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Freiräume erhielt eine denkmalgeschützte Volksschule

Neubau eines Schulgebäudes in Tirol
Freiräume: Dialog mit alpiner Landschaft

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Die denkmalgeschützte Volksschule in der Tiroler Gemeinde Absam wurde erweitert. Ohne viel Platz für Um- und Neubau wurden lichte Freiräume geschaffen: Die Kids toben nun durch den zweigeschossigen Kindergarten. In der unterirdischen Dreifachsporthalle wird trainiert und aus der neuen Musikschule unterm Dach tönt Musik. Der Hof wird wie ein kleiner Dorfplatz genutzt.

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Viel Platz gab es nicht für den Neubau in der 7 000 Einwohner zählenden Gemeinde Absam in der Region Hall-Wattens, in der Nähe von von Innsbruck. Die Architekten Schenker Salvi Weber entschieden sich nicht zuletzt deswegen – als einzige unter den 20 Wettbewerbsteilnehmer – die Turnhalle unter die Erde zu verlegen und darauf aus statischen Gründen in leichter Holzbauweise den zweigeschossigen Kindergarten zu setzen. Der Projektwettbewerb wurde 2013 ausgelobt, der 1. Preis ging an Schenker Salvi Weber und die Realisierung im Passivhausstandard fand im Zeitraum 2014 bis 2016 statt.

Mit der 110 Jahre alten, denkmalgeschützten Volksschule wird so durch den neuen Kindergarten ein geschützter und dennoch einladender Pausenhof vor dem Hintergrund der malerischen alpinen Kulissen des Karwendelgebirges generiert. Zudem entstand ein in seinem Volumen dem dörflichen und kindlichen Maßstab angemessener Baukörper, der sich harmonisch in das bestehende Ensemble einfügt. Der zweigeschossige Holzbau wurde analog zur Umgebung mit Kratzputz (von Röfix) verputzt.

„Wir haben uns für Kratzputz entschieden, denn die mineralischen Fassaden mit Faschen sind für das Dorfbild Absams typisch. Uns war eine harmonische Gesamtdramaturgie in einer so historisch gewachsenen dörflichen Umgebung wichtiger als einen unbedingt neuen und lauten Akzent zu setzen. Das Schöne ist, dass der Hof schon zu einer Art neuer Dorfplatz mutiert ist – für Feste oder das Sommerkino“, so Schenker Salvi Weber.

Kindergarten: Spiel- und Lernlandschaft im kindlichen Maßstab

Im Inneren des Passivhauses schreibt sich diese für das Büro typische Philosophie fort. Auch hier takten sich die Räume zu einem harmonischen Raumkontinuum, einer Spiel- und Lernlandschaft im kindlichen Maßstab, mit den verschiedensten Blickbezügen nach außen wie nach innen, horizontal wie vertikal.

Das Haus bietet 120 Kindergarten- und 24 Krippenplätze, aufgeteilt auf acht Gruppenräume. Die unterschiedlich großen Perforierungen in der Fassade, in deren Laibungen man sitzen kann, bieten im wahrsten Sinne des Wortes „auf Augenhöhe“ gerahmte Ausblicke in die Natur – für die Kleinen wie die Großen. Nischen, Gemeinschaftsflächen, offene und intime Raumsequenzen wechseln sich ab und gehen ineinander über. Deren Funktionen kann von den Betreuerinnen durch Türen, Vorhänge, Schiebetüren je nach Bedarf für kleinere Gruppen, Kreativspiele, Mittagsschlaf u.s.w. geändert werden und ermöglicht einen guten Überblick über das Geschehen.

Die starke Mitte, Verteiler- und Orientierungsraum des Kindergartens, ist die breite Treppe mit umlaufender Galerie und schirmartigen Oberlichtkonus mit Kunst- und Tageslicht, die fließend in den gemeinsamen Speisebereich übergeht. Die Treppe macht alles als großen, hellen, gemeinsamen Raum mit acht angedockten Kindergruppen erfahrbar, eine fließende Lern- und Spiellandschaft, in der jede Fläche gleich gewichtet ist.

Das Farb- und Materialkonzept in Pastellfarben, mit geölten Eichenholzeinbauten, Eichenmassivparkett, Filzvorhängen und hellbrauner Holzwolle-Akustikdecke ist bewusst dezent gehalten, genauso wie die von Schenker Salvi Weber entworfenen, regional handwerklich hochwertig verarbeiteten Möbel aus geöltem Eichenholz. Die Vollholz-Kindertische und -stühle stammen aus der Tiroler Möbelfabrik Hussl (Serie ST und TC).

„Wir wollten möglichst unterschiedlich bespielbaren Raum ohne zu viele feste Grenzen anbieten. Die Materialien und Farben sollen Gemütlichkeit und Geborgenheit vermitteln und sich zurückhalten, idealer Hintergrund für die Kreativität der Kinder, die schon selbst für die Buntheit sorgen werden“, meinen Schenker Salvi Weber.

Unter der Erde:
Helle Dreifachsporthalle

Das Materialkonzept des Kindergartens wird mit der weißen Holzwolle-Akustikdecke Heradesign fine und dem warmen Eichenholz für die Fensterrahmen, Türen, Handläufe und Sitzbänke der Zuschauertribüne in der unterirdischen 44 x 22 m großen Dreifachturnhalle fortgesetzt. Als dominierender Akzent entschieden sich die Architekten hier für die raue Haptik des Sichtbetons und einen hellen, mineralischen Fließbelag, um das Unterirdische, Mineralische und Höhlenartige bewusst zu zitieren (doppo Ambiente Boden solido von Ibod).

Ein 20 m hoher Kletterschacht für die größeren Kinder, der vom untersten Geschoss bis in den Kindergarten darüber reicht und dramaturgisch spannend von Oberlichtern und Fenstern in die Etagen beleuchtet wird, verzahnt unten mit oben. Durch-, Ein- und Ausblicke, verschränkte Raumsequenzen sind auch hier wieder ein den Architekten wichtiges Thema.

„Die umlaufende Galerie und die vielen Sichtbezüge lassen die Sportanlage trotz der Lage unter der Erde hell und offen wirken. Wichtig für den Raumeindruck ist das fugenartige Oberlicht über die ganze Länge der Sporthalle, das nicht nur Tageslicht ermöglicht, sondern den Bezug zum Himmel, dem Oben und dem Pausenhof sinnlich erfahrbar macht, wo dessen Einfassung wiederum als Sitzbank für die Kinder dient“, so Schenker Salvi Weber.

Wände und Boden der Sporthalle sind mit Holz ausgekleidet. Die Halle sitzt wie ein Gefäß im Sichtbeton. Sie ist teilbar (1/3 zu 2/3) für alle Sportarten normgerecht und wettkampftauglich. Der Aushub für die Turnhalle war technisch herausfordernd, da er bis an die Fundamente der alten Volksschule reichte. Die großen Stahlbeton T -Träger für die Sporthalle mussten so dimensioniert sein, dass sie vorfabriziert auf den schmalen dörflichen Zubringerwegen noch befördert werden konnten.

Musikschule unterm Dach:
Lichte Freiräume

Die Sporthalle ist durch einen unterirdischen Gang mit der alten Volksschule verbunden. Unter deren historischem Walmdach entstand auf nur 550 m² eine Musikschule mit sechs Übungsräumen und einem großen Vortragsraum mit breiter raumsparender Sitzfläche statt Bestuhlung.

„Die gestalterische Idee leitet sich aus der vorhandenen Dachkonstruktion ab. Ein Oberlicht zieht sich jeweils nach Süden, beziehungsweise nach Norden, so entsteht eine ineinander gesteckte Oberlichtstruktur, die sich bis zum repräsentativen Vortragssaal am Kopf staffelt und wieder schöne Bezüge zum Außenraum generiert“, sagen Schenker Salvi Weber.

Auch hier wird die Materialität vom Kindergarten und der Turnhalle zitiert. Das warme Eichenholz kombiniert mit dem weiß gestrichenen Dachstuhl und der akustisch wirksamen, weiß lasierten Lattenverkleidung macht einen hellen und feierlichen Eindruck und lässt die kleinen Räume großzügig wirken.

www.hall-wattens.at

Architekten:

Schenker Salvi Weber Architekten, Wien

Mitarbeiter: Bettina Doser, Sophie Gerg, Teresa de Miguel, Thomas Morgner, Hans Reumann, Barbara Roller, Tiago Santana, Michael Salvi, Andres Schenker, Verena Theil, Tina Tobisch, Katalin Tóth, Rowena Ullrich, Thomas Weber

www.schenkersalviweber.com

Statik:
Merz Kley Partner, Dornbirn

Bauphysik und Akustik:
IBO – Österreichisches Institut für Bauen und Ökologie, Wien

Bauleitung und Kosten:
Die Bauleiter, Solingen

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