgezeichnet wurde. Als gelungenes Beispiel für hochwertige und nachhaltige Architektur mit hohem Gebrauchswert für seine Nutzer.
Planung: Broekbakema, Rotterdam Projektarchitekten: Aldo Vos, Meindert Booij, Pim Pompen Planungsteam: Willeke van de Groep, Tom Sanders Statik: Ingenieursbureau Wassenaar, Haren
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