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Dachbegrünung zitiert angrenzende Hügellandschaft

Neubau eines College in Dilijan, Armenien
Hügellandschaft zitiert

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Das UWC United World College verleiht seinem integrativen Charakter auch architektonisch Ausdruck: Die rund 7 000 m2 große, teils wellenförmig geschwungene Gründachfläche zitiert die angrenzende Hügellandschaft. Das zum Teil 10° geneigte Dach stellte besondere Herausforderungen an den Systemaufbau, der die Grundlage der Bepflanzung bildet.

Karl-Heinz Braun | mm

Inmitten von Armenien nördlich des Sewan Sees auf ca. 1 100 m Meereshöhe befindet sich die Stadt Dilijan. Umgeben von einem Naturschutzgebiet, liegt der Ort in einer ausgeprägten Gebirgslandschaft.
In dieser idyllischen Umgebung entstand aus dem ursprünglich als Sommercamp für Jugendliche geplanten Projekt das 14. United World College, das heute Studenten aus rund 50 Nationen besuchen. Die finanzielle Grundlage des Projektes bildete das armenisch-russische Ehepaar Ruben Vardanyan und Veronika Zonabend mit der Stiftung RVVZ für philanthropische Bildungsprojekte. So soll das College kein Ort für Kinder vermögender Eltern, sondern offen für alle – unabhängig ihrer sozialen Herkunft – sein.
Wunsch nach Integration
Das Miteinander von Nationen, Kulturen und Religionen leben die Jugendlichen der UWC – den passenden Raum dafür schuf das Londoner Architektenbüro Tim Flynn mit der Absicht, die Baumassen so stark wie möglich in die vorhandene Umgebung zu integrieren.
Der gesamte Betrachtungs- und Entwicklungsraum des Bauprojektes erstreckt sich auf ca. 80 ha und drei Teilbereiche: Phase 1 umfasste das Campusgelände mit Schul- und Verwaltungsgebäuden, Cafeteria, Schwimmbad, Sporthallen, Sport- und Tennisplatz sowie Wohnanlagen. Phase 2 sieht ein Performing Art Center mit kleinem Opernhaus vor und Phase 3 einen Lehrgarten mit Obst und Gemüse.
Der frühere Obstgarten im fruchtbaren Tal sollte so schnell wie möglich wieder entstehen. Daher machte es sich das Landschaftsarchitekturbüro Glaßer & Dagenbach GBR aus Berlin zur Aufgabe Dächer und Fassaden des Gebäudes mit lokalen Ressourcen zu begrünen. Zusätzlich wurde ein Obsthain auf dem Campusgelände realisiert. Allerdings konnten nur wenige Pflanzenarten aus heimischer Flora selbst gezogen werden – mangels Zeit und gärtnerischer Fachkräfte.
Lokale Rasensaatgutgewinnung und Rollrasenherstellung sind in der Region unbekannt, dafür ließen sich aber Grassoden aus Weideregionen am Sevan See gewinnen, indem Rasensodenstreifen von Hand abgeschält wurden. Diese „Armenische Wiese“ wurde auf rund 2 ha und zu Teilen auch auf den Dachflächen verwendet. Sie soll auswachsen und nur selten gemäht werden, um ihren Artenreichtum zu erhalten und zu vergrößern.
„Armenische Wiese“ als Dachbegrünung
Sichere Basis für die naturnahe Dachbegrünung ist der ZinCo-Systemaufbau mit Floradrain FD 40. Die Ausführung der Dachbegrünung oblag dem armenischen Dachspezialisten Geesa LCC aus der Hauptstadt Yerevan – erfahrener Kooperationspartner des Dachbegrünungsherstellers. Etwa vier Monate dauerten die Arbeiten auf den unterschiedlichen, teils geschwungenen Betondachflächen.
Auf der Grundlage einer für das Gründach geeigneten wurzelfesten bituminösen Dachabdichtung startete der Begrünungsaufbau jeweils mit der Schutz- und Speichermatte SSM 45. Die darauf folgenden 40 mm hohen Drän- und Wasserspeicherelemente Floradrain FD 40 konnten schnell vollflächig aufgebracht werden, indem die etwa 1 x 2 m großen Platten auf Stoß verlegt und mit Verbindungsklammern fixiert wurden.
Floradrain verfügt über Wasserspeichermulden, Öffnungen zur Belüftung und Diffusion sowie über ein unterseitiges, durchgehendes Kanalsystem. Oberhalb der Dränschicht folgten dann der Systemfilter SF sowie 15 bis 20 cm Substrat, passend zur gewünschten Bepflanzung mit der „Armenischen Wiese“.
Für das Dachsubstrat wurde örtlicher Mutterboden mit Zeolith und Lava gemischt. Armenien ist als Land vulkanischen Ursprungs sehr reich an Lava und Bims. Beides sind mineralische Komponenten, die sich genauso als Dachsubstrat eignen wie Zeolith, welches aus einer großen Lagerstätte in nur 80 km Entfernung bezogen werden konnte.
Aufgebracht per Kran und Schütte wurde das Substrat gleichmäßig verteilt und die Bepflanzung konnte starten. Dazu wurden die lokal gewonnenen Rasensodenstreifen in einer Breite von etwa 1 m an den Dachrändern entlang verlegt. In den inneren Bereichen wächst Saatgut, das aus örtlichen Heuschobern von Kleinbauern ausgefegt und gesammelt wurde. Die Arten der Rasensodenstreifen sollen sich mit der Zeit im Saatbereich aussäen.
Naturnahe Weiterentwicklung
Erstrebenswert ist für das UWC nicht, ganzjährig grüne Dachflächen zu haben. Grundsätzliches Ziel ist die natürliche Pflanzenentwicklung im klimatischen Verlauf – ähnlich dem Alpenvorland. Daher werden die Dachflächen auch nur im trockenen August etwas bewässert, ansonsten reichen die örtlichen Niederschläge fürs Überleben der Pflanzen aus. Die Pflanzen der Dachbegrünung verfärben sich einige Monate gelb, fallen also trocken.
Außerdem sollen die Studenten jedes Jahrgangs immer neue Pflanzen bei Exkursionen sammeln und ausbringen, um die Artenvielfalt auf dem Gründach zu steigern. Insbesondere lokale Sedumarten fehlen noch im Artenspektrum. Auf diese Weise bleibt der bewusste Umgang mit der Natur kein abstrakter Begriff am UWC, sondern wird im täglichen Leben erfahrbar. So konnten schon bei vielfältigen Begrünungsmaßnahmen ansässige Jugendliche und Kinder sowie Studenten eingebunden werden, zum Beispiel auch für die grünen Wände, welche bis zu ihrer Anbringung an den Hauswänden vor Ort kultiviert wurden.
„Jeder bringt das ein, was er weiß und kann“ erklärt der Landschaftsarchitekt Udo Dagenbach, der sich mit Herzblut auch in den Workshops der Sommercamps und bei der Vermarktung zukünftiger Baumschulprodukte engagiert.
Kostbare Ressource Wasser
Bereits geplant ist das Performing Arts Center mit einer Dachbegrünung, die welche dort auf rund 2 550 m² mit Solaranlagen kombiniert werden. Eine sinnvolle Verbindung mit zahlreichen Synergieeffekten, die sich mit dem ZinCo-Systemaufbau „SolarVert“, mit integrierter Aufständerung zur Befestigung der Solarmodule, ausführen lässt.
Zusätzlich will man bei diesem Gebäude erreichen, dass alles Oberflächen-, Dach- und Gießwasser wiederverwendet wird. Um dies sichtbar und nachvollziehbar zu gestalten, soll ein „Aquaponisches System“ entstehen. In einer Art Kaskade durchfließt das Wasser Pflanzzonen zur biologischen Reinigung, mineralische Zonen und ein Fischbecken zur Anreicherung und sammelt sich dann in einem unterirdischen Becken zur Wiederverwendung als Gießwasser.
Preisgekrönt
Inzwischen gewann das mustergültige Bauprojekt mit Gründach gleich mehrere internationale Preise: den International Green Roof Leadership Award in Istanbul (Kategorie Trendsetting Architecture), den International Property Award (Kategorie Public Services, Bereich UK), den FIABCI prix d’excellence (Länderbereich Rußland, Kategorie Öffentliche Gebäude) sowie den FIABCI world prix d’exellence in Silber (Kategorie Öffentliche Gebäude). Außerdem wurde das Projekt auf der Architecture Biennale in Moskau präsentiert.
Architekten:
Tim Flynn Architects, London
Landschaftsarchitekten:
Glaßer & Dagenbach GbR, Berlin
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