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Windfreier Hafenblick

Neubau Wohnungsbau in Antwerpen
Windfreier Hafenblick

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Im belgischen Antwerpen wurde vor kurzem das Wohnhochhaus „Parktoren“ bezogen. Der schlank aufragende Neubau stellt 115 Seniorenwohnungen sowie 240 Studentenappartements zur Verfügung. Ein gelungenes Detail sind die vor den Loggien montierten Glaselemente, die den Bewohnern einen windgeschützten Aufenthalt im Freien ermöglichen.

Robert Uhde

Dem Hafen der flämischen Metropole Antwerpen kommt schon seit dem 16. Jahrhundert eine weltweite Bedeutung zu. Doch nachdem der größte Teil des Warenumschlags seit den 1960er-Jahren in weiter flussabwärts gelegene Hafenanlagen umgesiedelt worden war, lag das historische Hafenareal ähnlich wie in vielen anderen Städten brach. Nach Jahren des Verfalls ist hier mittlerweile ein modernes Büro- und Wohnviertel entstanden, das insbesondere mit dem Neubau des international beachteten Stadtmuseums MAS von Neutelings Riedijk (bba 11|2010) einen wichtigen Impuls erhalten hat.
Komplettiert wird die Umgestaltung des Gebietes durch das östlich angrenzend auf einem ehemaligen Bahngelände seit einigen Jahren entwickelte Quartier „Spoor Noord“. Als wichtiger vertikaler Akzent vor Ort wurde hier vor kurzem der nach Plänen vom Studio Farris Architects geplante und durch das Büro ELD partnership ausgeführte Hochhausturm „Parktoren“ fertig gestellt.
Wichtiger städtebaulicher Impuls
Der 87 m hoch aufsteigende, in der Silhouette der Stadt nur von der berühmten Liebfrauenkathedrale, vom Boerentoren aus dem Jahr 1930 sowie vom Antwerp Tower (1974) überragte Neubau überzeugt schon von weitem durch seine bewegte und angenehm leichte Fassadengestaltung. Städtebaulich wird er entlang der Ost-West-Achse Ellermanstraat durch die drei ebenfalls neu errichteten, dabei nur geringfügig niedrigeren Hochhaustürme „Lichttoren“, „Londen Tower“ und „Noordster“ flankiert, die gemeinsam eine imposante Skyline am nördlichen Rand der Innenstadt schaffen.
Weitere wichtige Impulse erhält das neu erschlossene Quartier „Spoor Noord“ durch ein neues Krankenhaus, einen neuen Yachthafen sowie durch die beiden neuen Hochschulen Artesis Hogeschool und Plantijnhogeschool mit mehr als 3 000 Studenten und eigener Bibliothek. Verbunden werden die verschiedenen Bauten durch einen schmalen Park entlang der nördlich verlaufenden Stadtautobahn, über die eine kleine Fußgängerbrücke direkt in den Yachthafen führt.
Studenten und Senioren gemeinsam
Um seiner städtebaulichen Rolle innerhalb des neuen Quartiers gerecht zu werden, wurde der gestalterisch von der übrigen Fassade abgesetzte Sockel des neuen Hochhausturms „Parktoren“ als doppelgeschossiges Mezzaningeschoss mit kleinen Ladenflächen ausgebildet. In den zehn darüber gelegenen Ebenen haben die Planer 160 Studiowohnungen sowie 80 WG-Wohnungen mit Gemeinschaftsküche für Studenten integriert. Auf den oberen zehn Etagen stehen zusätzlich 115 barrierefreie Wohneinheiten mit ein oder zwei Schlafzimmern sowie mit unterschiedlichsten Pflegeangeboten für Senioren zur Verfügung.
„Das ungewöhnliche Raumprogramm berücksichtigt die steigende Anzahl an Ein-Personen-Haushalten, Studenten, jungen Paaren sowie älteren Menschen vor Ort“, erklärt Architekt Giuseppe Farris. „Um dennoch eine ausreichende Privatheit für die sehr unterschiedlichen Nutzergruppen zu sichern, haben wir unterschiedliche Aufzüge für die verschiedenen Geschossebenen eingeplant.“
Für maximale Flexibilität bei der Belegung lassen sich sämtliche Zwischenwände auf den verschiedenen Ebenen ohne großen Aufwand versetzen, so dass sich einzelne Räume oder ganze Ebenen bei einem eventuellen Leerstand oder bei einer Nutzungsänderung des gesamten Gebäudes auch zu Lofts, Hotelzimmern oder zu offenen Büroräumen umwandeln lassen. Komplettiert wird das Raumangebot des Neubaus durch zwei Technikgeschosse sowie durch eine große Tiefgarage mit Stellflächen für 280 PKW und 800 (!) Fahrräder. Auf dem Dach des Gebäudes wurden Solarpaneele zur Reduzierung des Energieverbrauchs installiert.
Fassadengliederung mit Funktion
Um von Ebene 1 bis 20 einen direkten Zugang nach außen zu ermöglichen und den Neubau gleichzeitig mit der Stadt zu verbinden, verfügen sämtliche Wohnungen über eigene, 1,80 m tiefe Loggien. Eine große Herausforderung stellten dabei die bei Wohnhochhäusern häufig unkalkulierbaren Windverhältnisse in großer Höhe dar, die einen Aufenthalt im Freien oftmals unmöglich machen. „Speziell für das Projekt haben wir daher eine äußere Gebäudehülle aus halbtransparenten Milchglaselementen vor den Loggien ergänzt“, erklärt Giuseppe Farris.
„Die jeweils 1,50 x 3,50 m großen, auf der Baustelle vor den auskragenden Geschossdecken montierten Glaselemente sorgen einerseits für eine effektive Reduzierung des Windeinfalls, sie erlauben aber gleichzeitig ausreichend Tageslichteinfall und bieten außerdem auch einen gewissen Sichtschutz gegenüber den beiden angrenzenden Wohnhochhäusern.“
Unabhängig von Wind und Wetter können die Bewohner so ungestört die Aussicht über die Stadt oder auf den Hafen genießen.
Um die Funktionsfähigkeit der ungewöhnlichen Lösung zu testen und eine optimale Kombination von Windschutz und Lichtdurchlässigkeit zu erhalten, wurde der Aufbau zunächst durch das Windkanallabor der TU Eindhoven getestet. „In verschiedenen Testszenarien wurden dabei sukzessive das Format, die optimale Transparenz und die genaue Anordnung der Glaselemente entwickelt“, berichtet Giuseppe Farris.
Für die Außenfassade und Brüstung wurden Verbundgläser von Gigaglas verwendet. Das Isolierglas für die Innenfassade ist vom Typ Polycool Riviera 30 von Polypane. Als Bodenbelag für die Loggien wurden Keramikplatten von Zoontjens gewählt, Dreentegels, aufgebracht auf dem Bodenbelagsystem DNS. Die Loggien selbst wurden als vorgefertigte Balkonbalkone von Loveld geliefert.
Die ungewöhnliche Lösung überzeugt aber nicht nur funktional, sie schafft auch eine ganz individuelle Optik. Denn in der Summe addieren sich die vorgelagerten Tafeln zu einem rhythmisch bewegten Mosaik, das den gesamten Baukörper umschließt und dabei einen gelungenen Kontrast zu dem zweigeschossigen Sockel mit seiner X-förmig gegliederten Fassadenstruktur schafft. Das schlanke Format der einzelnen Tafeln betont dabei auf ungewöhnliche Weise die elegante Vertikalität des Neubaus.
Entwurf:
Studio Farris Architects, Antwerpen (BE)
Projektentwicklung:
Sea Coast NV, Nieuwpoort (BE)
Ausführung:
ELD partnership, Antwerpen
Statik:
ELD Engineering, Antwerpen
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